„Frauen haben einfach eine andere Strategie“
Finanzexpertin Anne Connelly erklärt, warum Frauen an der Börse oft erfolgreicher sind
- Frauen sind geschicktere Anleger als Männer. Das besagen unter anderem Studien der Bank ING und des Finanzdienstleistungsunternehmens Fidelity. Doch am Finanzmarkt sind Anlegerinnen in der Unterzahl – ebenso wie Frauen, die selbst in der Branche arbeiten. Das will Anne Connelly ändern. Sie ist seit mehr als 30 Jahren in der Finanzbranche tätig und hat das Karrierenetzwerk Fondsfrauen gegründet. Außerdem betreibt sie die Internetplattform Her Money. Im Gespräch mit Verena Pauer spricht sie darüber, was Männer von Frauen an der Börse lernen können, wie sich die Finanzbranche in den vergangenen Jahren verändert hat und was einige Frauen von der Finanzwelt abhält. auch von Männern lernen – wenn es zum Beispiel darum geht, in Einzelwerte zu investieren. Und das dann mit ihren Strategien anwenden. Frauen investieren in der Regel in Fonds. Mein Hauptanliegen ist: Frauen sollen mehr investieren als spekulieren.
Das zeigt sich ja auch bei einem Blick auf Teams, die Fonds managen. Gemischte Teams erzielen dort meist bessere Ergebnisse und sind längerfristig erfolgreich als reine Männerteams.
Das ist durchaus der Fall. Das haben wir bei verschiedenen Studien gesehen. Das spricht für Diversity. Die Entscheidungsfindung ist ausgewogen und das führt zu besseren Ergebnissen. Also keine dramatisch besseren Ergebnisse, aber besser als von rein männlichen Teams geführte Fonds.
Trotzdem ist der Anteil von Frauen, die als Maklerinnen an der Börse arbeiten, sehr gering. Woran liegt das?
Genau diese Frage haben wir mit den Fondsfrauen erhoben und wissen, dass Frauen nicht so gerne in die Finanzund Fondsbranche gehen, weil sie das, was wir hier in der Branche machen, als moralisch verwerflich sehen. Sie fühlen sich aber auch abgeschreckt durch die Dominanz der Männer und das Verhalten, das Männern zugeschrieben wird. Wir bemühen uns, das zu ändern. Dann haben wir auf längere Zeit hoffentlich mehr Frauen in der Branche. Aber das wird dauern.
Warum sehen einige Frauen es als moralisch verwerflich an, in der Finanzbranche zu arbeiten?
Die Finanzbranche hat seit der Finanzkrise keinen guten Ruf bei Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern. Diverse Skandale und Filme wie „The Wolf of Wall Street” haben ihr Übriges getan.
Sie sind selbst schon seit über 30 Jahren in der Finanzbranche tätig. Was hat sich geändert?
Zu meiner Anfangszeit war man sozusagen genderblind. Man ist morgens nicht aufgestanden und hat gedacht, dass man als Frau zur Arbeit geht. Man hat seine Arbeit gemacht und gewisse Umstände hingenommen. Heute will ich das nicht mehr. Heute ist das Thema Genderdiversität in der Branche überall. Es mag nicht jeder mögen. Aber es ist da. Der Druck auf Unternehmen, diverser zu werden, ist immens. Es gibt den Druck von Investoren, die sagen: ‚Wenn ich mein Geld investieren soll, dann müssen auch Frauen im Vorstand sein.‘ Es gibt auch die Regeln der Europäischen Union, das Strategische Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter. Und es gibt Social Media. Die Female Empowerment Bewegung, die sich erst durch Social Media gefunden hat und sich da organisiert. Da merkt man eine deutliche Veränderung. Frauen haben sich zusammengetan.
Welche Rolle spielt der Zusammenschluss der Fondsfrauen da? Die Fondsfrauen veranstalten Konferenzen, bei den Frauen zusammenkommen und sich austauschen. Aber wir machen auch Studien, wie zum Beispiel „Fearless Girls?“, die untersucht hat, was Frauen davon abhält, in die Finanzbranche zu kommen. Und wir setzen uns dafür ein, dass sich nachhaltig was ändert. Das können wir nur zusammen. Wir wollen, dass das auch die Ewig-Gestrigen merken. Dass man nicht als Vorstand eines Unternehmens sich negativ über Frauen in Vorständen äußern kann, ohne Konsequenzen zu erwarten, wie vor ein paar Wochen beim Motorenbauer Deutz geschehen.
Noch mal zurück zu den Anlegerinnen: Sehen Sie da einen Unterschied zwischen den Generationen?
Wir sehen, dass digital- oder technikaffiniere Frauen eine größere Bereitschaft haben, zu investieren. Jungen Frauen ist bewusst, dass sie was machen müssen in Richtung Altersvorsorge. Bei älteren Frauen, da arbeiten wir dran, dass sie mehr investieren, dass sie ins Handeln kommen. Es gibt viele Informationen, aber Frauen neigen auch zu Überinformationen. Sie überlegen erst noch dreimal und suchen dann auch soziale Bestätigung, also Zustimmung, dass sie das, was sie machen, richtig machen. Und es gibt immer noch viel Naivität, wie zum Beispiel die Aussage: ‚Mein Mann macht das.‘
Frauen informieren wollen Sie auch über Ihr Unternehmen Her Money. Es gibt mittlerweile viele Ratgeber und Magazine, die sich explizit an Frauen richten. Ist es notwendig, diese Informationen ausschließlich für Frauen anzubieten?
Ich finde die Bewegung sehr gut. Es ist definitiv notwendig, an dem Punkt, an dem wir gerade stehen. Finanzinformationen sind überall zugänglich, werden aber zu weit über 80 Prozent von Männern gelesen. Auch wenn es bei den gängigen Publikationen nicht draufsteht, so sind sie impliziert für Männer gemacht. Wir sagen, dass Her Money explizit für Frauen ist. Denn Frauen fühlen sich durch unsere Ansprache animiert, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Sie bewegen sich bei uns in einem Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen, wo sie echte Fragen stellen können Dann kommen sie auch ins Handeln.
Anne Connelly (Foto: Foto Mohr) kennt die Finanzbranche seit mehr als 30 Jahren. Sie arbeitete im Vertrieb und Management bei der Fondsgesellschaft Pioneer Investments, war als Geschäftsführerin für das Finanzinformationsund Analyseunternehmen Morningstar und Aufsichtsrätin bei Bayerninvest, der Investmentgesellschaft der Bayerischen Landesbank, tätig. Seit 2016 setzt sie sich mit ihren Initiativen für die Gleichberechtigung der Frauen in der Finanzbranche ein. Dazu gehört das von ihr mitgegründete Netzwerk Fondsfrauen, das sich zur Aufgabe gemacht hat, Frauen beim Einstieg und der Arbeit im Finanzbereich zu unterstützen. Daneben ist sie Geschäftsführerin der Internetplattform
Her Money, einer Internetseite über Finanzen, die sich mit ihren Informationen ausschließlich an Frauen richtet. (vep)