EU billigt Sanierungsplan für Flughafen
Kommission erteilt „beihilferechtliche Genehmigung“– Bald ist der Airport schuldenfrei
- Auf diese Nachricht hat nicht nur die Geschäftsführung des Bodensee-Airports sehnlichst gewartet: Die EUKommission hat am Freitag mitgeteilt, dass sie die finanzielle und strukturelle Neuausrichtung des Flughafens Friedrichshafen absegnet. Diese sogenannte beihilferechtliche Genehmigung war das letzte Steinchen im Insolvenzpuzzle des finanziell angeschlagenen Unternehmens. Bald kann der Regionalflughafen – nach Abschluss des Verfahrens vor dem Amtsgericht Ravensburg – schuldenfrei einen wirtschaftlichen Neustart wagen.
„Die Bundesrepublik Deutschland darf den Flughafen Friedrichshafen mit einer Umstrukturierungshilfe von 17,5 Millionen Euro unterstützen.“So steht es in der Mitteilung der EU-Kommission, auch wenn das Geld vor allem von der Stadt Friedrichshafen und dem Bodenseekreis kommt. Die Genehmigung von 11,3 Millionen Euro an Zuschüssen und 6,2 Millionen Euro durch die Abschreibung von Darlehen und Zinsen sei „im Rahmen der EU-Beihilfevorschriften“erfolgt, heißt es weiter. Die Maßnahme solle es dem Airport ermöglichen, „seinen Umstrukturierungsplan zu finanzieren und so seine langfristige Rentabilität wieder herzustellen“.
Die Beihilfe wendet laut EU negative Folgen für das Unternehmen und die Bürger in der Bodenseeregion ab, die eine endgültige Insolvenz des Flughafens ausgelöst hätte. Sie sei zudem verhältnismäßig, weil der Flughafen und seine Eigner (vor allem zu je knapp 40 Prozent Stadt und Kreis) mehr als die Hälfte der Umstrukturierungskosten trügen. Oberbürgermeister Andreas Brand kommentiert die Nachrichten aus Brüssel für den Gesellschafter Stadt Friedrichshafen so: „Die EU-Entscheidung ist ein positives Signal und ein wichtiger Schritt, um das Insolvenzverfahren hoffentlich bald beenden zu können.“
Geschäftsführer Wehr hofft, dass das noch diesen Monat passiert. Darüber müsse aber das Amtsgericht Ravensburg entscheiden. Der Flughafen-Chef lobte die „konstruktive Zusammenarbeit“mit den Gesellschaftern und das Engagement der Mitarbeiter. „Sie haben viel erlebt und viel mitgemacht. Dabei haben sie uns immer die Stange gehalten und den Flugverkehr stets sicher abgewickelt“, sagt Wehr. „Für meine Mitarbeiter freue ich mich besonders.“
Er bestätigt, dass der Bescheid aus Brüssel Auflagen enthält, die eine Wettbewerbsverzerrung vor allem mit Blick auf den Allgäu-Airport in Memmingen verhindern soll. Der Flughafen dürfe seine Kapazitäten vorerst nicht ausbauen, zum Beispiel durch eine weitere Landebahn, sagte Geschäftsführer Wehr. Bei den Flugrouten dürfe man dem Allgäu-Airport
während der Umstrukturierung ebenso keine zu große Konkurrenz machen. „Das haben wir aber auch nicht vor“, betonte Wehr. „Das wäre Harakiri, Memmingen Low-CostFlüge im großen Stil abjagen zu wollen.“
Am 3. Februar 2021 hatte Wehr einen Antrag auf ein Schutzschirmverfahren gestellt. Ein Wirtschaftsprüfer war zuvor zum Schluss gelangt, dass der Airport rechnerisch überschuldet ist. Um sich nicht dem Vorwurf
der Insolvenzverschleppung auszusetzen, musste Wehr den Weg zum Amtsgericht antreten. „Wir sind nicht insolvent“, betonte der Flughafenchef damals. „Es droht allerdings die Zahlungsunfähigkeit.“In der Folge wird Rechtsanwalt Alexander Reus zum zweiten Geschäftsführer berufen. Zudem bestellt das Amtsgericht Alexander Hubl zum Sachwalter, der vor allem die Interessen der Gläubiger vertreten soll.
Zentraler Punkt zur finanziellen
Umstrukturierung des Flughafens ist der Verkauf des rund 160 Hektar großen Flughafengrundstücks. Im Juli werden die Verträge zur Gründung einer Besitzgesellschaft unterzeichnet, an der sich der Bodenseekreis mit 40 Prozent beteiligt. 60 Prozent übernimmt die Luftschiffbau Zeppelin GmbH im Auftrag der Stadt Friedrichshafen. Der Erlös aus dem Grundstücksverkauf ist als Eigenbetrag des Flughafens zu seiner Finanzierung im jetzt abgeschlossenen
Prüfungsverfahren in Brüssel wichtig. Die Gläubigerversammlung segnet den Umstrukturierungsplan im Juli ab.
Gibt auch das Amtsgericht Ravensburg grünes Licht, ist das Insolvenzverfahren beendet – und der Flughafen schuldenfrei. Ob das Unternehmen seine Zukunft positiv gestaltet, hängt vor allem davon ab, ob und in welchem Maße der Flugverkerkehr nach Corona wieder an Höhe gewinnt.