Aufgehübschte Aktien für Kleinanleger
Preisschnitt macht optisch teure Anteilsscheine handelbarer – Google-Papiere vor Aktiensplit
- Die Aktie der Klasse A von Berkshire Hathaway gilt mit einem Preis von rund 470 000 USDollar (427 500 Euro) als teuerste Aktie der Welt. Dahinter steht die US-Beteiligungsgesellschaft des Gründers und Großaktionärs Warren Buffet, zu dessen Unternehmensgruppe mittlerweile mehr als 80 Unternehmen gehören. An zweiter Stelle und als teuerste Aktie Europas wird die Namensaktie des Schweizer Schokoladeherstellers Lindt & Sprüngli an der Börse mit rund 70 300 Euro bewertet.
Der Preis einer einzelnen Aktie lässt jedoch nicht auf den Wert oder die Bewertung des Unternehmens schließen. Dennoch ist eine derartige Aktie für das Gros der privaten Investoren zu teuer. Um Kleinanlegern dennoch ein Engagement in solch optisch hochpreisigen Anlagen zu ermöglichen, gibt es an der Börse das Instrument des Aktiensplits. Wie ein solcher Schritt funktioniert, macht aktuell die Google-Muttergesellschaft Alphabet vor, deren Einzelaktien derzeit mit rund 2300 Euro an den Börsen notiert ist.
Zum 15. Juli dieses Jahres will der Tech-Gigant seine ausstehenden Aktien im Verhältnis 20:1 aufstocken, um den Titel für Privatanleger zugänglicher zu machen. Das heißt, dass Anleger, die bereits Alphabet-Aktien halten, zum Stichtag statt einer Google-Aktie 20 Papiere in ihrem Wertpapierdepot haben. Der Aktienkurs wird entsprechend durch 20 geteilt. Die Aktie würde damit bei rund 115 Euro notieren, so wenig wie seit 2005 nicht mehr. Allerdings verändert sich auf diese Weise nicht der Anteil, den ein Anleger an dem Unternehmen und seinen Gewinnen hält. Die Aktie wird lediglich „optisch billiger“, wie Börsianer sagen.
„Der Aktiensplit hat damit keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Unternehmenswert und den Wert des Depots“, erläutert Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Auch die Marktkapitalisierung bleibt gleich. Dafür wird das Papier laut Kurz eben liquider und damit leichter handelbar. Formal hatte Alphabet mitgeteilt, dass jeder zum Stichtag des 1. Juli 2022 eingetragene AlphabetAktionär am 15. Juli nach Handelsschluss „19 zusätzliche Aktien derselben Aktiengattung für jede Aktie, die der betreffende Aktionär zum Stichtag hält“, erhält.
Die Google-Muttergesellschaft hat mit ihrem Aktiensplit allerdings noch etwas anderes im Sinn. Und zwar kann der Preisschnitt für Alphabet die Eintrittskarte in den weltweit am meisten beachteten Aktienindex, den Dow Jones
Industrial Average, bedeuten. Die Regeln für diesen preisgewichteten Index stellen seit Jahren ein Hindernis für Unternehmen wie Alphabet oder Amazon dar, deren Aktienkurse im vierstelligen Bereich liegen.
Das Gewichtungssystem dieses Index basiert auf dem absoluten Kurswert und nicht auf der Marktkapitalisierung. Alphabet war bisher schlicht und einfach zu groß, um in den Dow Jones aufgenommen zu werden. Andere Werte würde man mit dem hohen „Preisgewicht“verdrängen und so die Werte des Indexes verzerren.
Mit Aktienwerten von mehr als 1000 Dollar machten die Giganten mehr als die Hälfte des Dow Jones aus. „Damit wäre das Ziel des Indexes verfehlt, einen klaren, direkten Überblick über den Aktienmarkt und die US-Wirtschaft zu liefern“, so Kurz. Mit dem bevorstehenden Aktiensplit von Alphabet könnte es nun sein, dass der Tech-Riese einen Börsenklassiker, nämlich die IBM-Aktie, aus dem Dow Jones verdrängt – ohne große Auswirkungen auf den Index. Ohnehin sollen Tech-Unternehmen den Index nicht dominieren, vielmehr soll der Dow Jones eher ein Gesamtabbild darstellen, das auch die „alten“Industrien mitabbildet. Da bereits Konzerne wie IBM, Apple oder Microsoft in dem Index enthalten sind, gilt die Aufnahmekapazität weiterer Technologiekonzerne als begrenzt.
Tatsächlich sind Aktiensplits in letzter Zeit etwas rar geworden. 2019 gab es nur zwei, 2006 und 2007 dagegen 47 Splits im S&P 500. Erst Apple und Tesla rückten mit ihren Aktiensplits im Verhältnis 1:4 und 1:5 im Jahr 2020 den Fokus wieder auf dieses Instrument. Nach der Ankündigung von Alphabet hat am Donnerstag auch der Onlinehändler Amazon bekannt gegeben, seine Aktien zu splitten. Damit wird der einzig verbliebene Tech-Gigant mit einem vierstelligen Aktienkurs demnächst ebenfalls optisch deutlich billiger.