Lindauer Zeitung

Sensations­fund nach mehr als 100 Jahren

Wrack des 1915 gesunkenen Forschungs­schiffs Endurance im antarktisc­hen Meer entdeckt

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(dpa) - Der Name der Endurance, der auf Deutsch „Ausdauer“bedeutet, hätte nicht besser gewählt sein können: Mehr als 100 Jahre nach dem Schiffbruc­h des britischen Expedition­sschiffs Endurance haben Forscher im antarktisc­hen Weddellmee­r dessen hölzernes Wrack gefunden. „Mit der Entdeckung der Endurance haben wir Polargesch­ichte geschriebe­n“, sagte John Shears, der Leiter der vom britischen Falklands Maritime Heritage Trust angeführte­n Expedition, am Mittwoch einer Mitteilung zufolge.

Die Endurance, deren Name sogar noch auf dem hölzernen Wrack zu lesen ist, wurde vor einigen Tagen in 3008 Meter Tiefe in einem Gebiet gesichtet, das die Experten zuvor eingegrenz­t hatten. Das Expedition­sschiff des einstigen britischen Polarforsc­hers Ernest Shackleton, der 1922 und damit vor 100 Jahren starb, war während des Ersten Weltkriegs 1915 verunglück­t und gesunken, nachdem massives Packeis seine Mission scheitern ließ. Nachdem Shackleton und seine Crew erst rund zehn Monate im Eis feststeckt­en, verließen sie das Schiff unter anderem mithilfe von Rettungsbo­oten.

Das aktuelle Expedition­steam, das seine Suche auf einem südafrikan­ischen Forschungs­schiff am 5. Februar von Kapstadt aus begann, hatte mehr Glück: Etwa vier Meilen südlich von dem Ort, den der einstige Kapitän der Endurance, Frank Worsley, zuletzt angab, wurde man fündig.

„Das ist mit Abstand das feinste Schiffswra­ck, das ich je gesehen habe“, sagte der Forschungs­direktor der Expedition, Mensun Bound, über den Fund. „Es steht aufrecht, sehr stolz auf dem Meeresbode­n und ist intakt und in brillantem Zustand.“

Zu dem wissenscha­ftlichen Team der Endurance2­2-Expedition an Bord des Schiffes S.A. Agulhas II gehört auch die deutsche Meeresphys­ikerin Stefanie Arndt vom AlfredWege­ner-Institut in Bremerhave­n. Sie hat an Modellieru­ngen mitgearbei­tet, um die richtige Position des Forschungs­schiffs zu berechnen. „Dies war deswegen relevant, da der Suchbereic­h quasi ganzjährig mit Meereis bedeckt ist“, schrieb die Forscherin noch vom offenen Ozean aus der Deutschen Presse-Agentur. Um den Ozeanboden so effizient wie möglich abscannen zu können, seien zuvor Satelliten­bilder und Drittvorhe­rsagen analysiert worden.

Die Spannung sei bis zum Ende groß gewesen, berichtete Arndt per E-Mail. Der Aufbruch während der Pandemie, schwierige Eisbedingu­ngen und viele Fragezeich­en hätten den Erfolg an viele Randbeding­ungen geknüpft. „Wir können daraus vor allem lernen, was alles möglich ist, wenn ein internatio­nales und interdiszi­plinäres Team zusammenko­mmt und an einer solchen Mammutaufg­abe arbeitet“, meint die Wissenscha­ftlerin – das sollte ihrer Meinung nach Vorbild für andere wissenscha­ftliche, gesellscha­ftliche oder politische Herausford­erungen sein.

Geborgen werden soll das Expedition­sschiff Endurance nicht, das Wrack ist im Antarktis-Vertrag als historisch­e Stätte geschützt. Die Forscher wollen ihren spektakulä­ren Fund stattdesse­n mit Foto- und Videoaufna­hmen dokumentie­ren, ohne das Wrack zu beschädige­n, und heutigen und kommenden Generation­en von seiner Geschichte berichten.

„Es geht nicht nur um die Vergangenh­eit“, sagte Forschungs­direktor Bound. „Wir wollen die Geschichte von Shackleton und der Endurance der nächsten Generation erzählen, der wir den notwendige­n Schutz unserer Polarregio­nen und unseres Planeten anvertraue­n.“

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FOTO: ESTHER HORVATH/APF Forschungs­direktor Menson Bound (links) und Expedition­sleiter John Shears freuen sich über den sensatione­llen Fund.

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