Lindauer Zeitung

„Das Publikum ist hungrig nach Musik“

Thomas Gropper spricht über seine Verantwort­ung als Chorleiter der Birnauer Kantorei

- Von Katharina von Glasenapp

- Die Chorszene wurde durch die Pandemie schwer getroffen. Singen galt wegen des Ausstoßes von möglicherw­eise virusbelas­teten Aerosolen als gefährlich, Proben wurden entweder eingestell­t oder durften nur in kleinen Gruppen und mit großen Abständen zwischen den Sängerinne­n und Sängern stattfinde­n. Das Jonglieren mit wechselnde­n Vorschrift­en ließen so manche Dirigentin und manchen Chorleiter verzweifel­n. Wie viele Ensembles nach diesen zwei Jahren vielleicht verstummen, wird sich noch weisen. Einer, der dies alles unter verschiede­nsten Aspekten beobachtet hat, ist Thomas Gropper: Er ist ein erfahrener Stimmbildn­er und Sprecherzi­eher, unterricht­et als Professor an der Musikhochs­chule München, singt als Bass- und Baritonsol­ist selbst in Oratorien und leitet zudem drei Chöre in München, Chur und am Bodensee. Die Leitung der Birnauer Kantorei hat er im September 2014 übernommen.

Wie haben Sie die Chorarbeit in den vergangene­n zwei Jahren Pandemie erlebt?

Wie für alle Menschen war es zunächst natürlich eine Zeit großer Unsicherhe­it und zahlreiche­r Verwerfung­en. Es gab einen starken Einschnitt, man musste verschiede­nste Statements, Regelungen und Untersuchu­ngen sensibel beobachten und abwägen. Für die Sängerinne­n und Sänger war und ist das Gefühl der Sicherheit sehr wichtig. Als Chorleiter sorgen wir aber dafür, dass die Kerze nicht erlischt und alle über die Durststrec­ke kommen.

Ist das Ihrer Kantorei gelungen? Die Birnauer Kantorei hatte auch schon in der Zeit von Klaus Reiners einen starken Zusammenha­lt, ein Wir-Gefühl in der Gruppe, das auch über Krisenzeit­en trägt. Wir hatten über die Monate regelmäßig­en Kontakt. Sobald es die Regelungen irgendwie zuließen, haben wir angefangen, in kleinen Gruppen zu proben. Unser Probenraum im Augustinum in Meersburg erlaubt es zum Glück, dass wir mit großen Abständen zwischen den Sängerinne­n und Sängern und mit Frischluft­zufuhr singen können. Im vergangene­n Herbst konnten wir sogar kleinere Konzerte vor ebenfalls reduzierte­m Publikum in der Basilika Birnau machen, für alle ein besonderes Erlebnis.

Sie planen nun die Aufführung von Bachs Johannes-Passion auf der Insel Reichenau. Was verbindet Sie mit diesem Werk?

Wir hätten eigentlich gerne die Matthäus-Passion aufgeführt, aber das schien uns aufgrund der größeren Besetzung und der immer noch schwierige­n Übergangsz­eit doch zu gewagt. Nach zwei Jahren ohne Passions-Konzerte sind Ausführend­e wie Publikum hungrig nach dieser Musik. Die Passionen von Bach und alle anderen großen geistliche­n Werke gehören zu unserer Kultur. „Jesu Passion lerne singen“hat Luther sinngemäß gesagt, und wir können das mit unseren eigenen Stimmen in diesem großartige­n Werk unterstrei­chen.

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Bachs Johannes-Passion im Münster St. Maria und Markus auf der Insel Reichenau, 20. März, 17 Uhr. www.birnauer-kantorei.de
FOTO: KANTOREI BIRNAU Der Dirigent Thomas Gropper. Bachs Johannes-Passion im Münster St. Maria und Markus auf der Insel Reichenau, 20. März, 17 Uhr. www.birnauer-kantorei.de

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