Brüssel genehmigt Millionenhilfe für Bodensee-Airport
(dpa) - Der Flughafen Friedrichshafen darf mit Millionen vom Staat unterstützt werden. Die EU-Kommission genehmigte am Freitag Beihilfen in Höhe von 17,5 Millionen Euro. Davon sollen 11,3 Millionen Euro als Zuschüsse, der Rest in Form von Abschreibungen von Darlehen und damit verbundenen Zinsen gewährt werden. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Hilfe negative Folgen einer möglichen Insolvenz für Unternehmen und Bevölkerung in der Region abwenden werde.
Damit könne der Plan zur Umstrukturierung des überschuldeten Bodensee-Airports wie geplant umgesetzt werden, sagte Flughafen-Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr. Dazu gehören Finanzhilfen unter anderem von der Stadt Friedrichshafen, dem Bodenseekreis und dem Land Baden-Württemberg sowie ein Verkauf der Flughafen-Grundstücke. „Wir hoffen nun, dass wir Ende März aus dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung rauskommen“, sagte Wehr. Darüber müsse aber noch ein Gericht entscheiden.
Die nun genehmigten Finanzhilfen fließen unter Auflagen, um eine Wettbewerbsverzerrung vor allem mit Blick auf den Allgäu Airport in Memmingen zu verhindern. Der Flughafen dürfe seine Kapazitäten daher vorerst nicht ausbauen, zum Beispiel durch eine weitere Landebahn, sagte Geschäftsführer Wehr. Bei den Flugrouten dürfe man dem Allgäu Airport während der Umstrukturierung ebenso keine zu große Konkurrenz machen. „Das haben wir aber auch nicht vor“, betonte Wehr.
- Erst klingelt es ein paar Mal, dann meldet sich eine Computerstimme und heißt den Anrufer willkommen. „Sagen Sie uns jetzt, was wir für Sie tun können“, sagt sie Stimme. Günter Kufner antwortet „Überweisung bitte“. Kufner ist 78 Jahre alt, wohnt in Leutkirch und erledigt seine Bankgeschäfte per Telefon, weil das für ihn als älteren Herrn mit Sehschwäche gut von zu Hause aus geht.
Wäre da nicht das Problem, dass ihn der Computer oft einfach nicht versteht, obwohl er normal spricht. „Ich habe Sie nicht verstehen können“oder „Das habe ich leider nicht verstanden“sagt die Stimme dann und fordert Kufner auf, sein Anliegen zu wiederholen. So gehen manchmal Minuten ins Land, bis es mit der Überweisung klappt. „Da kriegt man einen Nervenzusammenbruch“, sagt Kufner.
Überhaupt: Die Technik! Kufner hat bereits wegen verschiedener Anliegen mehrfach E-Mails an seine Bank geschrieben, da erhalte er meist auch nur eine vom Computer generierte Antwort. Online-Banking habe er bisher nicht probiert. „Wenn das so ähnlich ist wie Mails verschicken, bin ich wahrscheinlich überfordert“, sagt der 78-Jährige, der nach eigenen Angaben seit Ende 2019 über einen Internetanschluss verfügt. „Manchmal frag ich mich: Bin ich zu alt oder zu blöd?“, sagt Kufner. Er wolle seine Bankgeschäfte doch einfach nur mit echten Menschen besprechen.
So wie ihm geht es vielen Senioren und Seniorinnen in Deutschland und darüber hinaus. Erst im Februar hatte ein spanischer Rentner mit einer Online-Petition für Schlagzeilen gesorgt.
Die ältere Generation werde von den Banken vergessen, klagte Carlos San Juan. Er selbst habe mehrere Tage lang kein Geld abheben können, weil das nur mit einem Termin ging, der über eine App ausgemacht werden musste. Diese Ausgrenzung hätten er und Tausende andere Menschen nicht verdient, schrieb er in seiner Online-Petition mit dem Titel „Ich bin alt, aber kein Idiot“.
„Die Menschen sind immer stärker gezwungen, online unterwegs zu sein – auch im Bezug auf das Bankgeschäft“, sagt Eckart Hammer, Vorstandsvorsitzender des Landesseniorenrates Baden-Württemberg, die Interessensvertretung der Seniorinnen und Senioren im Südwesten. Nicht nur, aber gerade für ältere Menschen bringe das viele Probleme mit sich, „weil sie das Thema erst im späteren Lebensalter erlernen oder gar keinen Zugang zu digitalen Medien haben.“
Gerade im ländlichen Raum würden die Menschen sitzengelassen, da hier immer mehr Bankfilialen schließen, sagt Regina Görner, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso). „Auf dem Land gibt es oft ohnehin nur noch eine Bankfiliale pro Ort und wenn die dann wegfällt und man kein Telefon- oder Onlinebanking hat, geht gar nichts mehr“, sagt Görner. „Dabei ist es ja das Geld der Menschen – ihr eigenes Geld – an das sie rankommen möchten, und wenn das erschwert wird, habe ich hohes Verständnis dafür, dass die Leute zornig werden.“
Laut Bundesbank gibt es in Deutschland nach letzter Zählung 24 100 Bankfilialen. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch 56 936
Filialen. Auch in Baden-Württemberg schrumpft die Zahl der Filialen aller Banken. Die Deutsche Bank beispielsweise betreibt im Südwesten 42 Filialen. Im Jahr 2017 waren es noch 54 Filialen.
„Wir stellen fest, dass sich auch Senioren der Vorteile immer bewusster werden, die Online-, Mobile oder Telefon-Banking bieten. Auch diese Altersgruppe nutzt immer intensiver jene Bankdienstleistungen, die ortsund zeitunabhängig zugänglich sind“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bank auf Nachfrage.
Tatsächlich ist es so, dass immer mehr ältere Menschen – auch bedingt durch den Digitalisierungsschub in der Pandemie – für die Erledigung ihrer Finanzgeschäfte ein Smartphone, Tablet-Computer oder PC nutzen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbandes Bitkom vom vergangenen Juni hervor. Demnach verdoppelte sich 2020 fast der Anteil der Menschen ab 65 Jahren, die ihre Bankgeschäfte online abwickeln von 22 Prozent auf 39 Prozent.
Trotzdem, sagt Eckart Hammer vom Landesseniorenrat, sei das kein Freifahrtsschein für die Banken. Er kritisiert, dass die digitalen Angebote oftmals zu kompliziert und nur schwer für diejenigen zu verstehen seien, die nicht mit der Digitalisierung aufgewachsen sind. Er selbst sei da keine Ausnahme. „Ich würde von mir behaupten, dass ich relativ EDVaffin bin“, sagt der 78-Jährige, „aber haben Sie mal versucht, eine SecureApp für ihr Bankkonto einzurichten? Das ist extrem anspruchsvoll.“
Er sei absolut nicht gegen die Digitalisierung per se, sagt Eckart Hammer. Er selbst halte immer wieder Vorträge für Seniorinnen und Senioren
zu dem Thema und vertritt die Ansicht: „Je älter du wirst, desto wichtiger ist ein Smartphone. Das ist dein Fenster zur Welt.“Nichtsdestotrotz müsse es auch weiterhin „das Recht auf digitale Abstinenz“geben. Wer sein Bankgeschäft nicht online erledigen kann oder will – und das sind nach den Bitkom-Zahlen 61 Prozent der Menschen ab 65 Jahren – brauche weiterhin ein Angebot.
Regina Görner sagt: „Was hindert mehr Banken beispielsweise daran, wie es gelegentlich schon passiert, Beratungs-Busse in die Ortschaften ohne eigene Filiale zu schicken und damit für ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind, ein Angebot zu machen?“Sie ist der Meinung, dass sich die Banken vor allem „Personalaufwand vom Hals schaffen“wollen. Zum einen schließen sie Filialen und „mit Online- und Telefon-Banking oder den Automaten in den Schalterhallen verlagern sie ja schon jetzt einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Kosten auf die Kunden. Das finde ich unangemessen“, sagt Görner.
Die Geldhäuser widersprechen. „Unsere 144 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg halten die Verbindung zu ihren Mitgliedern und Kunden über digitale Kanäle, die permanent verbessert werden, und telefonisch, aber auch sehr häufig persönlich in den zahlreichen Geschäftsstellen vor Ort“, sagt ein Sprecher des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands, dem 2263 Filialen von Volksund Raiffeisenbanken im Südwesten angehören, von denen 1546 mit persönlichen Ansprechpartnern besetzt seien. „Darüber hinaus gibt es teilweise auch ganz konkrete Unterstützungsangebote für ältere Menschen wie etwa technische Hilfe, BargeldBringdienste oder auch auf Wunsch Beraterbesuche bei den Kunden zu Hause“, sagt der Sprecher.
Selbstverständlich würde die Bank ihre Kunden beraten, welche Zugangswege zu ihrem Bedarf am besten passen. Man begleite die Kunden bei der Einrichtung des Zugangs zum Mobile- oder Online-Banking, sagt auch der Sprecher der Deutschen Bank. „Alle unsere Angebote sind heute schon barrierefrei zugänglich und mit der laufend modernisierten Software sollen auch ältere Menschen leichter Internet-Banking nutzen können“, teilt weiter ein Sprecher des Sparkassenverbands Baden-Württemberg mit.
Eckhart Hammer sieht die Bemühungen der Banken und betont auch, dass diese im Vergleich zu anderen Branchen durchaus schon weit seien, aber bei der Inklusivität und Verständlichkeit der Angebote sei eben noch Spielraum. Die Protest-Aktion des spanischen Rentners gefällt ihm. „Es geht darum, die jungen Menschen und diejenigen, die die digitalen Angebote einrichten und die Gesellschaft überhaupt darauf hinzuweisen, dass wir nicht nur auf das digitale Pferd setzen können, sondern wir brauchen immer auch die persönliche Begegnung.“Und sei es allein schon, weil diese persönlichen Kontakte gerade älteren Menschen gut tun. Im Landesseniorenrat habe man die spanische Aktion besprochen. „Wir sind noch nicht soweit, dass wir auch eine Petition machen“, sagt Hammer. Sollte doch eine zustande kommen, hätte der Landesseniorenrat mit dem Leutkircher Günter Kufner wohl schon den ersten Unterzeichner gewonnen.