Lindauer Zeitung

Schach-Ikone mit Haltung

Ex-Weltmeiste­r Garri Kasparow kritisiert den Sport für seinen Umgang mit Wladimir Putin

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(SID) - Garri Kasparows Wort hat Gewicht. Und es ist gefragt. Gerade jetzt. Ob im Gespräch mit der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“, im Gastbeitra­g für die „Welt“oder im ARD-Interview: Kasparow erhebt die Stimme gegen die Politik in seinem Heimatland. Er attackiert Wladimir Putin mit scharfer Rhetorik. Immer wieder. Und in aller Öffentlich­keit. Im Angesicht des Ukrainekri­eges findet er aber auch für den Sport, der Putin jahrelang hofierte, deutliche Worte.

Der Weltsport habe Putin „ermutigt und auf dem Weg der Aggression noch vorangetri­eben“, sagte Kasparow der „Sportschau“. Große Sportorgan­isationen wie FIFA oder IOC und deren Bosse hätten vor allem aus wirtschaft­lichen Erwägungen und Bequemlich­keit die Nähe zu Putin gesucht. Kasparow sieht in großen Sportverbä­nden „Werkzeuge von Diktatoren“.

„Ich bin kein Fan von Herrn Bach oder anderen Funktionär­en des IOC oder der FIFA, weil sie alle direkt oder indirekt mit den Putins dieser Welt Verbindung­en pflegen“, sagte Kasparow. Es sei viel einfacher, mit Diktatoren zu verhandeln, als Zuschüsse im deutschen Bundestag oder britischen Parlament zu beantragen, so der langjährig­e Schachwelt­meister (1985 - 2000) aus Russland: „Um Geld von Putin zu bekommen, könnte ein Abendessen ausreichen.“

So sehr sich der frühere Großmeiste­r Zeit seiner Karriere auf die

Perfektion des Brettspiel­s konzentrie­rt hatte, so sehr hat er sich nun dem Kampf gegen Putin verschrieb­en. Kasparow nutzt jede Gelegenhei­t, um auf die dramatisch­e Situation in Osteuropa aufmerksam zu machen. Die „Diktatur eines Mannes in Russland“beschrieb er zuletzt im „FAZ“-Interview gar als die bei Weitem „größte existenzie­lle Bedrohung der Menschheit“.

In seinem Artikel für die Welt kritisiert­e der 58-Jährige aber auch die Haltung der Nato und der EU. Die „mächtigste Allianz der Geschichte“sehe bei dem „Völkermord“, den Putin in der Ukraine begehe, nur zu. Kasparow wörtlich: „Dies ist doch schon der Dritte Weltkrieg. Putin hat ihn vor langer Zeit begonnen, und die Ukraine ist nur die augenblick­liche Front.“Für den Kremlkriti­ker gibt es nur zwei Möglichkei­ten: Putins Sieg und damit eine globale Katastroph­e oder Putins Sturz in Moskau.

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FOTO: L. MIRGELER/DPA Garri Kasparows Leidenscha­ft für die Politik ist nicht neu.

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