Wirbel um polnische MiG-29
Kampfflugzeuge sollten über US-Basis Ramstein an Ukraine gehen – USA verstimmt über den Vorstoß
- Eigentlich sollte die Reise der US-Vizepräsidentin nach Polen und Rumänien mehr symbolischen Charakter haben. Es ging Kamala Harris darum, Einheit mit den Nato-Partnern an der Ostflanke und Unterstützung für die Flüchtlinge aus der Ukraine zu demonstrieren. Durch den Alleingang der Regierung in Warschau beim Umgang mit der ukrainischen Anforderung von MiG-29-Kampfflugzeugen aus alten Sowjetbeständen steht US-Vizepräsidentin Harris nun vor einem diplomatischen Feuerwehreinsatz.
Das Thema dürfte im Vordergrund ihrer Gespräche mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki stehen, die mit Harris am Donnerstag über den heiklen Transfer sprechen wollten. „Das ist ein ziemliches Durcheinander“, sagt Daniel Fried, der unter US-Präsident Bill Clinton als Botschafter in Polen tätig war. Harris müsse da einiges ausbügeln.
Hintergrund ist der Appell des ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, die Nato möge entweder eine Flugverbotszone über seinem Land einrichten, oder seinen Streitkräften MiGs bereitstellen. Dies seien die einzigen Kampfflugzeuge, die seine Piloten fliegen können. Hauptadressat wäre Polen, das über etwa zwei Dutzend dieser Kampfjets verfügt. Ein paar weitere finden sich in den Beständen der Slowakei und Bulgariens.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte die zügige Übergabe voreilig in Aussicht gestellt, obwohl die betroffenen Staaten aus Sorge darum, Kriegspartei zu werden, nicht zu einem direkten Transfer an die Ukraine bereit waren. US-Außenminister Anthony Blinken zeigte sich aufgeschlossen für einen Ringtausch, der die MiGs mit modernen F-16-Kampfflugzeugen ersetzte. Allerdings befanden sich diese Gespräche erst im Anfangsstadium.
Aus amerikanischer Sicht völlig überraschend kam dann am Dienstag die Ankündigung der polnischen Regierung, man sei bereit, die MiGs auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein zu verlegen. Die USA könnten die Kampfflieger von dort an die Ukraine übergeben.
Das Timing des Vorstoßes in Warschau erwischte die im US-Außenministerium für das Thema zuständige Ministerialdirektorin Viktoria Nuland auf dem falschen Fuß. „Nach meinem Wissen, war das nicht mit uns abgestimmt“, erklärte sie bei einer Anhörung im Auswärtigen Ausschuss des US-Senats. Kraft ihres Amtes hätte sie das wissen müssen, versicherte sie den Senatoren.
Zumal sie unmittelbar vor der Anhörung noch in einer Besprechung zum Thema gewesen sei. „Das war ein Überraschungsmanöver der Polen.“
Das Pentagon beeilte sich, den polnischen Vorstoß öffentlich und ungewöhnlich deutlich zurückzuweisen. Dass Kampfflugzeuge „von einem US/Nato-Standort in Deutschland in einen mit Russland umstrittenen Luftraum über der Ukraine fliegen, löste für das ganze Nato-Bündnis ernsthafte Bedenken aus“, erklärte Sprecher John Kirby.
Deutlicher ging es kaum. Dahinter steckt die Sorge der Amerikaner um die Konsequenzen der Logistik einer Übergabe an die Ukraine. Ein hohes Regierungsmitglied erklärte gegenüber „Politico“, das Militär und die Geheimdienste seien gegen einen solchen Transfer. Hinzu kämen ganz praktische Probleme. Demnach
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist gegen eine Lieferung von MiG-29-Kampfflugzeugen aus der Nato an die von Russland angegriffene Ukraine. Bei einer Pressekonferenz mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau verwies er am Mittwoch in Berlin auf Finanzhilfen, humanitäre Unterstützung und die Lieferung einzelner Waffensysteme. „Und ansonsten ist es aber so, dass wir sehr genau überlegen müssen, was wir konkret tun. Und dazu gehören ganz sicherlich keine Kampfflugzeuge“, sagte Scholz. Trudeau warnte vor einer Eskalation. Sein Land werde weiter Ausrüstungsgegenstände und Waffen schicken. (dpa)
müssten die Jets alle umgerüstet werden, da die ukrainischen Piloten die neuen Nato-Navigationssysteme nicht bedienen könnten.
Es gebe „eine Menge guter Ideen, die besprochen werden können“, spielte ein Mitarbeiter des Weißen Hauses vor Abflug der Vizepräsidentin am Donnerstagmorgen die Unstimmigkeiten mit Polen herunter. Dazu gehört auch der vom ranghöchsten Republikaner im Auswärtigen Komitee des Repräsentantenhauses, Michael McCaul, in Spiel gebrachte „Plan B“. Demnach könnten die Ukrainer statt Flugzeugen mehr Kampfdrohnen erhalten.
Für die Vizepräsidentin verwandelte sich der symbolische Besuch in Polen so zu einer heiklen Mission, deren Ziel darin besteht, diesen Ausrutscher in der ansonsten sorgfältig abgestimmten Nato-Diplomatie der USA schnell vergessen zu machen.