Frauen als Wegweiserinnen
Kirchengemeinde stellt bei Fastenpredigt-Reihe interessante Persönlichkeiten vor
(chv) - Frauen in der Kirche – mit diesem Thema tut sich die katholische Kirche noch immer sehr schwer. Umso wichtiger ist es, dass man sich an der Basis, in den Kirchengemeinden vor Ort, des Themas annimmt und nach dem großen Potential fragt, das Frauen einbringen. So auch in Tettnang, wo das diesjährige Thema bei den Fastenpredigten lautet: „Frauen das Wort! Wegweiserinnen für heute“. Die Veranstaltungsreihe startet am Sonntag, 6. März.
Schon 2020 hatte der Ausschuss der Erwachsenenbildung Frauen in den Mittelpunkt der Fastenpredigten gestellt, die hier wie anderswo schon zur guten Tradition geworden sind. Doch nach dem ersten Abend über Edith Stein musste die Reihe aufgrund der Corona-Pandemie abgebrochen werden. Jetzt ist die Kirchengemeinde glücklich, dass die Fastenpredigt-Reihe dieses Jahr stattfinden kann. Da war es nur richtig, dass die Vorbereitungsgruppe das Thema nochmals aufgegriffen hat. In den vier Predigten wird vier starken Frauen das Wort gegeben, vier Frauen werden sie vorstellen.
Mit der niederländisch-jüdischen Intellektuellen Etty Hillesum (19141943) hat Sabine Bumüller-Frank, Pastoralreferentin und katholische Hochschulseelsorgerin an der PH Weingarten, eine besondere Frau ausgewählt. Mit 29 Jahren ist die Gottsucherin, Mystikerin, Liebende und Friedensstifterin in Auschwitz ermordet worden. Hinterlassen hat sie Tagebuchaufzeichnungen von 1941 bis 1943, die die vitale Frau, die Jura, slawische Sprachen und Psychologie studiert hat, zur kritischen Zeitzeugin machen und zugleich ihren Weg zum Gespräch mit Gott aufzeigen.
Die promovierte Theologin Thérèse Winter, Frauenseelsorgerin in der Diözese Augsburg, wird die französische Philosophin und Sozialrevolutionärin Simone Weil (1909 bis 1943) vorstellen. Auch sie war jüdischer Abstammung und ist 1943 jung verstorben, allerdings an Tuberkulose im englischen Exil. Elf Hefte mit Notizen, mit Meditationen und mystischen Betrachtungen hat sie hinterlassen, die 1947 auf Französisch („La pesanteur et la grâce“) und 1952 unter dem Titel „Schwerkraft und Gnade“auf Deutsch erschienen sind.
Als Philosophielehrerin leidet Simone Weil an der Ungerechtigkeit der Welt, setzt sich für arbeitslose Industrie- und Landarbeiter ein, teilt ihr Gehalt mit ihnen, geht schließlich selbst als Hilfsarbeiterin in eine Fabrik, will im Spanischen Bürgerkrieg kämpfen, doch ihr Körper ist den Belastungen nicht gewachsen. Zunehmende spirituelle Erfahrungen und ein christliches Liebesverständnis machen sie zur Sucherin von ökumenischer Offenheit. Sie beschreibt Christus-Visionen, doch ist nicht sicher, ob sie vor ihrem Tod noch getauft wurde.
Auch die dritte Frau, Madeleine
Delbrèl (1904 bis 1964), mit der sich die promovierte Theologin Annette Schleinzer, theologische Referentin des Bischofs von Magdeburg, seit Jahrzehnten beschäftigt, ist französische Mystikerin. „Mystikerin der Straße“, „Pionierin des Glaubens“, „christliche Sozialrevolutionärin“und „Dichterin Gottes“wurde sie genannt. An der Sorbonne hat sie Kunst und Philosophie studiert, hat das Leben in Paris mit vollen Zügen ausgekostet. Dass ihr Verlobter Dominikanermönch wird, stürzt sie in eine Lebenskrise: „Ich bin ganz sicher, es gibt keinen Gott.“Doch die Auseinandersetzung mit überzeugten Christen und die Beschäftigung mit Teresa von Avila lässt sie versuchen, zu beten. Sie erlangt die Gewissheit, dass Gott existiert, erfährt eine Bekehrung. In der Arbeitervorstadt Ivry gründet sie eine christliche Gemeinschaft, wird Sozialarbeiterin, kümmert sich um Arbeiter wie um Arbeitslose, will ihnen Gott nahebringen, sucht Spiritualität im Alltag.
Zuletzt spricht Schwester M. Edith Riedle aus Ludwigsburg, Provinzoberin der Karmelitinnen, über die heilige Thérèse von Lisieux (1873-1897), die 15-jährig ihren Schwestern Pauline und Marie in den Karmel von Lisieux folgte. Auf Anordnung ihrer Priorin schrieb sie ihre Lebensgeschichte, die unter dem Titel „Geschichte einer Seele“zu den meistgelesenen spirituellen Büchern in französischer Sprache zählt. 24-jährig starb Thérèse an Tuberkulose, und schon bald wurden ihr Gebetserhörungen zugeschrieben. Am 17. Mai 1925 wurde sie heiliggesprochen, 1997 ernannte Papst Johannes Paul II. sie zur Kirchenlehrerin. Die Wallfahrt nach Lisieux ist die zweitgrößte in Frankreich nach Lourdes.
Am Ende der Fastenpredigten steht ein geistliches Konzert mit Passionsmusik. Unter der Leitung von KMD Georg Grass ist Pergolesis „Stabat mater“zu hören, Solistinnen sind Anna Magdalena Perwein und Maria Hegele.