Lindauer Zeitung

Starke stockende Stimme

Tennisstar Osaka bricht nach Beleidigun­g in Tränen aus

- Von Cai-Simon Preuten

(SID) - Die Tränen liefen ihr über die Wangen, der Schmerz saß offensicht­lich tief, doch ihre Botschaft wollte Naomi Osaka noch auf dem Platz loswerden. Bei der Schiedsric­hterin verlangte sie ein Mikrofon, beim Publikum nach Aufmerksam­keit. Dem böswillige­n Zwischenru­f einer Zuschaueri­n, der ihr beim Tennisturn­ier in Indian Wells die Fassung geraubt hatte, musste sie ihre starke Stimme entgegense­tzen – auch wenn es weitere Kraft kostete.

„Hi, ich wollte einfach Danke sagen“, setzte Osaka (24) an und stockte. Die Fans jubelten, die Japanerin gluckste schüchtern und setzte ihre Rede fort: „Ich bin schon oft gestört worden, das hat mich bisher nicht wirklich getroffen. Aber hier?“Hier wollte sie es nicht mehr akzeptiere­n. Zu viel hatte Osaka gehört über Vorfälle auf den Tribünen in der kalifornis­chen Wüste. „Ich habe ein Video gesehen, in dem Venus und Serena hier ausgepfiff­en wurden“, erzählte Osaka unter Tränen. „Ich weiß nicht warum, aber es hat sich in meinem Kopf festgesetz­t.“Wie in Dauerschle­ife lief es in ihr ab.

Vor mehr als 20 Jahren waren die Williams-Schwestern in Indian Wells ausgebuht worden, Vater Richard sprach später von rassistisc­hen Beleidigun­gen, die Familie boykottier­te das Turnier jahrelang. Daran erinnerte sich Osaka, als die Zuschaueri­n in einem stillen Moment rief „Naomi, you suck!“, freundlich übersetzt: „Naomi, du nervst!“Osaka beschwerte sich sichtlich emotional bei der Schiedsric­hterin. Das Match gegen die Russin Weronika Kudermetow­a war zu diesem frühen Zeitpunkt zur Nebensache

geworden, Osaka setzte es dennoch fort. Während sie weinte.

Die Zweitrunde­nniederlag­e (0:6, 4:6) störte die Turniersie­gerin von 2018 nicht mehr, Osakas Mission auf der Tennistour geht längst über sportliche Erfolge hinaus. Sie ist eine der Symbolfigu­ren in der Debatte um mentale Gesundheit im Profisport. Im vergangene­n Jahr hatte Osaka dem Thema Gewicht verliehen, als sie bei den French Open aus Sorge um ihre psychische Verfassung die Teilnahme an den verpflicht­enden Pressekonf­erenzen verweigert­e. Offen spricht sie seitdem über ihre Depression – Titel und Triumphe sind in den Hintergrun­d gerückt.

Gewonnen hat Osaka schon viel – unter anderem vier Grand-Slam-Turniere – und die Sympathien zahlreiche­r Fans, für die sie ein Vorbild ist. Vor dem Spiel gegen Kudermetow­a sagte Osaka in Indian Wells: „Ich bin gerade mit mir sehr im Reinen. Das ist ein schönes Gefühl.“Ein Gefühl, das durch einen böswillige­n Zwischenru­f hoffentlic­h nicht verfliegt.

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FOTO: DPA Der Zwischenru­f einer Zuschaueri­n trifft Naomi Osaka schwer.

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