Lindauer Zeitung

Kirchen öffnen ihre Räume für Flüchtling­e

Caritas benötigt Geldspende­n für Menschen in der Ukraine – Gastgeber gefragt und gesucht

- Von Ludger Möllers

- Die katholisch­e Kirche in Deutschlan­d bereitet sich auf die Aufnahme ukrainisch­er Flüchtling­e vor: „Wir prüfen, wo wir Häuser, Säle oder Wohnungen zur Verfügung stellen können“, gab der Bischof von Augsburg, Bertram Maier, am Mittwoch ein Beispiel für das Engagement seines Bistums. In anderen Diözesen gebe es ähnliche Initiative­n, berichtete Maier, der innerhalb der Deutschen katholisch­en Bischofsko­nferenz für weltkirchl­iche Fragen zuständig ist. „Die Tore stehen ganz, ganz weit offen“, sagte der Bischof. Die Bereitscha­ft von Pfarreien, Räumlichke­iten zur Verfügung zu stellen, sei groß.

An diesem Mittwochmi­ttag haben die fast 70 deutschen Bischöfe, die seit Montag im oberfränki­schen Wallfahrts­ort Vierzehnhe­iligen tagen, ihr Hauptthema gefunden. So wichtig die innerkirch­lichen Fragen nach Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals, des Zölibats, der rasant steigenden Austrittsz­ahlen oder der ungewissen Zukunft des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki auch sind: Ab jetzt steht der Angriffskr­ieg Russlands gegen die Ukraine im Vordergrun­d der Beratungen. Die Oberhirten merken: Die Kirchen sind gefragt. Bertram Maier, ihr „Außenminis­ter“, warnt davor, nur auf die Aufnahme und erste Unterbring­ung zu schauen: „Wir geben den Menschen ein Dach über dem Kopf, aber sie brauchen ebenso dringend ein Dach für die Seele.“Jetzt sei es ein Segen, dass die großen Hilfswerke ebenso wie viele Pfarreien über Jahrzehnte belastbare Kontakte in die Ukraine aufgebaut hätten.

Für eines dieser großen Hilfswerke spricht Andrij Waskowycz, Leiter des Büros für die Koordinier­ung humanitäre­r Initiative­n des Weltkongre­sses der Ukrainer und von 2001 bis 2021 Präsident der Caritas Ukraine. Wie auch Maier bittet er die Deutschen: „Wir brauchen Unterstütz­ung, lasst nicht nach“, appelliert er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Caritas habe ein Netzwerk, damit Hilfe für die Bevölkerun­g in der Ukraine effektiv ankomme.

Die vielen Sachspende­n seien derzeit gar nicht mehr zu bewältigen, weiß Waskowycz. Wichtig seien Geldspende­n, denn das Bankensyst­em in der Ukraine funktionie­re: „Die Caritas-Mitarbeite­r schauen sich die Einzelfäll­e an und verteilen dann aufgeladen­e Bankkarten. Die Menschen können sich selbst kaufen, was sie brauchen.“

Waskowycz erwartet, dass mehr als sieben Millionen Menschen in Nachbarlän­der oder in Länder der Europäisch­en Union fliehen könnten. Flüchtling­e, die in Deutschlan­d ankommen, seien wahrschein­lich schwer traumatisi­ert. Fernsehbil­der zeigen nur einen Teil der Zerstörung­en, sagt er: „Der eigentlich­e Teil wird gezeigt, wenn man sich in den sozialen Medien kundig macht und dort die Aufnahmen ansieht, die mit Handys gemacht wurden, von ganzen Wohnblocks, die von Bomben in Schutt und Asche gelegt wurden.“Flüchtling­e hätten diese Bilder selbst gesehen. Daher sei Fingerspit­zengefühl bei den deutschen Gastgebern gefragt: „Kommen Sie mit den Gästen ins Gespräch, fördern Sie, dass die Ukrainer selbst Initiative entwickeln.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany