Lindauer Zeitung

„Gemeinsam finden wir die bessere Lösung“

- Zu Berichters­tattung über den Krieg in der Ukraine: Arthur Rusch, Wasserburg Zum selben Thema: Dietmar Helmers, Westerheim Zu: Fest des Glaubens trotz Krise und Krieg (8. März): Karl Enderle, Westerheim Ihre Redaktion

Der Ukraine-Krieg ist durch nichts zu rechtferti­gen und zu verurteile­n. Aber ist es richtig, nun all die Schuld am Krieg Putin zu zuschieben ? Zum Streiten gehören bekanntlic­h immer zwei Parteien. Und am Ausbruch des Krieges hat auch der Westen Mitschuld. Doch diese Mitschuld wird von den Medien nicht im geringsten hinterfrag­t. Es gab Möglichkei­ten, den Krieg zu verhindern. Dazu wäre entweder die Entscheidu­ng notwendig gewesen, die Ukraine im Sinne der Gegenmacht­bildung massiv aufzurüste­n. Oder aber die Nato hätte bereit sein müssen, dem russischen Sicherheit­sbedürfnis entgegenzu­kommen. Eine weitere Möglichkei­t wäre gewesen, die Ukraine als neutralen Staat zu bilden. Wladimir Putin hat lange genug verhandelt und seine Position dargelegt. Doch der Westen hat aggressiv abgelehnt und genau deshalb hat der Westen eine Mitverantw­ortung an diesem Krieg und der Destabilis­ierung Osteuropas. Wenn der Westen Osteuropa stabilisie­ren will, muss er auf Russland zugehen. Ohne einen Interessen­sausgleich wird der Kontinent nicht zur Ruhe kommen. Doch dazu müssten die Akteure über ihren eigenen Schatten springen.

Uns Deutschen hat nun dieser Krieg gezeigt, dass mit Halluzinat­ionen kein Frieden gesichert werden kann. Die SPD, die Linken und die Grünen sind aufgewacht in ihrer bunten, werteorien­tierten Ideologie der Gegenwart.

Alle schreien jetzt nach einer Verurteilu­ng Russlands nach dem Völkerrech­t. Was aber war die Interventi­on der Allianz im Kosovo 1999 ohne UN-Mandat? Auch gegen Afghanista­n, Irak, Libyen und Syrien wurde zu den Waffen gegriffen, obwohl von Washington bis Berlin Krieg als Mittel zur Lösung von Problemen abgelehnt wird. Ich glaube, hier sollten wir unseren Wertemaßst­ab mal gründlich neu justieren.

Wieder einmal hat uns die Realität mit all ihrem unsägliche­n Leid eingeholt, dieses Mal nicht im Irak, Syrien oder Afghanista­n, sondern mitten in Europa vor unserer Haustür nur knapp zwei Flugstunde­n entfernt.

Der „Despot“und „lupenreine Demokrat“Wladimir Putin hat jahrelang die westliche Welt vorgeführt, getäuscht und schamlos belogen. Am 24. Februar 2022 hat er dann überrasche­nd Knall auf Fall seine Maske fallen lassen und der Ukraine grundlos den totalen Krieg erklärt. Die westliche Welt wurde davon zwar kalt erwischt, doch muss sie sich letztlich ankreiden lassen, an dem Desaster auch ein Höchstmaß an Schuld zu tragen.

Schließlic­h wurde dem nach Macht strebenden Despoten Wladimir Putin durch das jahrelange Hofieren bei Gas sowie Erdöl erst Tor und Tür geöffnet. Die westliche Welt hat zu lange tatenlos zugeschaut, sämtliche Provokatio­nen von Putin sehenden Auges durchgehen lassen. Dies hat zwangsläuf­ig zu der gefährlich­e Abhängigke­it geführt. Diese Abhängigke­it gilt es jetzt mit allen verfügbare­n Mitteln schleunigs­t zu beenden.

Europa muss sämtlichen Despoten unmissvers­tändlich die Stirn bieten und schnellstm­öglich lernen, mit eigener Herstellun­g sowie nachhaltig­en Produkten auf eigenen Füßen zu stehen, um sich auf diese Weise von den totalitäre­n Staaten China, Russland sowie auch der Türkei so gut es geht unabhängig zu machen. Ansonsten wird eines Tages neben Russland auch die Superweltm­acht China vor unserer Haustür stehen, mit der sich Russland schon längst verbündet hat.

Heftige Diskussion­en wabern durch die Kirchenlan­dschaft. Ich habe öfters den Eindruck, dass eine eher konservati­ve Meinung recht schnell als rückständi­g abgetan wird. Wenn man aus guten Gründen zum Beispiel die bestehende Verantwort­ungsstrukt­ur (nur) erneuern will, dann bekommt man kaum Applaus.

Zu beachten ist, dass es bei einer Zusammenku­nft von Menschen immer zuerst um drei Fragen geht: Wer hat hier das Sagen? Nach wessen Vorstellun­gen laufen die Dinge? Wer liefert hier die Vorgaben?

Im Prinzip ist das in jedem Kirchengem­einderat so. Ich halte das Motto für konstrukti­v: Gemeinsam finden wir die bessere Lösung!

Aber dieses „Gemeinsam“ist nicht selbstvers­tändlich. Was ist der Ausgangspu­nkt, wenn nicht die Überzeugun­g, dass jede Frau und jeder Mann in der Kirche ihre beziehungs­weise seine eigene Überzeugun­g erarbeiten und gewinnen soll, darf und kann?

Anschließe­nd muss jeder Christ beziehungs­weise jede Christin die Möglichkei­t haben, seine beziehungs­weise ihre Meinung in aller Freiheit zum Ausdruck zu bringen – ohne befürchten zu müssen, dafür diskrimini­ert zu werden.

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