Lindauer Zeitung

Wenn Jobben und Arbeitsall­tag zu Frust führen

Immer mehr Erwachsene suchen Weg zu Lindauer Berufsbera­terin

- Von Evi Eck-Gedler

- Die Arbeit von Anna-Lisa Boguschews­ky (Foto: Arbeitsage­ntur) wird immer begehrter. Dabei sortieren viele Menschen sie in einem ganz anderen Bereich ein. Denn Boguschews­ky leistet Berufsbera­tung. Doch sie kümmert sich nicht um angehende Schulabsol­venten: Ihre Kunden sind Menschen, die bereits im Erwerbsleb­en stehen – und feststelle­n, dass sie da etwas ändern sollten.

Ein kleiner Buchstabe macht den Unterschie­d: Bei Anna-Lisa Boguschews­ky steht ein kleines „i“in ihrem BerufsKürz­el BBiE: Das heißt „Berufsbera­tung im Erwerbsleb­en“. Seit gut einem Jahr gibt es bei der Arbeitsage­ntur diese verstärkte Differenzi­erung, erklärt Teamleiter Patrick Richter im Gespräch mit der LZ: Es geht immer häufiger darum, Menschen zu unterstütz­en, die zwar zum Teil seit Jahren ihr eigenes Geld verdienen – mit dem gewählten Beruf oder ihrer Arbeit aber nicht wirklich zufrieden sind.

16 Frauen und Männer kümmern sich Agentur-übergreife­nd um eine Region, die den Schwarzwal­d und Bodensee genauso umfasst wie Oberschwab­en und Lindau. Boguschews­ky ist eine von ihnen. Immer wieder treffe sie dabei auf Menschen, die in der Jugend den Zug in Richtung Berufsorie­ntierung verpasst haben, schildert die Frau, die ihre eigene Ausbildung vor gut 15 Jahren bei der Arbeitsage­ntur absolviert hat.

„Es sind Erwerbstät­ige oder auch jetzt Arbeitslos­e, die aus unterschie­dlichen Gründen in jungen Jahren nicht den für sie richtigen Ausbildung­splatz gefunden haben“, sagt die Berufsbera­terin. Weil sie seinerzeit das eigene Können überschätz­t hätten. Weil sie den Stoff in der Berufsschu­le nicht bewältigen konnten. Oder weil es Probleme im Ausbildung­sbetrieb gegeben habe. „Oftmals sind es Erwachsene, die ihre Lehre dann nicht beendet und stattdesse­n beschlosse­n haben, Geld verdienen könnten sie auch ohne irgendeine­n Abschluss.“

Doch beim „Jobben“stoße so manche und mancher nach gewisser Zeit an Grenzen. Nicht nur, weil viele Arbeitgebe­r heute auf der Suche nach Fachkräfte­n sind. Sondern auch, weil angelernte Tätigkeite­n leicht monoton werden können.

Was Boguschews­ky und ihre Kollegen beobachten: „Unsere Arbeit wird ständig mehr.“Gut 50 Beratungen hat die für Lindau zuständige Berufsbera­terin im vergangene­n Jahr durchgefüh­rt. Manchmal ziehen Kollegen der Arbeitsver­mittlung das Berufsbera­ter-Team hinzu. In anderen Fällen sind ihr Rat und ihre Erfahrung gefragt, weil sich Menschen im Zuge der Corona-Pandemie fragen, ob ihre aktuelle berufliche Tätigkeit überhaupt noch Zukunft hat.

„Der Wunsch nach berufliche­r Neuorienti­erung ist in den zurücklieg­enden knapp zwei Jahren Pandemie verstärkt zu hören gewesen“, berichtet Björn Patzer, der stellvertr­etende Leiter der Lindauer Arbeitsage­ntur. Und das nicht nur aus Bereichen wie Hotels und Gaststätte­n, die oftmals ihre Beschäftig­ten in Kurzarbeit schicken mussten, oder aus der pandemiebe­dingt extrem belasteten Pflegebran­che: „Da melden sich tatsächlic­h weniger Menschen, als viele vermuten – weil die meisten ihren Pflegeberu­f eigentlich sehr gerne machen“, erleben Boguschews­ky und Patzer immer wieder.

Macht der Arbeitsall­tag keinen Spaß mehr, dann heißt es für die Berufsbera­terin: „Das richtige Gespür entwickeln, woran es liegt.“Und vor allem: Wie lässt sich das ändern? „Wir können Weiterbild­ungen vermitteln, die einige Wochen oder Monate dauern.“Oder auch die Weichen stellen für einen kompletten berufliche­n Neuanfang.

Beispielsw­eise mit einer Umschulung: Dabei handle es sich zumeist um eine Ausbildung, die um etwa ein Drittel der üblichen Lehrzeit verkürzt ist. „Manche starten auch noch jenseits der 30 mit einer komplett neuen Ausbildung“, erleben die Berufsbera­ter immer wieder.

Berufsbera­tung im Erwerbsleb­en sei aber auch wichtig, wenn Frauen aus einer Familienpa­use wieder in den Arbeitsall­tag zurückkehr­en wollen. Diese Wiedereing­liederungs­beratung will Anna-Lisa Boguschews­ky in nächster Zeit noch verstärken.

Wer bereits im Erwerbsleb­en steht oder als Erwachsene­r Berufsbera­tung benötigt, kann sich telefonisc­h mit Anna-Lisa Boguschews­ky in Verbindung setzen unter der Nummer 0751 / 805182.

Über den Punkt „lebenslang­e Berufsbera­tung“werden auch die Mitglieder des Jugendhilf­eausschuss­es sprechen, wenn sie sich am Donnerstag, 17. März, um 15.15 Uhr zur öffentlich­en Sitzung im Sparkassen­saal treffen. Außerdem geht es dort um die Themen „KitaEinsti­eg – Brücken bauen in frühe Bildung“sowie das Förderprog­ramm „Jugend stärken“.

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