„Baummassaker“oder Fällungen für die Verkehrssicherheit?
Anwohner beschweren sich nach Rodungen an der A96 – Welchen Grund die Verantwortlichen dafür nennen
- Seit Mitte Januar hat der Autobahnanschluss Wangen-West ein nahezu komplett verändertes Gesicht. Fast alle Bäume und Sträucher dort wurden gefällt. Bürger sind darüber verärgert, auch weil der Lärm der A96 jetzt in Herfatz und der Wangener Wittwais-Siedlung deutlich lauter hörbar sei. Die für die Rodungen zuständige Autobahn GmbH des Bundes begründet den Kahlschlag allerdings mit dem Sterben einer landläufig häufig vorkommenden Baumart. Er sei nötig gewesen.
Die Worte von Wittwais-Bewohner Sylvio J. Godon sind deutlich: In einer E-Mail an die „Schwäbische Zeitung“schreibt er von einem „gnadenlosen Baum- und Strauchmassaker“. An der A 96 und an der B 32 sei im Bereich der Anschlussstelle ein natürlicher Lärmschutz „ohne Not beseitigt“worden.
Die Folge: Eine Vielzahl von MiniBiotopen sei tot und der Lärmpegel in Herfatz und der Wittwais-Siedlung deutlich angestiegen. Vor den Rodungen hat man nach den Schilderungen Godons die auf der A 96 fahrenden Autos in Herfatz und in der Wittwais bei entsprechenden Windlagen gut gehört, die Geräusche hätten aber nicht gestört. Das sei jetzt anders: Die Autobahn ist nach seiner Einschätzung nun derart laut, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Anwohnerinnen und Anwohner „lautstark den Bau einer ziemlich langen Lärmschutzwand entlang dieses Autobahnstreckenabschnittes einfordern werden“, mutmaßt er. Deshalb müsse die Frage erlaubt sein, „was um Himmels Willen in aller Welt der Beweggrund gewesen ist, ein solches mittelalterliches Schlachtfeld anzuzetteln“.
Die Antwort gibt die Autobahn GmbH des Bundes auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Nach Angaben des Kemptener Außenstellenleiters Tobias Ehrmann sei im Januar bei turnusgemäßen Gehölzpflegearbeiten festgestellt worden, „dass nahezu der komplette Baumbestand vom sogenannten Eschentriebssterben befallen ist“. Dabei handelt es sich um einen seit etwa 2007 vorkommenden Pilzbefall von Bäumen dieser Art. Eschen sterben dadurch ab, und betroffene Bäume dieser Art sind in den vergangenen Jahren vor diesem Hintergrund bereits in der Region des öfteren der Säge zum Opfer gefallen. Hiesige Experten, wie der inzwischen pensionierte Wangener Stadtförster Paul Müller, sind in der Vergangenheit bereits davon ausgegangen, dass Eschen auf Dauer keine Überlebenschance haben werden.
Doch zurück zu Autobahn und Bundesstraße: An der A 96 und der B 32 hat der Pilzbefall der Bäume nach Auskunft des Außenstellenleiters eine „akute Gefahr für die Verkehrsteilnehmer“zur Folge gehabt, insbesondere bei Sturm. Deshalb seien umsturzgefährdete Exemplare gefällt worden.
Darüber hinaus habe man die „nötigen Gehölzpflegearbeiten“veranlasst. „Insbesondere wurde auch der Wildschutzzaun zur Vermeidung von Schäden durch umstürzende Baume, Einwachsen, etc. freigeschnitten“, so Tobias Ehrmann. Die „absolute Funktionstüchtigkeit“des Zauns sei zur Vermeidung von Wildunfällen auf der A 96 „zwingend erforderlich“. Ferner habe es in diesem Zuge „ökologische Maßnahmen im Bereich der Gehölzpflegeflächen“gegeben.
Ehrmann ist überzeugt von der Richtigkeit des Handelns und verweist auf den Winter und das Frühjahr vergangenen Jahres. Die zahlreichen Stürme seinerzeit hätten zu „keinen wesentlichen Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit auf der A 96 im Bereich der Anschlussstelle Wangen-West“geführt.
Auch zum Thema Lärm nimmt Ehrmann auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“Stellung: „Die Lärmschutzwirkung schmaler bepflanzter Streifen, wie der in unserem Fall entlang der A 96 befindlichen Böschungen, ist tatsächlich sehr gering, nahezu vernachlässigbar.“Stattdessen glaubt er: „Der Anblick von Grün hat jedoch eine psychologische Komponente und lässt den Menschen Lärm leiser wahrnehmen: Wer den Verkehr nicht sieht, hört ihn auch weniger.“