„Unser Job ist es, das Ding zum Gelingen zu bringen“
Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung berichtet über Fortschritte des Landshut-Projekts
- Seit September 2017 steht die „Landshut“in einem Flughafenhangar in Friedrichshafen. Lange war diskutiert worden, was mit ihr passieren soll. Ende 2020 hat dann die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) vom Haushaltsausschuss des Bundestags die Verantwortung für einen „Lernort Landshut“übertragen bekommen.
Das Flugzeug war 1977 zur Zeit des „Deutschen Herbstes“von linken Terroristen entführt und die Geiseln in Mogadischu (Somalia) befreit worden. Rund um die ehemalige Lufthansa-Maschine soll in Friedrichshafen ein Bildungs- und Dokumentationszentrum entstehen, das sich auch mit dem Thema der wehrhaften Demokratie befasst. Nun hat Thomas Krüger, Präsident der bpb, zusammen mit einer neuen Projektgruppe die Stadt besucht. Im Interview nennt er die Gründe für seinen Aufenthalt, spricht über den aktuellen Planungsstand, die nächsten Schritte und bis wann das Projekt fertig sein soll.
Wie geht das Landshut-Projekt in Friedrichshafen voran?
Wir haben mittlerweile die Vorarbeiten ausgewertet, haben Fachleute eingeladen, um konzeptionelle Ansätze zu entwickeln, und haben Grundsatzentscheidungen getroffen, wie man mit der Landshut restauratorisch verfährt. Wir haben eine eigene, neunköpfige, Projektgruppe eingerichtet, die den pädagogisch-interdisziplinären Ansatz mit den logistischen Entscheidungen, die zu treffen sind, verknüpft.
Und, wenn man so will, ist der Startschuss für das Projekt schon gefallen: Der erste Teil eines digitalen Bildungspakets, ein Dossier zur Landshut, ist Anfang März online gegangen. Wir warten also nicht, bis alles fertig ist. Dieses Projekt ist so spannend, dass es in mehreren Etappen auf die Schiene kommt.
Wir führen das Gespräch auf dem Flughafengelände in Friedrichshafen. Was ist der Grund für Ihren Besuch?
Wir sind aktuell in der Phase der Standortanalyse und verfolgen zwei Ideen: eine innerstädtische Lösung und eine flughafennahe Lösung. Einen konkreten Standort gibt es aber noch nicht. Wir haben jetzt den Verwaltungsund Finanzausschuss der Stadt über die Bedingungen informiert, die ein solcher Standort braucht. Dort sind wir auf offene Ohren gestoßen. Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass man die konzeptionellen Ansätze eines Ortes der politischen Bildung nachvollziehen kann. Man hat sich zugehört und man hat damit eine Basis geschaffen, weitere Optionen durchzuspielen und zu diskutieren.
Welche Faktoren spielen bei der Standortsuche eine Rolle?
Eine der zentralen Fragen ist die Erreichbarkeit. Wir wollen einen möglichst breitenwirksamen Ansatz realisieren und da ist ein urbaner Raum, der bahnhofsnah ist, zu dem man aus dem Einzugsgebiet anreisen kann, natürlich sehr interessant. Gleichwohl muss die Landshut ja auch bewegt werden, sie braucht Platz, und wenn es den innerstädtischen Raum dafür nicht gibt, dann sind auch Optionen in Flughafennähe interessant. Allerdings entscheiden wir nicht allein, sondern müssen das über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die sich um Miet- und Verkaufsfragen kümmert, abwickeln.
Welche Aufgaben hat die neue Projektgruppe genau und von wo aus wird sie arbeiten?
Die Projektgruppe wird den ganzen Prozess von Bonn aus managen, aber wir ziehen auch weitere Fachleute hinzu. Wir haben kompetente Zeitgeschichtler, die sich mit den 1970er-Jahren beschäftigen, beispielsweise eine Expertin, die zu Flugzeugentführungen in der damaligen Zeit promoviert hat.
Wie sieht der weitere Zeitplan für das Projekt aus? Ist bereits ein Eröffnungstermin des Lernorts Landshut geplant?
Wir wollen noch in dieser Legislaturperiode, also bis Sommer 2025, den größten Teil des Projekts auf der Schiene haben. Wir sind mit dem digitalen Bildungspaket gestartet, als nächstes klären wir den konkreten Standort, parallel dazu wird das Flugzeug in seinem jetzigen Zustand konserviert und ein didaktisches Konzept sowie ein Ausstellungskonzept dazu entwickelt. Aber die Maschine wird, wenn es nach uns geht, viel eher zugänglich gemacht. Dazu braucht es aber den Standort und eine Konservierung der Maschine, sodass sie auch begehbar ist.
Nach einem Jahr Planung: Wird das Budget von 15 Millionen reichen oder besteht die Möglichkeit, dass doch die Stadt einspringen muss?
Wir gehen derzeit davon aus, dass das Budget reicht. Wir haben aber das Signal, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags uns unterstützt, falls Unvorhergesehenes auftaucht. Das sehen wir derzeit aber nicht. Das Projekt ist für zehn Jahre im Haushalt finanziert und der Bund wird sich danach nicht zurückziehen. Es steht nur noch nicht fest, ob das Projekt im Arbeitsbereich der bpb bleibt oder ob eine Stiftung oder ein Träger, vielleicht auch ein Landesträger, die Verantwortung übernimmt. Aber auch dann werden die Ressourcen vom Bund zur Verfügung gestellt.
In Friedrichshafen ist das Landshut-Projekt nicht unumstritten. Wie hat sich Ihrer Wahrnehmung nach die Stimmung verändert, seit die bpb das Projekt übernommen hat?
Wir hatten vor einem Jahr den Eindruck, dass das Projekt sehr kontrovers diskutiert worden ist und auch das eine oder andere Porzellan zerschlagen war. Das sind keine guten Voraussetzungen für so ein wichtiges Vorhaben. Wir haben deshalb versucht, zu sortieren, in Ruhe zu arbeiten und eine Basis zu schaffen, damit man konstruktiv mit diesem Projekt umgeht. So ein Projekt geht nicht gegen die Stadt, gegen die verschiedenen beteiligten Akteursgruppen. Deshalb ist unsere Devise, alle mitzunehmen. Es geht nicht darum, Leute auszuschließen oder Konflikte, die es im Vorfeld gab, fortzuschreiben. Das ist nicht unser Job, unser Job ist es, das Ding zum Gelingen zu bringen.