Der Preis der Angst
Warum Diesel in der Krise an der Tankstelle teurer ist als Super
- Die tägliche Ermittlung der Spritpreise durch den ADAC treibt Autofahrern weiterhin Zornesfalten auf die Stirn. An diesem Donnerstag kostete der Liter Super E10 durchschnittlich 2,20 Euro, 2,8 Cent mehr als am Tag zuvor. Dieselfahrer ärgern sich noch mehr. Durchschnittlich 2,32 Euro wiesen die Tankstellen als Literpreis aus. Binnen eines Tages sprang der Preis damit um sieben Cent nach oben. „Das wäre in normalen Zeiten ein Wahnsinn“, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel.
Denn eigentlich müsste es umgekehrt sein. Denn Diesel wird steuerlich subventioniert. Der Staat knöpft den Autofahrern dafür 20 Cent weniger ab als für Benzin. Normalerweise wirkt sich das auch auf den Endpreis aus. Deshalb ist der Selbstzünder vor allem bei Vielfahrern beliebt. Gerade sie werden nun besonders stark für die Energiekrise zur Kasse gebeten.
Für eine vollständige Erklärung dieses Phänomens fehlen einige Informationen. Manche Gründe sind bekannt. „Es liegt daran, dass die Heizölnachfrage sehr stark ist“, erläutert Hölzel. Heizöl und Diesel unterscheiden sich chemisch nur geringfügig. Beide Märkte hängen damit eng zusammen. Wird viel Heizöl gekauft, steigt dessen Preis und damit auch der für Diesel. Die aktuelle Unsicherheit über die weitere Entwicklung im Ukraine-Krieg löst bei vielen Verbrauchern, privaten wie gewerblichen, nun eine Welle von Heizöl-Bestellungen aus. Dazu kommt der Winter. Mancher Heizungstank muss nachgefüllt werden.
Zudem stammt ein beachtlicher Teil des in Deutschland verkauften Diesels aus Russland. Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) beträgt dieser Anteil bei im Straßenverkehr genutztem Diesel knapp 15 Prozent. Diese Importe können nicht einfach ersetzt werden, weil die Kapazitäten für die heimische Dieselproduktion nicht einfach erweitert werden können. Anscheinend verzichten hiesige Abnehmer des russischen Diesels mittlerweile auf diese Importe. Auch das kann eine Verknappung des Raffinats zur Folge haben. Ein Importverbot gibt es aber nicht.
Es ist normal, dass der Dieselpreis allein winterbedingt im März vergleichsweise hoch ist. Doch nach der kalten Jahreszeit geht er dann auch wieder runter. In diesem Jahr könnte es anders sein. „Man weiß nicht, wie es weitergeht“, bekennt Hölzel. Die Entwicklung hängt sicher maßgeblich vom Fortgang des Krieges ab. Kommt es zu einem Waffenstillstand und einer politischen Lösung des Konfliktes, werden wohl auch die
Rohstoffpreise wieder sinken. Augenfällig ist ein schwer zu erklärendes Phänomen. Der Rohölpreis hat sich bereits wieder von seinem Spitzenwert entfernt. Statt bei deutlich über 120 Euro pro Barrel Brent-Öl liegt der Börsenpreis aktuell bei 113 Euro. Doch der Kraftstoffpreis steigt, obwohl der Ölpreis sinkt. Das passt eigentlich nicht zusammen. Womöglich sind Kraftstoffe tatsächlich knapp geworden. Da die Mineralölkonzerne sich nicht in die Karten schauen lassen, sind deren Reserven nicht bekannt. Eine andere Lesart ist, dass Shell, Aral oder Total die Situation für Extragewinne nutzen, höhere Beschaffungspreise sofort an die Kunden weitergeben, niedrigere erst mit Verzögerung.
Deren Wirtschaftsverband Fuels und Energie sieht in den historisch hohen Preisen eine einfache Ursache. „Dies beruht in erster Linie auf einem geopolitischen Risikoaufschlag auf den Ölpreis“, teilt der Verband mit. Mit einer Entspannung der Marktlage rechnet der Verband vorerst nicht. Eine Freigabe der staatlichen Ölreserven könne aber ein wenig Entlastung bringen. Einen Missbrauch der Marktmacht sieht auch das Bundeskartellamt derzeit nicht. Dafür gebe es keine Hinweise. Es bestehe auch ein Wettbewerb verschiedener Anbieter, sagt ein Behördensprecher.
So mehren sich mittlerweile auch die Forderungen nach einer Steuersenkung auf Kraftstoffe. „Wir fänden es gut, wenn die Mehrwertsteuer darauf befristet gesenkt werden könnte“, sagt Hölzel. Dazu gibt es Beispiele in Nachbarländern wie Polen, wo der Sprit nach einer Absenkung der Mehrwertsteuer deutlich billiger geworden ist.
Der Benzinpreis steht nicht bei „Dreimarkzehn“, wie Sie damals gesungen haben, aber möglicherweise bald bei 3,10 Euro. Hätten Sie das 1982 für möglich gehalten? Nein, 3,10 Mark für den Liter Benzin klangen für uns damals ziemlich utopisch, und das blieb ja auch so, viele Jahre lang. Aber jetzt entwickeln sich die Preise wirklich dramatisch. Da könnte es bald so kommen. Die Tankwarte können am wenigsten dafür.
Wenn Sie zur Tankstelle fahren, ist dann der Tankwart immer noch Ihr bester Freund, wie Sie damals gesungen haben?
Wir waren immer Freunde, doch die Tankwarte können am wenigsten etwas dafür, dass das Benzin so teuer ist. Aber es gibt ja Einsparpotenzial. Ich hab’ mir zum Beispiel überlegt, in Zukunft mehr Bahn zu fahren.
Wie würden Sie Ihr Lebensgefühl von damals beschreiben?
Ich hab’ schon auch mal gegen eine Umgehungsstraße gekämpft und gegen die Startbahn West demonstriert. Aber ich wollte nicht alles so bierernst nehmen. Spaß hat ja immer auch etwas Subversives, vielleicht kamen wir deshalb auf den Text.
Gibt es diese „Ich will Spaß“-Haltung bei der heutigen Jugend immer noch, oder hat sich das komplett geändert?
Ich denke schon, dass junge Menschen heute immer noch Spaß haben
Würden Sie noch einmal einen Song über das Autofahren singen und wovon müsste der handeln – vom Entschleunigen?
Also Tempo 130 finde ich inzwischen gut (lacht).
Sie sangen damals vom MaseratiFahren. Haben Sie jemals ein solches Auto besessen?
Nein, aber ich habe gehofft, dass die Firma mich mal sponsert, weil ich seit 40 Jahren unbezahlt Werbung für sie mache. Ab und zu leiht mir ein Freund seinen Maserati für einen Fototermin aus.
Und welches Auto fahren Sie?
Eine ziemlich biedere Familienkutsche von Renault.