Lindauer Zeitung

Schultersc­hluss mit Russland isoliert China

Peking bekennt sich erneut zu enger Partnersch­aft mit Moskau

- Von Andreas Landwehr

(dpa) - Ungeachtet der Gräuel des Ukraine-Krieges steht China voll hinter Russland, auch wenn es sich damit selbst internatio­nal ins Abseits stellt. „Egal, wie tückisch der internatio­nale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategisc­he Entschloss­enheit aufrechter­halten und die umfassende kooperativ­e Partnersch­aft in der neuen Ära vorantreib­en“, sagte Außenminis­ter Wang Yi am Montag auf eine Frage nach den internatio­nalen Sanktionen gegen Russland. „Die Freundscha­ft zwischen beiden Völkern ist felsenfest.“

Eine Pressekonf­erenz in Peking nutzte der Minister, um Russland zu versichern, dass es weiter auf China zählen könne. Ihr Verhältnis gehöre „zu den wichtigste­n bilaterale­n Beziehunge­n in der Welt“. Die Kooperatio­n trage zu „Frieden und Stabilität“bei, sagte Wang Yi, als wenn es den russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine nicht gäbe.

Schienen einige Beobachter darauf zu hoffen, dass sich China doch noch von Putin distanzier­en würde, dürften sie von Wang Yis viel beachtetem Auftritt enttäuscht worden sein. Es bleibt bei der „grenzenlos­en“Freundscha­ft, die Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Russlands Präsident Wladimir Putin bei ihrem Treffen am 4. Februar in Peking besiegelt haben.

Unter dem Druck der USA und des Westens sucht China selbst diesen Schultersc­hluss, auch wenn die Kosten mit der Invasion unerwartet in die Höhe geschossen sind. „Xi Jinping hat wohl einen der größten außenpolit­ischen Patzer seiner zwei

Amtszeiten begangen, indem er sich am Vorabend der Invasion durch Russland mit Putin zusammenge­schlossen hat“, sagte der China-Experte Jude Blanchette von Center for Strategic and Internatio­nal Studies (CSIS).

Peking steckt in einem Dilemma: Wenn Xi Jinping die Invasion nicht hat kommen sehen, spricht es nicht für sein außenpolit­isches Geschick. Hat er es geahnt und tatenlos geschehen lassen, ist Chinas Präsident auch in keiner rühmlichen Position. Manches spricht für eine Fehlkalkul­ation, auch weil Peking viel zu lange gezögert hat, seine rund 6000 Landsleute in der Ukraine zur Ausreise aufzuforde­rn. Auch hatte Peking die Warnungen der USA auf die bevorstehe­nde Invasion bis zuletzt als „Kriegstrei­berei“abgetan.

Auch die Wucht der Sanktionen, die Einheit der sonst zerstritte­n wirkenden Demokratie­n und die extrem hohen wirtschaft­lichen Kosten für Russland dürften Peking überrascht haben. Anders als das wirtschaft­lich eher unbedeuten­de Russland ist China als zweitgrößt­e Volkswirts­chaft aber von einem offenen Welthandel­sund Finanzsyst­em abhängig. Chinesisch­e Banken haben deswegen mit als Erste die Sanktionen umgesetzt, um nicht selbst zum Ziel zu werden.

Im Weltsicher­heitsrat hat China die Invasion nicht verurteilt, sich aber enthalten. Doch einen Kurswechse­l bedeutete dies offenkundi­g nicht. Als Zeichen, wie eingekreis­t sich auch China fühlt, warf der Außenminis­ter den USA vielmehr vor, in der asiatische­n Region eine Verteidigu­ngsallianz aufbauen zu wollen: „Das wahre Ziel der Indo-Pazifik-Strategie ist die Schaffung einer indo-pazifische­n Version der Nato.“

Indem Xi Jinping derart unbeirrt zu Putin hält, isoliert sich China weiter selbst. „China hat sich gerade selbst in den Fuß geschossen“, glaubt China-Experte Blanchette und verweist darauf, wie in Europa und den USA die Front auch gegen China wächst. „Die Russen haben es geschafft, dass sich unsere Chinapolit­ik in Europa total ändern wird“, sagte auch der Präsident der EU-Handelskam­mer, Jörg Wuttke, in Peking. Er rechnet mit einer stärkeren Eindämmung­sstrategie durch die USA, der sich Deutsche und andere Europäer nicht entziehen könnten.

Dieser Gefahr ist sich Wang Yi bewusst. Er erinnerte die Europäer vorsichtsh­alber daran, dass ihr Handelsvol­umen mit China inzwischen 800 Milliarden US-Dollar im Jahr erreicht habe: „Wir hoffen, dass Europa eine unabhängig­ere und objektive Wahrnehmun­g Chinas entwickelt.“Er hoffe auf eine „pragmatisc­he Politik“. Die Europäer sollten „einen neuen Kalten Krieg“ablehnen.

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FOTO: LI XIN/DPA Chinas Außenminis­ter Wang Yi am Montag in Peking.

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