Möglicher Prozess in Brasilien
Baindter wurde in Brasilien getötet – Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Mordes
(ric) Der Fall Kevin Gesualdi Doll beschäftigt die Region noch immer. Der aus Baindt stammende junge Mann ging nach Brasilien, um dort Psychologie zu studieren und wurde im August 2020 in Belo Horizonte brutal getötet. Nach einer langen Zeit des Wartens und der Ungewissheit, gibt es jetzt Nachrichten, die den Eltern ihres damals 22 Jahre alten Sohnes Hoffnung geben. Denn jetzt könnte es zu einem Prozess kommen. Tatvorwurf: Mord. Danach sah es anfangs nicht aus.
Am 19. Oktober 2021 hat die Staatsanwaltschaft des brasilianischen Bundesstaates Minas Gereis gegen den Tatverdächtigen Anklage wegen Mordes erhoben. „Die Anklageschrift liegt uns vor“, sagt Tanja Vobiller, Erste Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg, auf Nachfrage.
Die Anklage wird auch von der Staatsanwaltschaft in Minas Gerais bestätigt. Wann es zum Prozess kommt, ist allerdings noch unklar. Eine Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“beim zuständigen Gericht blieb bislang unbeantwortet.
Wenn ein deutscher Staatsbürger im Ausland gewaltsam ums Leben kommt, werden auch die deutschen Strafverfolgsbehörden aktiv. Deswegen landete der Fall im August 2020 auch auf dem Tisch der Staatsanwaltschaft Ravensburg. Auch die Kriminalpolizei ist involviert. „Wir wollen den Fall möglichst umfassend aufklären“, sagte damals Oberstaatsanwaltschaft Karl-Josef Diehl, der inzwischen nach Stuttgart gewechselt ist. Die Entwicklungen in Brasilien werde von der Staatsanwaltschaft Ravensburg „beobachtet“ und bewertet, wie sich Vobiller ausdrückt. Was genau das bedeutet, sagt sie jedoch nicht.
Tatverdächtig ist ein ehemaliger Polizeibeamter der Polícia Civil in der brasilianischen Metropole Belo Horizonte. Er soll den jungen Baindter im Treppenhaus eines mehrstöckigen Wohnhaus niedergestochen haben, wo Kevin Gesualdi Doll zuletzt wohnte.
Im Internet kursierte ein Video einer Überwachungskamera des Treppenhauses. Dieses zeigt, wie Kevin Gesualdi Doll einen Mann schlug. Es ließ die Vermutung zu, dass der ehemalige Polizist aus Notwehr gehandelt haben könnte. Doch für die Eltern war der Fall nicht so klar, wie es dieses Video scheinen ließ. Sie gehen davon aus, dass das Video vom Täter selbst ins Netz gestellt worden sei, das einen anderen Teil der Geschichte zeigt, wie sie sich wirklich zugetragen hat.
Der Obduktionsbericht, der den Eltern schon länger vorliegt, spricht nämlich eine ganz eigene Sprache. Aus dem geht laut Vater Ralf Doll hervor, dass sein Sohn mit neun Messerstichen getötet wurde – drei Stiche seien ins Herz gegangen. Ein wichtiges Detail ist, dass auch keine Drogen im Blut gefunden wurden.
In der Zwischenzeit ist ein weiteres Video einer Überwachungskamera im Internet aufgetaucht. Das zeigt, dass der Tatverdächtige und sein Opfer sich schon in der Tiefgarage des Hauses getroffen haben. Auf diesem Video ist zu sehen, wie der Angreifer seinem späteren Opfer dort bereits unvermittelt ins Gesicht geschlagen hat.
„Mein Sohn hatte Nasenbluten und war deswegen später wahrscheinlich so aufgebracht. Er hat den
Schlag nicht erwartet“, sagt der Vater. Was ihn immer noch beschäftigt, ist, dass der Tatverdächtige in seine Wohnung gegangen sei, um dort das Messer zu holen, mit dem er seinen Sohn dann später niedergestochen haben soll.
Für Vater Ralf Doll ist es ein großer Erfolg, dass die brasilianische Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat. Dass es soweit kam, sei aber auch ein langer Kampf gewesen, berichtet der Vater. Seit Herbst 2021 habe er schon den dritten Rechtsanwalt mit dem Fall betraut, nachdem der erste einfach abgetaucht sei und der zweite sein Mandat niedergelegt
TRAUERANZEIGEN hat. „Corona hat auch vieles schwerer gemacht“, berichtet er. In diesem Jahr will der Vater erneut nach Brasilien reisen, um selber vor Ort zu recherchieren.
Nach seiner Einschätzung habe der große Druck auf die brasilianischen Behörden letztlich zur Anklageerhebung geführt. Schließlich war in diesem Fall auch Interpol eingeschaltet worden, dem deutschen Konsulat ist der Fall bekannt und auch die Medien berichteten darüber.
Jetzt hoffen die Eltern auf einen Prozess, und dass der Tatverdächtige zur Rechenschaft gezogen wird.