„Kirche trägt Hoffnung in die Welt“
Ernst-Wilhelm Gohl verbindet in der Mitte praktische Seelsorge und verantwortliche Leitung miteinander
Ernst-Wilhelm Gohl (58), Dekan des Kirchenbezirks Ulm und gleichzeitig Seelsorger am Ulmer Münster, ist in diesen Tagen dort anzutreffen, wo seine Hilfe, sein Rat, seine Erfahrung oder seine Kontakte für ukrainische Flüchtlinge gebraucht werden. Die Bilder, auf denen die im Vorraum des Münsters gestapelten Hilfsgüter zu sehen waren, machten deutlich: Hier ist ein Geistlicher unterwegs, der ganz praktische Gemeindearbeit und die verantwortliche Leitung großer Oragnisationen miteinander verbindet. Als Dekan wisse er, wie die Gemeinden in ihrer Unterschiedlichkeit ticken, sagt er. Nur mit diesem Wissen könne die Kirchenleitung die Gemeinden für Veränderungsprozesse gewinnen.
Gohl war zwölf Jahre lang im Raum Stuttgart Pfarrer, bevor er 2006 nach Ulm kam. Der verheiratete
Vater zweier erwachsener Kinder ist Sprecher des Gesprächskreises „Evangelium und Kirche“, der sich für Offenheit in der Kirche und unter anderem für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare einsetzt.
In der Landeskirche gebe es bereits einen vielversprechenden Prozess, der Kirche neu denke: „Er nimmt auch die Ergebnisse der aktuellen Studie zu den Kirchenaustritten auf.“Es mangele nicht an Erkenntnissen oder Ideen, sondern an der Umsetzung, sagt Gohl. Strukturen seien nicht um ihrer selbst willen da: „Kirche trägt Hoffnung in die Welt, wo sie die Menschen begleitet, tröstet und sich aktiv ins Gemeinwesen einbringt. Beim Durchzug durchs Schilfmeer teilt sich das Wasser erst, als die Ersten den Schritt ins Wasser wagen. Dazu will ich ermutigen.“
Im Fall seiner Wahl zum Bischof hält der Ulmer es für eine vordringliche Aufgabe, gerade distanzierte Kirchenmitglieder zu überzeugen, warum es wichtig und gut sei, der Kirche anzugehören. Gesellschaftliche Veränderungen – etwa der demografische Wandel und der Dialog der Religionen – müssten nicht bedrohlich sein. „Eine Kirche in der Tradition der Reformation geht solche Veränderungsprozesse zuversichtlich an“, sagt Gohl. (mö)