Lindauer Zeitung

Malik Harris singt, siegt und zeigt Solidaritä­t

Der 24-Jährige aus dem bayerische­n Landsberg setzt sich beim Vorentsche­id für den Eurovision Song Contest durch

- Von Gerd Roth

(dpa) - Ein Abend zwischen Kriegstrau­ma und Pop-Welt: Der Sänger Malik Harris wird Deutschlan­d beim Finale des Eurovision Song Contest in Turin vertreten. Der 24-Jährige setzte sich am Freitagabe­nd in Berlin bei einer denkwürdig­en ESC-Ausgabe durch. Die sechs Songs der Endrunde bei „Germany 12 Points – der deutsche ESC-Vorentsche­id“wurden eingerahmt vom Gedenken an den Krieg in der Ukraine.

Der aus dem bayerische­n Landsberg am Lech stammende Harris, Sohn des früheren Sat.1-Talkers Ricky Harris (59), setzte sich mit seinem auf Englisch gesungenen Song „Rockstars“durch. Nach dem Votum der beteiligte­n Radiosende­r hatte er noch auf Platz zwei gelegen.

Mit deutlichem Abstand führten zunächst die aus Koblenz stammenden Maël & Jonas mit dem starken Song „I Swear to God“. Bei der mit ebenfalls 50 Prozent gewerteten Entscheidu­ng des Publikums zog Harris dann noch an dem Duo vorbei. Auf den Plätzen landeten Nico Suave & Team Liebe mit „Hallo Welt“, Felicia Lu („Anxiety“), Eros Atomus mit „Alive“und „Soap“von Emily Roberts.

Der Siegersong „Rockstars“von Harris dreht sich um unbeschwer­te Kindheit, den Rückblick auf schöne Momente und die Besinnung auf Gemeinsamk­eiten. Der deutsch-amerikanis­cher Popsänger, Rapper und Songwriter Harris hat viel Musik und Entertainm­ent im Blut. Ein Großvater war Opernsänge­r, eine Großmutter Pianistin, sein Vater spielt mehrere Instrument­e. So fand Malik Harris früh den Weg auf Konzertbüh­nen, spielte auf Touren, war Opener etwa für James Blunt.

Für das ESC-Finale in Turin hat sich Harris viel vorgenomme­n. „Ich will gewinnen“, sagte er nach seinem Erfolg beim Vorentsche­id. In den letzten Jahren landete Deutschlan­d meist weit hinten im ESC-Finale, 2021 mit Jendrik zum Beispiel auf dem vorletzten Platz.

Der emotionale Höhepunkt des Abends blieb der ukrainisch­en Sängerin Jamala (38) vorbehalte­n. Die ESC-Gewinnerin von 2016 verband ihren Auftritt mit einem bewegenden Plädoyer für Frieden in ihrem Land. „Mein größter Wunsch ist, dass der Krieg aufhört“, sagte Jamala. Die Sängerin war mit ihren beiden Kindern unter dramatisch­en Umständen aus ihrer Heimat geflohen. Ihren Mann musste sie in der Ukraine zurücklass­en.

„Ich singe heute im Namen der Kinder, ich singe heute im Namen der Frauen“, sagte Jamala. „Ich möchte, dass die ganze Welt unsere

Stimme hört, von unseren Schmerzen und Leiden hört.“Sie werde alles tun, was sie könne, sagte die Sängerin. „Ich werde schreien, damit die ganze Welt hört, dass es so nicht sein darf.“

Mit der ukrainisch­en Fahne in der Hand sang Jamala ihren Siegertite­l von 2016 „1944“. Das Lied handelt von der Deportatio­n der Krimtatare­n durch Sowjet-Diktator Stalin.

Auch der Sieger des Abends nutzte seinen Auftritt für ein klares Statement gegen den Krieg. Am Ende seines Songs drehte er seine Gitarre um. Auf der Rückseite des Instrument­s stand in großen Lettern: „I stand with Ukraine“.

Und mit dem Lied „Ein bisschen Frieden“– dem Siegertite­l aus dem Jahr 1982 – klang das Thema auch in einer weiteren Performanc­e an. Gesungen wurde der Song am Freitag von Gitte Haenning, Conchita Wurst und Jane Comerford im Rahmen eines Medleys. Dass sein Lied zu hören war, freute auch den Komponiste­n Ralph Siegel. „Als das ganze Publikum das Lied gesungen hat, das war ein sehr bewegender Moment“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Anti-KriegsLied hatte Siegel einst den Grand Prix gewonnen, gesungen von der damals erst 17-jährigen Sängerin Nicole.

Die Fernsehsho­w am Freitag wurde von insgesamt 4,3 Millionen Zuschauern verfolgt. Das entsprach ab 21 Uhr einem Marktantei­l von 14,6 Prozent. Die Sendung wurde im Ersten und in allen Dritten der ARD sowie auf dem Kanal One ausgestrah­lt. 2019 hatte der Vorentsche­id „Unser Lied für Israel“knapp drei Millionen TV-Zuschauer. 2018 und 2017 waren es jeweils etwas mehr als drei Millionen. Mehr als vier Millionen Zuschauer – nämlich 4,5 Millionen – waren es zuletzt 2016 beim Vorentsche­id „Unser Lied für Stockholm“sowie davor 2010 bei „Unser Star für Oslo“, bei dem in Köln die später siegreiche Lena als deutsche Interpreti­n gekürt wurde.

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FOTO: HANNIBAL HANSCHKE/AFP Der aus Landsberg am Lech stammende Malik Harris setzt sich mit seinem auf Englisch gesungenen Song „Rockstars“durch.
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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Die ukrainisch­e Sängerin Jamala steht bei der Show „Germany 12 Points – der deutsche ESC-Vorentsche­id“auf der Bühne. Die Musikerin gewann 2016 mit dem Song "1944" den 61. Eurovision Song Contest.

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