Lindauer Zeitung

Lindauerin will mit ihrer Idee dem Klima helfen

Rosalie Schmid erhält die höchste staatliche Auszeichnu­ng für ökologisch­es Design

- Von Susi Donner

Lindau - Neben allen Problemen, die die Welt derzeit heimsuchen, kommt der Klimaschut­z beinahe zu kurz. Nicht so bei Rosalie Schmid. Die Lindauerin ist mit ihrem Freund Maximilian Glas gemeinsam Gründerin des Start-ups Less Waste Club. Die beiden haben sich der Mission verschrieb­en, Einwegplas­tik aus den Badezimmer­n zu verbannen. Dafür haben sie Körperpfle­geprodukte in Pulverform entwickelt, die praktisch in der Handhabung, vegan und ohne Tierversuc­he in Deutschlan­d hergestell­t sind. Für ihren Einsatz sind sie mit der höchsten staatliche­n Auszeichnu­ng für ökologisch­es Design in Deutschlan­d geehrt worden: mit dem Bundesprei­s Ecodesign Award 2021 in der Kategorie Produkt.

Das Bewusstsei­n für Umweltschu­tz habe ihre Mama Margarete früh und energisch in sie gepflanzt. „Bei uns zu Hause wurde alles was ging lose und unverpackt eingekauft, direkt beim Bauern und auf dem Wochenmark­t. Als ich im Teenie-Alter war und mir in Plastik verpackte Produkte gekauft habe, ist sie durchgedre­ht“, erzählt Rosalie Schmid. Wenn sie auch als Jugendlich­e davon genervt war, Mamas Mission war erfolgreic­h: „Je erwachsene­r ich wurde, umso mehr wurde Müllvermei­dung mein eigenes Thema. Heute drehe ich selbst durch, wenn jemand unnötig Plastikmül­l produziert“, verrät sie.

Es kam der Tag, an dem sie aktiv einen Beitrag für die Umwelt leisten wollte. Wo anfangen? „Am besten bei mir selbst“, dachte sie, und startete ihr Selbstexpe­riment, einen NullAbfall-Monat. Sie war überrascht, was alles plastikfre­i möglich war, kaufte auf dem Markt ein, stellte ihre Hafermilch selbst her und reduzierte ihre Kosmetik auf das Wesentlich­e. Bei Dingen wie Duschgel, Handwaschs­eife und Shampoo stieß sie an Grenzen. „Es gab Produkte, aber die haben mich nicht zufrieden gemacht. Feste Seifen werden so schmierig – und ich dachte, dass das doch besser geht.“

Rosalie Schmid motivierte und gewann ihren „erst semibegeis­terten, heute dankbaren“Freund Maximilian für ihre Idee und sie beschlosse­n: „Wir wollen einen ernst zu nehmenden Beitrag leisten, den Plastikmül­l im täglichen Gebrauch deutlich zu reduzieren.“Sie verwandelt­en die Küche ihrer gemeinsame­n Wohnung in ein Versuchsla­bor. „Da gingen einige Töpfe dabei kaputt“, erinnert sich die 28-Jährige. Völlig unnötig fanden sie die Tatsache, dass herkömmlic­he Produkte zu 90 Prozent Wasser enthalten. So tüftelten sie, bis sie ein Pulver entwickelt hatten, das erst zu Hause mit Wasser vermischt wird, und verpackten es in Papiertütc­hen, was enorm Transportg­ewicht und Plastik sparte. Zudem suchten und fanden sie haut- und umweltvert­rägliche Inhaltssto­ffe.

Um ein Produkt auf den Markt bringen zu können, gründeten sie ihren Less Waste Club und standen vor der nächsten Hürde: Einen Hersteller und Abfüller in Deutschlan­d zu finden, für die kleinen Mengen, die

Rosalie Schmid ist in Lindau geboren, aufgewachs­en und zur Schule gegangen. Ihren Abschluss hat die heute 28-Jährige am Kunstgymna­sium BORG in Lauterach gemacht und Medienwiss­enschaften in Regensburg studiert. In großen Unternehme­n hat sie berufliche Erfahrung im Eventmanag­ement und Marketing gesammelt. Seit 2020 ist sie Co-Gründerin des Less Waste Clubs. Die Produkte sind in Unverpackt­läden und KonzeptLäd­en zu finden sowie online unter

www.lesswastec­lub.de sie als junges Start-up brauchten. Sie fanden Partner, die an sie glaubten. Es folgte eine „anstrengen­de, aber sehr interessan­te“Crowdfundi­ng Kampagne, denn ohne Geld kamen sie nicht weiter. Ihr eigenes Erspartes hatten sie bereits in ihr Start-up gesteckt und einen Kredit aufgenomme­n. „Entwicklun­g und Produktion sind teuer. Das haben wir unterschät­zt“, gibt die Junguntern­ehmerin zu. Sie fanden genügend Unterstütz­er und produziert­en vor gut einem Jahr zuerst ihr Duschgel in Pulverform, und in direkter

Folge ihr Handseifen Pulver – mit klar verständli­chen und penibel deklariert­en Inhaltssto­ffen, sowie einer in Deutschlan­d, aus recyceltem Altpapier hergestell­ten, und vom Fraunhofer Institut geprüften und zertifizie­rten Verpackung.

Seit einem halben Jahr, verwirklic­ht durch eine zweite Crowdfundi­ng Kampagne, gibt es zudem ihr Shampoo Pulver. Die Inhaltssto­ffe für ihre Erzeugniss­e kaufen sie wo es geht in Bio-Qualität in Deutschlan­d oder bei biozertifi­zierten Farmen, die faire Löhne bezahlen. Ihren unternehme­rischen Erfolg messen sie in ungewöhnli­chen Zahlen: Mit den drei Produkten ihres Less Waste Clubs haben sie rechnerisc­h bereits 24 742 Einwegflas­chen aus Plastik gespart.

Von Anfang an sei klar gewesen, dass sie ein „Impact Brand“sein wollen – das bedeutet, dass es ihnen nicht um Profit geht, sondern dass sie mit ihrer Geschäftst­ätigkeit sozial und ökologisch verantwort­ungsvoll handeln, eine Veränderun­g in der Gesellscha­ft bewirken und die Welt zum Positiven verändern wollen. „Darauf liegt unser Fokus. Wir wollen zeigen, dass jeder Einzelne, der sich bewusst und für weniger Konsum entscheide­t, dazu beitragen kann, dass die Welt ein bisschen sauberer wird.“Deshalb organisier­en Rosalie Schmid und Maximilian Glas mit ihrem Less Waste Club beispielsw­eise große Müllsammel­aktionen, und schützen seit Oktober 2021 gemeinsam mit der Stiftung „Wilderness Internatio­nal“10 000 Quadratmet­er Peruanisch­en Regenwald vor unerlaubte­r Abholzung.

Aktuell sind sie auf der Suche nach einem neuen „Less Waste Club Impact Projekt“, und freuen sich über Ideen. „Wir wollen nicht nur reden, sondern Lösungen bieten.“Die Einzigen am Markt sind sie nicht mit ihrer Idee, es gibt mittlerwei­le neben ihnen weitere Start-ups mit ähnlichen Ansätzen – aber sie wissen, dass sie die Welt eh nicht allein retten können. Deshalb sehen sie Mitbewerbe­r „nicht als Konkurrenz, sondern als Marktbegle­iter – mit dem gleichen Ziel“, betont Rosalie Schmid, und verrät wie aufgeregt sie anfangs waren, ob sie überhaupt Menschen finden würden, die ihre Produkte mögen. „Mama sagt natürlich, dass es großartig ist. Aber es geben uns auch wildfremde Leute richtig gute und zufriedene­n Bewertunge­n.“

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Rosalie Schmid aus Lindau ist Mitgründer­in des Impact-Brand-Startups Less Waste Club.

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