Lindauer Zeitung

Vom Teeniestar bis zu „Bad Banks“

Désirée Nosbusch erzählt ihr Leben und spart auch die dunklen Seiten nicht aus

- Von Caroline Bock

Wer weiß, wie das Leben von Désirée Nosbusch verlaufen wäre, wenn nicht Frank Elstner aus dem Fahrstuhl gekommen wäre. Damals war sie zwölf. Sie war fasziniert von einer Kindersend­ung bei Radio Luxemburg und durfte mit einer Freundin den Sender besuchen. Dort begegnete sie Elstner, der sich die Nummer des sprachbega­bten Mädchens notierte, das später selbst Sendungen moderieren durfte. Als Erstes interviewt­e sie „Winnetou“Pierre Brice.

So begann in den 1970er-Jahren in der Kinderreda­ktion von Radio Luxemburg die Karriere von Désirée Nosbusch. Heute ist die Moderatori­n und Schauspiel­erin 57 Jahre alt und hat mit dem Journalist­en Jochen Siemens ein Buch über ihr Leben geschriebe­n: „Endlich noch nicht angekommen“.

Bei Prominente­n ist es oft eine Frage der Generation, wofür man sie kennt. Die Älteren denken bei Nosbusch auch an früher, an Sendungen wie die ZDF-„Musicbox“. Sie war einer der Teeniestar­s aus der „Bravo“. Bei den Jüngeren fällt der Groschen eher bei der Serie „Bad Banks“. Da spielte Nosbusch eine eiskalte Bankerin, das war ihr großes Comeback. Bei Grand-Prix-Fans ist legendär, wie sie die Show 1984 in fünf Sprachen moderierte.

Was man noch im Buch erfährt: Sie hatte eine eigene Sendung im französisc­hen Fernsehen, drehte mit den Taviani-Brüdern in Italien. Als Vorbereitu­ng für einen französisc­hen Film wusch sie in einem Pariser Promi-Salon den Leuten die Haare. Sie flog so viel um die Welt, dass ihre Tochter dachte, sie sei Stewardess. Für „Bad Banks“lernte sie, was Derivate und Leerverkäu­fe sind. In

Luxemburg schleuste sie sich über Beziehunge­n einen Tag in eine der Großbanken ein – mit dicker Brille und falschen Zähnen verkleidet.

Was für ein sensibler Mensch sie ist, spiegelt sich, wenn sie die Tanne im Garten der Eltern beschreibt, die so alt ist wie sie selbst. Mittlerwei­le ist der Baum riesig hoch gewachsen. „Wenn ich an ihm hinaufsehe und den dicken Stamm umarme, mag ich aber nicht darüber nachdenken, dass er wahrschein­lich länger auf der Welt bleiben wird als ich selbst.“

Ihre luxemburgi­sch-italienisc­he Familie beschreibt sie liebevoll. Die Geräusche ihrer Kindheit waren das Surren der mütterlich­en Nähmaschin­e und Dieselmoto­ren. Der Vater war LkwFahrer. Sie wusste schon früh, wo der Vergaser sitzt oder wie man einen Reifen wechselt, sie lernte auch reiten, Zement anmischen und Klavier spielen. Dann der Durchbruch als Teeniestar. Sie bekam Waschkörbe voller Post.

Ihre jungen Jahre haben eine sehr dunkle Seite, die ihr bis heute einen Kloß im Hals verursacht, wie Nosbusch schreibt. Sie erzählt von einem 30 Jahre älteren Mann, der als ihr Manager auftrat und behauptete, sie seien ein Paar, was sie nicht gewesen seien. Nosbusch nennt seine Funktion, aber nicht seinen Namen. „Dieser Mann hat mich vergewalti­gt. Ich weiß noch, wo und wann. Ich wollte es nicht, und was Liebe war, wusste ich nicht.“Es seien Jahre voller Qualen gewesen. „Ich moderierte und drehte so viel es ging, weil ich dann von ihm entfernt sein konnte.“Erst Jahre später konnte sie sich demnach lösen, sie flog Hals über Kopf nach Italien zu ihrer Familie.

Bei Biografien von Prominente­n stellt sich oft die Frage, warum man sie lesen sollte. Nosbusch trifft mit ihrem Buch anekdotenr­eich die Welt der um die 55-Jährigen, die ohne Internet und mit nur drei Programmen im Fernsehen aufgewachs­en sind. Dazu gibt es eine Menge Stoff aus der Welt hinter den Kulissen von Film, Theater und Fernsehen. Ihr Weg zeigt: Auch mit jenseits der 50 kann es noch jede Menge neue Perspektiv­en geben. (dpa)

Désirée Nosbusch: Endlich noch nicht angekommen, 352 Seiten, Ullstein Verlag, 22,99 Euro.

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FOTO: DPA Désirée Nosbusch hat ein Buch über ihr Leben geschriebe­n.
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