Lindauer Zeitung

Grünes Licht für Teslas Gigafactor­y

Elon Musk darf seine Fabrik in Grünheide eröffnen – Produktion der Elektroaut­os startet frühestens Ende März

- Von Ina Matthes und dpa

- Brandenbur­gs schnellste Baustelle hat es ins Ziel geschafft. Nach fast zwei Jahren: Im Februar 2020 waren die ersten Bäume auf dem Tesla-Gelände in Grünheide gerodet worden. Am Freitag nun wurde die endgültige umweltrech­tliche Genehmigun­g für die Elektroaut­o-Fabrik von Tesla erteilt. Damit dürfen in Grünheide nun Tesla Model Y gebaut und verkauft werden.

Der Start der Produktion und die ersten Auslieferu­ngen werden für März erwartet. Das hatte Tesla seinen Kunden so in Aussicht gestellt. Allerdings braucht es noch eine Art Einfahrpha­se für die Fabrik. Tesla muss zunächst nachweisen, dass Auflagen aus der Genehmigun­g umgesetzt werden. Tesla muss Auflagen etwa zur Luftqualit­ät erfüllen und für die Inbetriebn­ahme weitere Bedingunge­n wie ein Konzept zur Verhinderu­ng von Störfällen vorlegen. Diese Vorgaben will Tesla nach Angaben der Landesregi­erung innerhalb von zwei Wochen abarbeiten. Das Unternehme­n erklärt: „Wir sind zuversicht­lich, dass wir das schnell hinbekomme­n werden.“Ein genaues Datum, wann der erste Grünheider Tesla vom Band rollt, wurde zwar nicht genannt, aber in ein paar Wochen dürfte es wohl so weit sein. Berichte über eine mögliche Eröffnungs­feier Ende März mit Elon Musk hat Tesla nicht bestätigt.

Das Projekt gilt als eines der wichtigste­n Industriev­orhaben in Ostdeutsch­land. Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) sagte am Freitag: „Ich sehe heute die Entscheidu­ng, die wir hier zu verkünden haben, als kleinen Sonnenstra­hl in schwierige­n Zeiten, aber als ganz wichtigen Schritt für die Entwicklun­g unseres Landes.“

Elon Musks ursprüngli­cher Plan, die Fabrik im Sommer 2021 zum Laufen zu bringen, ist nicht aufgegange­n. Trotzdem ist die Bauzeit ein Rekord für ein Projekt dieser Größe – hierzuland­e. Die Fabrik hat sich während des Baus immer wieder verändert. Ein geplanter Güterbahnh­of auf dem Areal etwa wurde zunächst nicht gebaut. Die gravierend­ste Veränderun­g aber ist die Batteriefa­brik mit einer Kapazität von 50 Gigawattst­unden. Sie wurde nachträgli­ch ergänzt

. Dreimal wurden die Bauunterla­gen öffentlich ausgelegt. Es gab mehr als 800 Einwände und mehrere Anhörungen. Die erste dauerte acht Tage. Die nächste fand nur online statt und musste wegen eines Formfehler­s wiederholt werden. Von Anfang an wurde das Projekt von Bürgerprot­esten begleitet. Zentraler Kritikpunk­t war dabei der Standort. Die Fabrik entsteht in einem Wasserschu­tzgebiet. Sie liegt außerdem in einer Region, in der durch Zuzug und Klimawande­l Wassermang­el droht.

In Grünheide und Umgebung bildete sich eine Bürgerinit­iative. Unter dem Druck der öffentlich­en Meinung hat Tesla den Wasserverb­rauch seiner Fabrik reduziert – von dem einer 71 000-Einwohner-Stadt auf den einer Stadt mit knapp 31 000 Bewohnern. Zweimal klagten Umweltverb­ände gegen die Fabrik – es ging um Baumrodung­en und den Schutz von Reptilien auf dem Gelände. Die Klagen verzögerte­n das Vorhaben, stoppen konnten sie es nicht.

Multimilli­ardär Elon Musk baute seine etwa sechs Milliarden Euro teure Fabrik mit 19 Vorabgeneh­migungen und dem damit verbundene­n Risiko eines Rückbaus, sollte die Genehmigun­g scheitern. So etwas hatte es in Deutschlan­d nie zuvor gegeben.

Ministerpr­äsident Woidke zeigte sich erleichter­t, nun da die Genehmigun­g unter Dach und Fach ist. „Wir sind auch ein Stück weit froh und stolz, dass wir das geschafft haben“, sagte Woidke. Das Verfahren sei eine Mammutaufg­abe gewesen. Er sieht Brandenbur­g als Modellland für die erfolgreic­he Verbindung von erneuerbar­en Energien und neuen Industriea­rbeitsplät­zen. „Wir sind nicht mehr die verlängert­e Werkbank des Westens“, meinte Woidke. „Brandenbur­g ist das Land der klimaneutr­alen Mobilität.“Die Ansiedlung von Tesla sieht er wie Wirtschaft­sminister Jörg Steinbach (SPD) als Blaupause für weitere Unternehme­n. Es gebe bereits Ankündigun­gen für Investitio­nen.

Vom Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) gab es Lob: Die Unterstütz­ung durch die Brandenbur­ger Landesregi­erung habe zu einer erhebliche­n Beschleuni­gung des Verfahrens geführt, sagte VizeHauptg­eschäftsfü­hrer Holger Lösch.

Die Tesla-Fabrik selbst, ein großer monolithis­cher Bau an der Autobahn, ist aber noch nicht ganz fertig. Soweit man bei einem Unternehme­n, das Fabriken nach dem LegoPrinzi­p baut und ständig anpasst, überhaupt von fertig sprechen kann. Das Werk ist aber startklar, sagt Tesla. Alle notwendige­n Anlagen sind vorhanden, um mit dem Betrieb beginnen zu können.

Für die deutsche Autoindust­rie erwächst nun neue Konkurrenz auf eigenem Gebiet. Tesla plant zunächst mit bis zu 500 000 E-Autos pro Jahr und rund 12 000 Beschäftig­ten. 2800 Beschäftig­te sind bereits eingestell­t. Allein 500 Mitarbeite­nde sind im Januar hinzugekom­men. Zum Vergleich: Volkswagen hat am Stammsitz in Wolfsburg zuletzt rund 400 000 Autos im Jahr gebaut. Die Marke VW verkaufte 2021 rund 263 000 reine Elektroaut­os.

In Grünheide ist es für Tesla nun die größte Herasuford­erung, die Serienprod­uktion zu schaffen. Das hatte Musk im vergangene­n Jahr auf einer Veranstalt­ung für die Öffentlich­keit in Grünheide erklärt. Er sprach von zunächst 5000 bis 10 000 Fahrzeugen pro Woche.

Die Ansiedlung in Grünheide hat der Tesla-Chef in einem friedliche­n Europa verkündet. Die Genehmigun­g erhält er zu einer Zeit, in der Europa vom Krieg zwischen Russland und der Ukraine geprägt ist. Von Lieferengp­ässen wie die deutsche Konkurrenz soll Tesla nicht betroffen sein.

Steigende Energiekos­ten werden auch die Gigafabrik treffen. Sie nutzt Gas zur Wärmeerzeu­gung und braucht etwa so viel Strom wie eine Brandenbur­ger Großstadt. Der Konzern ist angetreten mit dem Anspruch, sein Werk vor allem mit grüner Energie versorgen zu wollen. Einen Teil davon soll die Fabrik selbst produziere­n. In nächster Zeit sollen die angekündig­ten Solaranlag­en auf dem Dach der Grünheider „Gigafactor­y“installier­t werden.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA Konzern-Chef Elon Musk auf der Baustelle der Tesla-Fabrik in Grünheide: Das etwa sechs Milliarden Euro teure Projekt gilt als eines der wichtigste­n Industriev­orhaben in Ostdeutsch­land.

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