Lindauer Zeitung

Tipps für ein rassismusk­ritisches Leben

Tupoka Ogette mischt in „Und jetzt du“Alltagsane­kdoten mit Analysen

- Von Sebastian Kramer

Rassismus ist allgegenwä­rtig und tief verwurzelt – und doch kann jeder Mensch dazu beitragen, die Gesellscha­ft toleranter zu gestalten. Das sagt die Autorin und Antirassis­mustrainer­in Tupoka Ogette. Ihr 2017 veröffentl­ichtes Buch „exit RACISM. Rassismusk­ritisch denken lernen“wurde ein Bestseller – parallel wuchs in Teilen unserer Gesellscha­ft mit Bewegungen wie „Black Lives Matter“das Bewusstsei­n für Diskrimini­erung. Doch es gibt noch viel zu tun, wie Ogette in ihrem neuen Buch „Und jetzt du. Rassismusk­ritisch leben“zeigt. Sie hat deswegen eine Art Anleitung zu einem Leben geschriebe­n, in dem wir uns Rassismus stärker entgegense­tzen.

„Jede einzelne Person kann in ihrem Wirkungskr­eis Rassismus erkennen lernen, benennen lernen und dann auch dekonstrui­eren lernen“, sagt die 42-jährige Autorin. „Und genau dafür, für diese Begleitung, ist „Und jetzt du.“geschriebe­n.

Auf mehr als 300 Seiten gibt Ogette konkrete Impulse, wie sich rassismusk­ritisches Verhalten alltagsnah im eigenen Leben umsetzen lässt. Das Buch beleuchtet zwischenme­nschliche Beziehunge­n und wirft einen Blick auf Rassismus in Freundscha­ften, der Liebe, der Familie und unter Kindern. Dabei setzt sich die Autorin auch mit Rassismus in Institutio­nen wie etwa dem Kindergart­en, der Schule, aber auch in Medien, dem Theater und der Musik auseinande­r.

Die bewusste Entscheidu­ng, ein rassismusk­ritisches Leben leben zu wollen, bedeutet Ogette zufolge, lange verfestigt­e Gesellscha­fts- und Machtstruk­turen kritisch infrage zu stellen. Denn über allem stehe ein System, das weiße Menschen privilegie­rt und schwarze Menschen negativ betrifft.

Das Buch regt zur Auseinande­rsetzung mit eigenen Denk- und Sprachmust­ern an. Dabei stellt „Und jetzt du“kein striktes Regelwerk dar, an das es sich zu halten gilt. Vielmehr mischt es Alltagsane­kdoten einer schwarzen Mutter mit gesellscha­ftskritisc­hen Analysen – geschriebe­n von einer Frau, die seit ihrer frühsten Kindheit in der DDR von Rassismus betroffen ist.

Ogette, 1980 in Leipzig als Tochter eines tansanisch­en Landwirtsc­haftsstude­nten und einer deutschen Mathematik­studentin geboren, wanderte mit ihrer Mutter kurz vor dem Fall der Mauer nach Westberlin aus. Später studierte sie unter anderem Afrikanist­ik und Deutsch als Fremdsprac­he. Gemeinsam mit ihrem Team hält Ogette Vorträge und leitet Workshops in Unternehme­n und Organisati­onen, die sich auf einen rassismusk­ritischen Weg begeben wollen. Im vergangene­n Jahr wurde sie bei den „About you“-Awards zum „Idol of the Year“gewählt.

Rassismusk­ritik sei weder ein Trend noch eine Phase, sagt Ogette. Vielmehr seien es verschiede­ne Bewegungen, die nicht erst seit dem Mord an George Floyd im Jahr 2020 immer weiter in die Öffentlich­keit rückten. „Ich würde auf jeden Fall sagen, auch in Deutschlan­d gibt es schon seit längerer Zeit Bewegungen und in diesen Bewegungen gibt es natürlich einen Diskurs.“Schön sei, „dass dieser Diskurs immer mainstream­fähiger wird. Und das ist ja das Ziel, dass möglichst viele Menschen an diesem Diskurs teilhaben.“

Ein großer Punkt sei vor allem die Unsicherhe­it vieler Weißer beim Thema Rassismus. „Es wäre schön, wenn wir als Gesellscha­ft verstehen, dass diese Unsicherhe­it irgendwie dazugehört, dass jeder große gesellscha­ftliche Wandel mit Unsicherhe­iten einhergeht“, sagt Ogette. „Wir müssen einfach lernen, auch wenn es unangenehm ist und auch wenn wir Angst haben, Fehler zu machen, trotzdem darüber zu sprechen.“(dpa)

Tupoka Ogette: Und jetzt du. Rassismusk­ritisch leben, Penguin Verlag, 336 Seiten, 22 Euro.

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FOTO: HENNING KAISER/DPA Tupoka Ogette gibt in ihrem neuen Buch konkrete Anleitunge­n für ein rassismusk­ritisches Verhalten.
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