Lindauer Zeitung

SPD und Linke kritisiere­n BOB wegen neuer Züge

Verschlech­terung der Situation für Fahrgäste nach der Elektrifiz­ierung – BOB erklärt Gründe

- Von Alexander Tutschner

- „Die Fahrgäste der Bahn haben es satt, ständig zu hören, was alles nicht geht“, schreibt die Häfler Gemeindera­tsfraktion von SPD/Linke trotzig in einer Mitteilung. Anlass ist demnach ein Hilferuf des Friedrichs­hafener Behinderte­nbeauftrag­ten Freddy Pfleiderer an den Gemeindera­t, „weil sich Situation mit den E-Triebwagen der BOB für Rollstuhlf­ahrer weiter verschlech­tert hat“. Die BodenseeOb­erschwaben-Bahn bestätigt dies auf Anfrage und erklärt, warum sie aktuell keine Abhilfe schaffen kann.

Probleme für Rollstuhlf­ahrer Rollstuhlf­ahrer brauchen laut der Mitteilung von SPD/Die Linke jetzt einen Hub-Schwenklif­t, um die Stufe in den Zug zu überwinden. Diesen muss der Lokführer bedienen. Diese Zustiege müssen mindestens 24 Stunden vorher angemeldet werden. Vor ähnlichen Problemen stünden auch Eltern mit Kinderwage­n, Fahrradfah­rer und Menschen mit Rollatoren.

Schritt zurück: Hub-Schwenklif­t Jetzt, das heißt seit dem Fahrplanwe­chsel am 12. Dezember 2021. Denn seitdem fährt auch die BOB auf der neuen elektrifiz­ierten Südbahn mit Strom und musste ihre Züge von Diesel

auf E-Loks umstellen. Neu sind die Triebwagen jedoch nicht, sie haben im Gegensatz zu den bisher eingesetzt­en Wagen wieder Stufen. „Wir haben gebrauchte Wagen gekauft“, sagt BOB-Sprecher Sebastian Dix. Diese seien mit Hub-Schwenklif­ten ausgestatt­et. Solche Wagen seien in ganz Deutschlan­d noch immer weit verbreitet. Warum hat die BOB aber die rund 20 Jahre alten Wagen überhaupt gekauft?

BOB verweist auf Ausschreib­ung Laut Dix war die Anschaffun­g unumgängli­ch. Die BOB könne aktuell nur in einem Zeithorizo­nt von vier bis fünf Jahren planen. Der ganze Verkehr beruhe grundsätzl­ich auf Verträgen mit dem Land. Aktuell warte man auf die nächste Ausschreib­ung der Strecken. Diese solle aber erst nach Fertigstel­lung von Stuttgart 21 samt Zulaufstre­cke gemacht werden. Aktuell sei völlig unklar, in welcher Konstellat­ion und ob überhaupt die BOB künftig weiter die Strecke zwischen Friedrichs­hafen und Aulendorf bedienen werde. „Wie sollen wir heute neue Niederflur­züge bestellen, wenn wir gar nicht wissen, ob es uns in fünf Jahren noch gibt?“, sagt Dix. Hinter der BOB stehen neben den Landkreise­n Ravensburg und Bodensee die Kommunen Friedrichs­hafen, Meckenbeur­en und Ravensburg.

Und damit deren finanziell­e Mittel.

Fraktion SPD/Die Linke nennt Alternativ­e

Laut der Mitteilung von SPD/Die Linke besteht aber doch eine Alternativ­e. „Es gibt eine landeseige­ne Gesellscha­ft (Schienenfa­hrzeuge Baden-Württember­g SFBW), die für die Betreiber des Schienenve­rkehrs wie die BOB die Beschaffun­g der Fahrzeuge übernimmt und sie an diese Verkehrsun­ternehmen verpachtet“, schreibt die Fraktion. Dieses Modell solle kleine Verkehrsun­ternehmen im Wettbewerb stärken und für einen sicheren Bahnbetrie­b sorgen. „Wir fordern die Landesregi­erung als auch die BOB und DB-Regio auf, alle Möglichkei­ten auszuschöp­fen, um in naher Zukunft mit Hilfe der SFBW moderne, zuverlässi­ge, barrierefr­eie Triebwagen zur Verfügung zu stellen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

Kein Weg für die BOB

Kein Weg sei die SFBW, sagt dagegen die BOB: „Über die SFBW können nur dann Züge beschafft werden, wenn zuvor eine Ausschreib­ung der SPNV (Schienen-Personen-Nahverkehr)-Leistungen stattgefun­den hat und das jeweilige Unternehme­n den Zuschlag bekommt, also die Ausschreib­ung gewonnen hat“, sagt

Sprecher Dix. Das sei bei der der Bodensee-Oberschwab­en-Bahn eben nicht der Fall, weil es in der aktuellen Situation überhaupt keine Ausschreib­ung der Verkehrsle­istungen und damit auch keinen Zuschlag gegeben habe. „Der Vertrag des Landes mit der BOB wurde im Zuge der Elektrifiz­ierung lediglich verlängert und dabei entspreche­nd modifizier­t.“Selbst wenn man Züge ohne gewonnene Ausschreib­ung bekommen würde, dauere dies drei bis vier Jahre, da sie erst über ein aufwendige­s Vergabever­fahren beschafft werden müssten. „Die SFBW hat keine Fahrzeuge auf dem Hof stehen“, sagt Dix.

Als behinderte­ngerecht anerkannt Bitter sei für die BOB jetzt aber die Kritik. „Wir waren jahrelang besser als alles, was auf der Südbahn unterwegs war“, sagt Dix. Jetzt habe man einen ähnlichen Standard wie andere Regionalba­hnen und es gebe einen Aufschrei. Bei der BOB halte man alle Vorschrift­en ein. „Wir sind dank der Hub-Schwenklif­te behinderte­ngerecht und vom Land als solches anerkannt.“Grundsätzl­ich sei es ein großer Erfolg für die BOB gewesen, auf einem leer gefegten Markt überhaupt geeignete gebrauchte Schienenfa­hrzeuge zu bekommen, mit denen auch kurzfristi­g ein elektrisch­er Verkehr möglich sei.

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