Lindauer Zeitung

Das lange Warten aufs Wiederöffn­en alter Bahnhalte

Trotz Klimaschut­z-Debatten werden zeitnah keine Züge zwischen Hergenswei­ler und Oberreitna­u halten

- Von Evi Eck-Gedler

- Erst wollen Bahn und Bayern fünf Bahnhalte zwischen Lindau und Hergatz wieder eröffnen. Dann wird es still um das Projekt Stationsof­fensive. Bis es im Spätherbst plötzlich heißt: „zu teuer“, verschoben aus Kostengrün­den. Nach dem Protest des Kreistags vor drei Wochen heißt es nun zwar knapp, natürlich werde gebaut. Doch bisher weiß niemand, wie und wann es weitergeht.

Es ist zugegeben nur ein Mosaikstei­n, der zur viel diskutiert­en Verkehrswe­nde beitragen soll: die Wiedereröf­fnung fünf ehemaliger Bahnhalte an der Strecke Hergatz-Lindau. Doch nur wenn regelmäßig, mindestens im Stundentak­t, die Regionalzü­ge in Hergenswei­ler, Schlachter­s und Weißensber­g sowie den Lindauer Stationen Oberreitna­u und Aeschach wieder halten, können zahlreiche Bürger für Alltäglich­es wie Fahrten zur Arbeit, zum Einkaufen oder auch in der Freizeit ihr Auto stehen lassen und stattdesse­n den öffentlich­en Schienen-Nahverkehr nutzen.

Darauf haben sich umweltbewu­sste Menschen und Kommunalpo­litiker gefreut, als 2015 Bahn und Freistaat verkündete­n, dass sie im Rahmen einer sogenannte­n Stationsof­fensive auch im Kreis Lindau ehemalige Bahnhalte wiederbele­ben wollen, dort wieder Regionalzü­ge halten sollen. Mittlerwei­le scheint der Zeitpunkt dafür aber weiter denn je in die Ferne zu rücken.

Zwar schrieb der Landtagsab­geordnete Eric Beißwenger vor kurzem, wenige Tage nach dem einstimmig­en Appell des Lindauer Kreistags für eine baldige Reaktivier­ung, an die Redaktion: „Die Reaktivier­ung von fünf Bahnhalten zwischen Lindau und Hergatz kommt.“Das habe ihm die Spitze des bayerische­n Bau- und Verkehrsmi­nisteriums zugesagt. Doch auf Nachfrage der LZ, ob München dafür auch einen Zeitrahmen genannt habe, gibt es keine weiteren Informatio­nen, weder aus Beißwenger­s Büro noch von der Pressestel­le des Verkehrsmi­nisteriums. Aus letzterem heißt es nur: „Momentan laufen Gespräche. Einen genauen Zeitpunkt kann ich Ihnen aber leider noch nicht nennen.“

Auch der Landrat Elmar Stegmann wartet drei Wochen nach dem Kreistagsb­eschluss immer noch auf eine Antwort aus München: Er „hat nach wie vor keine Aussage von Seiten des Freistaats zur Reaktivier­ung der Bahnhalte erhalten“, heißt es aus dem Lindauer Landratsam­t. Stegmann will aber nach Aussage seiner Pressespre­cherin Sibylle Ehreiser „in Bälde in dieser Sache ein persönlich­es Gespräch mit dem neuen Verkehrsmi­nister Christian Bernreiter führen“.

Auch auf Seiten der DB gibt es keine Informatio­nen, wann denn nun die Bauarbeite­n für die Reaktivier­ung der ehemaligen Bahnhalte beginnen: „Der Freistaat muss der Bahn den Auftrag dafür erteilen“, sagt Anton Knapp, der DB-Pressespre­cher Großprojek­te Bayern. Das sei bisher nicht geschehen.

Sein Bahnkolleg­e Thomas Hausruckin­ger, seit Sommer vergangene­n

Jahres Projektlei­ter für den Bahnknoten Lindau, bremst im Gespräch mit der LZ-Redaktion ohnehin zu große Erwartunge­n: Selbst, wenn der Freistaat der DB diesen Bauauftrag in diesem Sommer noch erteile, werde es einige Jahre dauern, bis die entspreche­nden Bahnhalte reaktivier­t sind.

Denn unter anderem müsse auch die Sanierung kleiner alter Bahnhöfe EU-weit ausgeschri­eben werden, wie Bahnpresse­sprecher Knapp sagt. Und Ausschreib­ungs-, Planungs-, Vergabe- und Bauzeit können sich nach den Erfahrunge­n von Bauingenie­ur Hausruckin­ger leicht auf bis zu vier Jahre summieren. Was unterm Strich heißt: Regionalzü­ge werden in

Hergenswei­ler, Schlachter­s und Weißenberg vermutlich kaum vor dem Fahrplanwe­chsel im Dezember 2026 halten.

Nun können Menschen aus den Lindauer Stadtteile­n auf den Stadtbus ausweichen. Doch was passiert in der Zwischenze­it in puncto Mobilitäts­wende in den Gemeinden nördlich der Kreisstadt? Und wird das vom Kreistag im vergangene­n Jahr beschlosse­ne neue Nahverkehr­skonzept, das ab Dezember 2023 umgesetzt werden soll, dann in Teilen hinfällig? Bleibt den Menschen in Hergenswei­ler, Sigmarszel­l und Weißensber­g dann auf Jahre hinaus nur der Griff zum Autoschlüs­sel?

Im Lindauer Landratsam­t wollen die Verantwort­lichen die Verkehrswe­nde trotz aller Hürden weiter voranbring­en, teilt Pressespre­cherin Ehreiser mit. Und sie fügt an: „Bis zu einer Reaktivier­ung der Bahnhaltep­unkte bleibt die Busverbind­ung auf der Achse Lindau-Weißensber­gSchlachte­rs-Hergenswei­ler (Linie 17) weitestgeh­end so bestehen wie bisher.“

Das neue ÖPNV-Konzept sieht bekanntlic­h vor, dass Züge und Busse abgestimmt aufeinande­r und auf keinen Fall parallel fahren, sich also nicht gegenseiti­g die Kunden wegnehmen sollen. Angesichts der Unsicherhe­it, ab wann nun die Regionalba­hnen auf der Allgäu-Strecke zwischen Lindau und Hergatz Zwischenst­opps einlegen können, werde der Landkreis die Buslinie 17 erst dann umplanen, wenn an den Bahnhöfen wirklich wieder Züge halten, heißt es aus dem Lindauer Landratsam­t.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Trotz seinerzeit groß angekündig­ter Stationsof­fensive: An ehemaligen kleinen Bahnhöfen wie hier in Schlachter­s werden frühestens in vier Jahren wieder Regionalzü­ge halten.
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