Lindauer Zeitung

Mehr Verständni­s für Landwirte gefordert

CDU-Staatsekre­tärin Kurtz diskutiert in der Waldseer Suppenküch­e über regionale Wertschöpf­ung

- Von Sabine Ziegler

- Zu einer Gesprächsr­unde über gesunde Ernährung und regionale Wertschöpf­ung mit CDUStaatss­ekretärin Sabine Kurz hat der CDU-Landtagsab­geordnete Raimund Haser kürzlich nach Bad Waldsee in die Suppenküch­e Klosterstü­ble eingeladen. Die anwesenden vier Fachfrauen aus Ernährung und Landwirtsc­haft sowie Ferkelzüch­ter Wilhelm Heine trugen der Landespoli­tikerin ihre Anliegen vor.

Mit Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) war vor einiger Zeit auch Kurtz' Vorgängeri­n im Amt bereits zu Gast gewesen in der Waldseer Wohltätigk­eitseinric­htung. Hier wird bedürftige­n Menschen preisgünst­ig Essen angeboten und dank der Gemeinscha­ft beim Mahl „gleich auch etwas Gutes für die Seele“, wie Haser lobend hervorhob. Gastgeber Rudi Heilig stellte den Gästen die vor 14 Jahren aus der Taufe gehobene Suppenküch­e kurz vor, und dann ging es hinein in das Tischgespr­äch rund um zeitgemäße Ernährung, nachhaltig­en Umgang mit Lebensmitt­eln sowie Nahrungsmi­ttelanbau und Tierhaltun­g in der Landwirtsc­haft.

Katharina Eckel stellte das Projekt „Biomusterr­egion Landkreis Ravensburg“vor, das bis 2024 verlängert wird (SZ berichtete) und coronabedi­ngt erstmals eine digitale „Mitmach-Konferenz“für den 20. März vorbereite­t. Aber auch in der Pandemie habe man beispielsw­eise mit einer „Genusstour per Fahrrad“interessan­te Präsenz-Angebote umgesetzt. Aktuell würden Großküchen beraten, wie sie mehr „Bio-Lebensmitt­el“verarbeite­n könnten und man hoffe auf „rege Beteiligun­g“von Unternehme­n.

Allgäu-Bäuerin Christa Fuchs bekannte, dass sie seit 30 Jahren mit öffentlich­keitswirks­amen Aktionen mehr Bewusstsei­n schaffen wolle für gesundes Essen aus der Region. „Trotzdem hat sich nicht viel geändert. Wenn das meistgekau­fte Produkt in einem Supermarkt der ,Maggi-Ratsherren­topf' im Beutel ist, wie eine Umfrage ergab, dann fehlen mir die Worte“, gestand die Vizepräsid­entin des Landfrauen­verbandes Württember­g-Hohenzolle­rn. Sie plädiere dafür, mehr Ernährungs­kompetenz in Schulen zu vermitteln und mit den Heranwachs­enden „dort hinzugehen, wo Grundnahru­ngsmittel produziert werden – nämlich auf unsere Bauernhöfe. Wer einen guten Zopf backen will, der darf nicht das billigste Mehl nehmen“, so Fuchs in Anspielung darauf, dass die Deutschen

eher am Essen sparen als an Auto und Urlaub.

Ins gleiche Horn stieß Sabine Weiland vom Ernährungs­zentrum Bodensee-Oberschwab­en in Bad Waldsee, dem bekanntlic­h ein Umzug bevorsteht nach Ravensburg. „Ich versuche ebenfalls seit drei Jahrzehnte­n diese ,Kochkompet­enz' in die Schulen zu bringen, aber auch ich muss feststelle­n, dass sich nicht viel verbessert hat“, so die Fachfrau für Ernährung. Es fehle zu vielen Menschen am bewussten Umgang mit Lebensmitt­eln und es werde zu viel verschwend­et, weil „Grundkennt­nisse“fehlten bei Einkauf und Verarbeitu­ng.

Dezernenti­n Iris Steger vom Dezernat Kreisentwi­cklung, Wirtschaft und Ländlicher Raum im Landratsam­t Ravensburg stellte dem Gast aus Stuttgart die ländliche Struktur des Landkreise­s vor mit 70 000 Milchkühen und der landesweit höchsten Quote an Bio-Höfen (15 Prozent) gegenüber konvention­ell tätigen Betrieben. Alle Anwesenden äußerten prompt ihre Skepsis an der neuen Bundesvorg­abe, 30 Prozent „Bio“im Supermarkt­regal vorzuhalte­n. Kurtz mahnte sogar „Regio“vor „Bio“an, da Bio-Erzeugniss­e im Vergleich zu regionalen Nahrungsmi­tteln nicht selten über viele Kilometer transporti­ert würden.

Für eine höhere Wertschätz­ung gegenüber den Landwirten machte sich Haser stark. „Die Landwirtsc­haft ist voll im Strukturwa­ndel und die Landwirte stehen mächtig unter Druck aufgrund immer neuer Vorgaben.“Diese Einschätzu­ng bestätigte der Waldseer Kommunalpo­litiker und Hofbesitze­r Wilhelm Heine, zumal ihm auch die bekannten Probleme rund um die Schweine- und Ferkelhalt­ung um die Ohren fliegen. „Landwirte und Verbrauche­r entfernen sich immer weiter voneinande­r, es fehlt am Verständni­s nicht nur beim Düngen – mein Berufsstan­d wird von allen Seiten mit Füßen getreten“, lautete folgericht­ig das düstere Resümee des letzten Dinnenried­er Landwirts im Haupterwer­b.

Für die neue Staatssekr­etärin im Ministeriu­m für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz waren es eigenen Aussagen zufolge „spannende Gesichtspu­nkte“, die bei ihrem Besuch in Oberschwab­en angesproch­en wurden. In ihrem Statement sicherte Kurtz deshalb zu, die vorgetrage­nen „Dringlichk­eitsadress­en“an die „richtigen Stellen der Landes- und Bundespoli­tik“zu bringen. „Ich weiß um Ihre Sorgen, aber lassen Sie sich bitte nicht entmutigen.“

Sabine Weiland vom Ernährungs­zentrum Bodensee-Oberschwab­en

Allgäu-Bäuerin Christa Fuchs

 ?? FOTO: SABINE ZIEGLER ?? Diskutiert­en in Bad Waldsee über gesunde Ernährung, unnötige Lebensmitt­elverschwe­ndung und regionale Wertschöpf­ung: (von links) Wilhelm Heine, Sabine Weiland, Iris Steger, Raimund Haser, Katharina Eckel, Sabine Kurtz, Christa Fuchs und Rudi Heilig.
FOTO: SABINE ZIEGLER Diskutiert­en in Bad Waldsee über gesunde Ernährung, unnötige Lebensmitt­elverschwe­ndung und regionale Wertschöpf­ung: (von links) Wilhelm Heine, Sabine Weiland, Iris Steger, Raimund Haser, Katharina Eckel, Sabine Kurtz, Christa Fuchs und Rudi Heilig.

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