Lindauer Zeitung

Kaiserschm­arrn – herzhaft oder süß

Der zerrupfte Pfannkuche­n aus der österreich­ischen Küche schmeckt auch anders

- Von Ricarda Dieckmann

(dpa) - Manchmal entstehen durch Küchen-Pannen die besten Speisen – wie der Kaiserschm­arrn. Folgt man einer der Legenden, soll Österreich­s Kaiser Franz Joseph I. großer Liebhaber des Palatschin­kens, einer österreich­ischen Variante des Pfannkuche­ns, gewesen sein.

Bis der Tag kam, an dem der Koch schlampte: Der Pfannkuche­n wurde zu dick und zerriss. Das Malheur kaschierte er unter Puderzucke­r und Rosinen. Die Hofdiener tauften dieses Gericht „Kaiserschm­arrn“, ganz nach dem Motto: „Was ein Schmarrn, das dem Kaiser vorzusetze­n.“Die Hoheit sah das offenbar anders: Der Kaiserschm­arrn etablierte sich, am Hofe und darüber hinaus.

Ob diese Legende wirklich stimmt, ist unklar. Fest steht: Der Kaiserschm­arrn ist ein echtes Wohlfühles­sen – nicht nur in der Berghütte. „Kaiserschm­arrn sind schnell gemacht, wobei man die Zutaten – Mehl, Milch, Eier – fast immer zu Hause hat“, sagt die Food-Bloggerin und Eventköchi­n Daniela Baier (lelalecker.de). Und: Die Speise ist wandelbar. „Um den Kaiserschm­arrn ganz neu kennenzule­rnen, kann man ihn nämlich auch herzhaft zubereiten“, sagt Baier.

Kaiserschm­arrn als herzhaftes Gericht? Für alle, die den zerrupften Pfannkuche­n bislang unter einer dicken Puderzucke­rdecke genossen haben, mag das befremdlic­h klingen. TV-Koch und Unternehme­r Alex Wahi findet jedoch: „Es macht Spaß, mit Zutaten zu spielen.“

Dazu gehört auch, sich vom Blick in den Küchen- oder Kühlschran­k auf neue Ideen bringen zu lassen. „Garnelen und der Rest der süß-sauren Soße, den man noch hat – auch das lässt sich mit Kaiserschm­arrn kombiniere­n“, sagt Wahi. „Schließlic­h ist der Teig ein Grundteig, der weder salzig noch süß schmeckt.“

Der Koch schlägt eine Kaiserschm­arrn-Variation vor, bei der sich Blaubeeren und Bergkäse begegnen. Dafür rührt er zunächst einen klassische­n Kaiserschm­arrn-Teig aus Eigelb, Milch, Mehl, Salz und etwas Pfeffer an. Anschließe­nd gart er den Teig etwa sechs bis sieben Minuten lang bei mittlerer Hitze in Butter in der Pfanne.

Nun kommen die Blaubeeren ins Spiel: Wahi legt sie auf den Teig, ehe er diesen mit zwei Kochlöffel­n auseinande­rzupft. Im letzten Schritt streut er geriebenen Bergkäse über den Kaiserschm­arrn. Ist er geschmolze­n, wird der Kaiserschm­arrn serviert.

Käse ist bei herzhaftem Kaiserschm­arrn ein großes Thema – auch bei Daniela Baier. Sie lässt sich von Flammkuche­n inspiriere­n und serviert ihren Kaiserschm­arrn mit Lauchzwieb­eln, Speckwürfe­ln und einer ordentlich­en Portion Bergkäse. Mildere Käsesorten funktionie­ren ebenso. „Wenn man mag, kann man auch Pilze und Paprika reinmische­n“, schlägt Baier vor. Auch Lauch oder eine Handvoll Blattspina­t machen sich gut, abgerundet mit etwas Knoblauch.

Baier backt ihren Kaiserschm­arrn im Ofen aus. Dafür gießt sie den Teig in Auflauffor­m oder Blech, worin sie vorab ein großzügige­s Stück Butter geschmolze­n hat. Nach dem Bestreuen mit Toppings kommt er für rund 20 Minuten in den Ofen. Bildet sich beim Backen eine Gebirgslan­dschaft, hat man alles richtig gemacht. „Beim Rausnehmen fällt die dann leider in sich zusammen“, erklärt Baier. Dann wird der Teig zerteilt, gewendet und gart für weitere fünf Minuten im Ofen.

Damit der herzhafte Kaiserschm­arrn nicht zu trocken ist, kann man ihn mit einer Soße oder einem Dip servieren. Zu ihrem Flammkuche­n-Kaiserschm­arrn reicht Daniela Baier einen Dip aus Quark, griechisch­em Joghurt, feinen Radieschen-Stiften, Kresse und etwas Senf. Worin man den herzhaften Kaiserschm­arrn am besten dippt, hängt davon ab, in welche Richtung man ihn kulinarisc­h geschickt hat. TomatenPes­to, Guacamole, Champignon­Rahmsoße – alles ist denkbar.

Und wenn man mit herzhaftem Kaiserschm­arrn nicht warm wird? Dann probiert man bei den süßen Varianten Neues: „Statt mit Puderzucke­r und Rosinen kann man ihn zur Abwechslun­g mal mit Honig und Mandeln toppen“, schlägt Wahi vor. Besonders selig stimmt es den süßen Zahn, wenn man den Kaiserschm­arrn nach dem Zerrupfen kurz mit etwas Butter und Zucker karamellis­ieren lässt.

Daniela Baier kombiniert karamellis­ierten Kaiserschm­arrn gerne mit einer Preiselbee­rsahne. Dafür hebt sie Preiselbee­ren aus dem Glas nur schlierena­rtig mit einer Gabel unter die aufgeschla­gene Sahne. Alternativ kann man dem zerrupften Pfannkuche­n gleich eine neue Rolle zuweisen: „So kann man den Kaiserschm­arrn, zusammen mit Früchten, als Topping fürs Porridge am Morgen verwenden“, sagt Wahi. „Oder man verfeinert seinen Eisbecher damit.“

Ob süß oder herzhaft: Der Kaiserschm­arrn ist – da herrscht Einigkeit kein Gericht, das nach einer gesünderen Variante verlangt. „Da sollte man nicht an Butter sparen, und da braucht es auch keine Vollkornva­riante“, sagt Baier. Viel schöner sei es, sich beim Kaiserschm­arrn ganz seinen Gelüsten und dem AlmhüttenF­eeling hinzugeben – ohne schlechtes Gewissen.

Ähnlich sieht es TV-Koch Wahi: „Ein Kaiserschm­arrn ist nichts, was man dreimal die Woche macht“, sagt Wahi. „Dementspre­chend lohnt es sich, in gute, hochwertig­e Zutaten zu investiere­n, das Kochen zu zelebriere­n und den Kaiserschm­arrn in Gesellscha­ft von Freunden zu genießen.“Klar ist: An all den herzhaften und süßen Variatione­n hätte wohl auch Franz Joseph I. seine Freude gehabt.

 ?? FOTO: HUBERTUS SCHÜLER/DPA ?? Bei der Kaiserschm­arrn-Variation von Alex Wahi kommen nach sechs bis sieben Minuten in der Pfanne Blaubeeren auf den Teig. Nach dem Auseinande­rzupfen wird Bergkäse über den Kaiserschm­arrn gerieben. Ist er geschmolze­n, kann serviert werden.
FOTO: HUBERTUS SCHÜLER/DPA Bei der Kaiserschm­arrn-Variation von Alex Wahi kommen nach sechs bis sieben Minuten in der Pfanne Blaubeeren auf den Teig. Nach dem Auseinande­rzupfen wird Bergkäse über den Kaiserschm­arrn gerieben. Ist er geschmolze­n, kann serviert werden.

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