Lindauer Zeitung

Nagelsmann sieht Saison in Gefahr

Für den FC Bayern steht gegen Salzburg viel mehr auf dem Spiel als nur das Viertelfin­ale

- Von Patrick Strasser

- Salzburg, Mozart-Stadt, Klassik. Die Frage lag nahe und kam in der Pressekonf­erenz passenderw­eise von einem Radio-Reporter. Ob er klassische Musik möge, wurde Julian Nagelsmann gefragt. Der Bayern-Trainer, zu dessen Stärken es gehört, auf jede Frage ausführlic­hst zu antworten, sagte am Tag vor dem Achtelfina­l-Rückspiel der Champions League gegen RB Salzburg (21 Uhr/Amazon Prime live): „Ich höre nicht häufig klassische Musik, schaue mir aber ganz gerne Musicals an.“Er sei mehrmals bei einer deutschen Ausgabe von „Last Night of the Proms“gewesen. „Ich finde, Popmusik in Kombinatio­n mit klassische­r Musik und Orchester gut.

Für die Bayern könnte es gegen Salzburg die „Last Night of the Profis“werden, die Abschlussv­orstellung dieser Saison auf internatio­naler Bühne. Nach dem 1:1 im Hinspiel vor drei Wochen droht den Münchnern das vorzeitige Aus. „Wenn es nicht positiv ausgeht“, wusste Nagelsmann, „ist es keine besondere Saison.“Vorsichtig formuliert. Da beim FC Bayern jede Spielzeit angesichts der Normalität von einer Meistersch­aft nach der anderen (die zehnte ist bereits in Reichweite) am Abschneide­n in der Champions League gemessen wird, würde ein Achtelfina­l-Aus gegen die Nachbarn aus Salzburg einen dunklen Schatten über die Saison legen. Und die Premieren-Spielzeit des neuen Trainers würde als verlorene in die Geschichte eingehen – mit dem möglichen K.o. gegen Salzburg und dem 0:5-Debakel in der zweiten Pokalrunde bei Borussia Mönchengla­dbach als negative Höhepunkte. „Ich bin kein Schwarzmal­er“, betonte der 34-Jährige und sprach aus, was jeder Sportler denkt: „Ich gehe nicht davon aus, dass wir ausscheide­n.“Niemand rund um den FC Bayern. Das ist die Gefahr. Und jede Gefahr erhöht den Druck, die Aufgabe zu überstehen.

„Es ist ein besonderes Spiel, wir haben einen hohen Anspruch an uns selbst“, sagte Nagelsmann und betonte: „Ich bin sehr guter Dinge, dass die Wichtigkei­t der Partie jedem Spieler bewusst ist.“So sollte es sein.

Denn im Grunde mündet eine jede Bayern-Saison nach monatelang­em Einspielen bzw. Vorgeplänk­el vom Spätsommer über den Winter in die K.o.-Spiele der Königsklas­se im Frühjahr, in denen der Weg zum Ruhm immer schmaler und steiniger wird. Routinier Thomas Müller, 2013 und 2020 Champions-LeagueCham­pion, weiß: „Es ist auf jeden Fall so: Wir haben den Druck, den wir seit einigen Wochen nicht haben, weil die Bundesliga an der Spitze aktuell nicht so eng oben ist. Wir müssen und wollen weiterkomm­en, sind uns bewusst, was auf dem Spiel steht.“Bei einem Viertelfin­al-Einzug könne es „eine extrem gute“Saison werden, so der 32-Jährige. Bei einem Ausscheide­n sieht Müller „keine rosigen Zeiten“auf die Roten zukommen. Doch Berufsopti­mist Müller macht es psychologi­sch gesehen richtig: Druck in positive Energie umwandeln. „Wir können wieder etwas gewinnen“, sagt Müller.

Dennoch: Die Fallhöhe ist enorm. Dem 20. Viertelfin­al-Einzug der Bayern (wäre Rekord in der Champions League) stünde ein historisch einmaliges Aus gegen einen Verein aus der im Fußball – und speziell im Freistaat Bayern – oft belächelte­n Skination Österreich gegenüber. Diese Pleite wäre für immer mit dem Hobbyskifa­hrer Nagelsmann verbunden. Bayerns absoluter Wunschkand­idat, letzten Sommer für die Weltrekord­ablösesumm­e für Trainer in Höhe von rund 25 Millionen Euro Ablöse von RB Leipzig verpflicht­et, würde in seine erste von fünf vertraglic­h fixierten Spielzeite­n mit einem Minus in der Endabrechn­ung gehen.

Da wird die Rückkehr von Torhüter und Kapitän Manuel Neuer über vier Wochen nach seiner Knie-OP als gerne genommener Booster für das Salzburg-Spiel genommen. „Wir sind alle sehr froh darüber“, sagte Nagelsmann. Gegen den „krassen Außenseite­r“(O-Ton RB-Trainer Matthias Jaissle) müsse das Offensivsp­iel „modifizier­t“und das „Risikomana­gement anders angegangen werden, so Müller. Generell habe er, so betonte Nagelsmann, mit Blick auf Salzburg „keine große Sorge“und wandte sich an die Medien. Man solle „nicht immer Weltunterg­angsstimmu­ng mit Blick auf den FC Bayern herstellen. Das passiert mir zu schnell. Man sollte nicht so schnell alles schwarzmal­en.“Es werde „zu schnell zu unruhig“.

Doch für Ruhe sorgen bei Bayern ausschließ­lich Siege und Pokale.

 ?? FOTO: FRANK HOERMANN/IMAGO IMAGES ?? Torhüter Manuel Neuer (li.) ist zurück und Julian Nagelsmann auch deshalb optimistis­ch.
FOTO: FRANK HOERMANN/IMAGO IMAGES Torhüter Manuel Neuer (li.) ist zurück und Julian Nagelsmann auch deshalb optimistis­ch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany