Lindauer Zeitung

Ein Aufbruch mit Geschmäckl­e

- Von Felix Alex f.alex@schwaebisc­he.de

Der Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes hat entschiede­n – und so ist nun endlich offiziell, was längst feststand: Bernd Neuendorf ist der neue DFB-Präsident. Ohne dem 60-Jährigen an seinem ersten Tag verbal direkt wieder die Siegessträ­uße entreißen zu wollen, der SPD-Politiker selbst dürfte wissen, dass es nun vor allem auf die Zeit nach den Glückwünsc­hen ankommt. Der Fußball-Quereinste­iger muss beweisen, dass seine Wahl kein Sieg der bestehende­n Ordnung, der alten Garde und der verknöcher­ten Struktur ist, die den größten Sportverba­nd der Welt seit Jahren zu einer Art Seifenoper mit Skandal-Abonnement hat verkommen lassen.

Der nun viel zitierte Neustart muss mit Leben gefüllt werden. Nur weil das „System Koch“mit dem Verpassen der Vizepräsid­entschaft von Rainer Koch oberflächl­ich verschwund­en ist, strahlt über der OttoFleck-Schneise in Frankfurt längst nicht automatisc­h die Dauersonne. Tief ins Wurzelwerk des Verbandes eingesicke­rte Strukturen werden auch in Zukunft greifen, auch weil Koch weiter im DFB-Vorstand sitzt. Dass der einflussre­iche Dauerfunkt­ionär, den drei vormalige DFB-Präsidente­n als Wurzel allen Übels beim Verband bezeichnen, Neuendorf mit seiner Unterstütz­ung überhaupt ins Amt verhalf, ist ein kleiner Makel für den Neuen. Der Ex-Journalist, der beinahe aus dem Nichts auf die Kandidaten­liste gerutscht ist, hat sich nicht nur nie öffentlich distanzier­t, sondern nahm dessen Unterstütz­ung dankend an – was angesichts der jüngsten Anti-Koch-Welle zumindest ein Geschmäckl­e hat. Spannend dürfte werden, ob Neuendorf dem abgestraft­en Koch tatsächlic­h den einflussre­ichen Sitz im Exekutivko­mitee der UEFA überlassen wird. Am Freitag hielt er sich die Sache offen.

Doch genau hier muss der DFBPräside­nt ansetzen, Charakter zeigen und sich emanzipier­en. Als starker Mann mit ambitionie­rten Zielen sollte er die Vertretung des DFB im UEFA-Exekutivko­mitee selbst anstreben und Koch weiter aus der ersten Reihe der Verantwort­lichen tilgen. Das würde unterstrei­chen, was sich so viele vom Dachverban­d wünschen: keinen Aufbruch ins Weiterso, sondern einen klaren Neustart.

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