SPD und Linke kritisieren BOB wegen neuer Züge
Verschlechterung der Situation für Fahrgäste nach der Elektrifizierung – BOB erklärt Gründe
- „Die Fahrgäste der Bahn haben es satt, ständig zu hören, was alles nicht geht“, schreibt die Häfler Gemeinderatsfraktion von SPD/Linke trotzig in einer Mitteilung. Anlass ist demnach ein Hilferuf des Friedrichshafener Behindertenbeauftragten Freddy Pfleiderer an den Gemeinderat, „weil sich Situation mit den E-Triebwagen der BOB für Rollstuhlfahrer weiter verschlechtert hat“. Die BodenseeOberschwaben-Bahn bestätigt dies auf Anfrage und erklärt, warum sie aktuell keine Abhilfe schaffen kann.
Probleme für Rollstuhlfahrer Rollstuhlfahrer brauchen laut der Mitteilung von SPD/Die Linke jetzt einen Hub-Schwenklift, um die Stufe in den Zug zu überwinden. Diesen muss der Lokführer bedienen. Diese Zustiege müssen mindestens 24 Stunden vorher angemeldet werden. Vor ähnlichen Problemen stünden auch Eltern mit Kinderwagen, Fahrradfahrer und Menschen mit Rollatoren.
Schritt zurück: Hub-Schwenklift Jetzt, das heißt seit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2021. Denn seitdem fährt auch die BOB auf der neuen elektrifizierten Südbahn mit Strom und musste ihre Züge von Diesel
auf E-Loks umstellen. Neu sind die Triebwagen jedoch nicht, sie haben im Gegensatz zu den bisher eingesetzten Wagen wieder Stufen. „Wir haben gebrauchte Wagen gekauft“, sagt BOB-Sprecher Sebastian Dix. Diese seien mit Hub-Schwenkliften ausgestattet. Solche Wagen seien in ganz Deutschland noch immer weit verbreitet. Warum hat die BOB aber die rund 20 Jahre alten Wagen überhaupt gekauft?
BOB verweist auf Ausschreibung Laut Dix war die Anschaffung unumgänglich. Die BOB könne aktuell nur in einem Zeithorizont von vier bis fünf Jahren planen. Der ganze Verkehr beruhe grundsätzlich auf Verträgen mit dem Land. Aktuell warte man auf die nächste Ausschreibung der Strecken. Diese solle aber erst nach Fertigstellung von Stuttgart 21 samt Zulaufstrecke gemacht werden. Aktuell sei völlig unklar, in welcher Konstellation und ob überhaupt die BOB künftig weiter die Strecke zwischen Friedrichshafen und Aulendorf bedienen werde. „Wie sollen wir heute neue Niederflurzüge bestellen, wenn wir gar nicht wissen, ob es uns in fünf Jahren noch gibt?“, sagt Dix. Hinter der BOB stehen neben den Landkreisen Ravensburg und Bodensee die Kommunen Friedrichshafen, Meckenbeuren und Ravensburg.
Und damit deren finanzielle Mittel.
Fraktion SPD/Die Linke nennt Alternative
Laut der Mitteilung von SPD/Die Linke besteht aber doch eine Alternative. „Es gibt eine landeseigene Gesellschaft (Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg SFBW), die für die Betreiber des Schienenverkehrs wie die BOB die Beschaffung der Fahrzeuge übernimmt und sie an diese Verkehrsunternehmen verpachtet“, schreibt die Fraktion. Dieses Modell solle kleine Verkehrsunternehmen im Wettbewerb stärken und für einen sicheren Bahnbetrieb sorgen. „Wir fordern die Landesregierung als auch die BOB und DB-Regio auf, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um in naher Zukunft mit Hilfe der SFBW moderne, zuverlässige, barrierefreie Triebwagen zur Verfügung zu stellen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“
Kein Weg für die BOB
Kein Weg sei die SFBW, sagt dagegen die BOB: „Über die SFBW können nur dann Züge beschafft werden, wenn zuvor eine Ausschreibung der SPNV (Schienen-Personen-Nahverkehr)-Leistungen stattgefunden hat und das jeweilige Unternehmen den Zuschlag bekommt, also die Ausschreibung gewonnen hat“, sagt
Sprecher Dix. Das sei bei der der Bodensee-Oberschwaben-Bahn eben nicht der Fall, weil es in der aktuellen Situation überhaupt keine Ausschreibung der Verkehrsleistungen und damit auch keinen Zuschlag gegeben habe. „Der Vertrag des Landes mit der BOB wurde im Zuge der Elektrifizierung lediglich verlängert und dabei entsprechend modifiziert.“Selbst wenn man Züge ohne gewonnene Ausschreibung bekommen würde, dauere dies drei bis vier Jahre, da sie erst über ein aufwendiges Vergabeverfahren beschafft werden müssten. „Die SFBW hat keine Fahrzeuge auf dem Hof stehen“, sagt Dix.
Als behindertengerecht anerkannt Bitter sei für die BOB jetzt aber die Kritik. „Wir waren jahrelang besser als alles, was auf der Südbahn unterwegs war“, sagt Dix. Jetzt habe man einen ähnlichen Standard wie andere Regionalbahnen und es gebe einen Aufschrei. Bei der BOB halte man alle Vorschriften ein. „Wir sind dank der Hub-Schwenklifte behindertengerecht und vom Land als solches anerkannt.“Grundsätzlich sei es ein großer Erfolg für die BOB gewesen, auf einem leer gefegten Markt überhaupt geeignete gebrauchte Schienenfahrzeuge zu bekommen, mit denen auch kurzfristig ein elektrischer Verkehr möglich sei.