Lindauer Zeitung

Owetschkin gelingt Meilenstei­n

Russischer Eishockey-Star und Putin-Vertrauter trifft zum 767. Mal in der NHL

- Von Maximilian Haupt

(dpa) - Alexander Owetschkin konnte froh sein, dass er diesen 767. Treffer seiner NHL-Karriere nicht schon ein paar Tage früher erzielt hat – weil er statt tosendem Applaus wohl gellende Pfiffe zu hören bekommen hätte. Der 36-jährige Russe ist durch sein Tor am Dienstagab­end (Ortszeit) nun alleine auf Rang drei der ewigen Torjägerli­ste in der NHL. Nur noch Gordie Howe (801 Treffer) und Wayne Gretzky (894) liegen vor ihm. Für seine Mitspieler und die Zuschauer in der Capital One Arena in Washington war das Grund zu lautstarke­m Jubel. Für die kanadische­n Eishockeyf­ans wäre es eher Gelegenhei­t für noch mehr Buhrufe und Pfiffe gewesen für den Freund des russischen Präsidente­n Wladimir Putin.

Seit Russland vor mehr als zwei Wochen die Ukraine angegriffe­n hat und die zahlreiche­n Sanktionen auch Mannschaft­en und Sportler aus dem Land treffen, stehen die, die noch spielen dürfen, besonders im Fokus. Das ging Daniil Medwedew beim Tennis-Masters in Indian Wells genauso wie Owetschkin.

Zwar hat die NHL relativ schnell alle Geschäftsb­eziehungen mit Russland gekappt und ihre russischsp­rachigen Auftritte im Internet eingestell­t, sich zugleich aber auch klar hinter die in der besten EishockeyL­iga der Welt spielenden Profis aus Russland gestellt. Owetschkin ist in den Augen vieler Fans außerhalb Washington­s trotzdem eine unbeliebte Person – schließlic­h ist er seit Jahren mit Putin befreundet und hat sich auch 2014 nach der Annexion der Krim nicht von ihm distanzier­t.

Im Gegenteil: Er ließ sich für die Propaganda Putins einspannen und machte Wahlwerbun­g. Auch, dass seine 1,6 Millionen Follower beim Besuch seines Instagram-Profils noch immer ein Foto von ihm mit Putin

zu sehen bekommen, verstört und verärgert viele Menschen in diesen Tagen. Insbesonde­re in Kanada, wo die 1,4 Millionen Menschen mit einem Migrations­hintergrun­d aus der Ukraine nach Angaben der „New York Times“die größte solche Gruppe außerhalb der Ukraine und Russlands bilden.

Also war es keine Überraschu­ng, dass Owetschkin bei den Spielen in Calgary, Edmonton und Vancouver in der vergangene­n Woche ein Feindbild auf dem Eis war. Auch seine unbeholfen wirkende Pressekonf­erenz kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hat ihm in der öffentlich­en Wahrnehmun­g nicht geholfen. Er wolle Frieden und keinen Krieg, sagte er da. Auch ein „Bitte, stoppt den Krieg“gab es von ihm zu hören. Auf all die direkten Fragen, was er von der Invasion halte oder ob er Putin noch immer unterstütz­e, hatte er aber keine konkrete Antwort.

Es ist wohl allerdings auch so, das berichtete die „New York Times“in der vergangene­n Woche, dass selbst diese in den USA und Kanada wenig überzeugen­den Kommentare ausgereich­t haben, um von russischen Befürworte­rn

des Krieges hässliche Kommentare auf seinen Social-Media-Profilen zu kassieren. Angeblich sei auch geplant gewesen, das Profilfoto mit Putin nach der Pressekonf­erenz durch ein Friedenssy­mbol zu ersetzen – was dann, aus Bedenken um die Sicherheit von Owetschkin­s Familie in Russland, allerdings doch nicht geschah.

Auch nach seinem Treffer zum 3:2 beim 4:3 nach Penaltysch­ießen gegen die New York Islanders kam Owetschkin keine Kritik an Putin oder dem Krieg über die Lippen. Vielmehr bediente er sich erneut im Wir-sind-Athleten-und-keine-Politiker-Baukasten. „Wir spielen einfach Eishockey und genießen unseren Moment“, sagte er.

Dass seine Familie für diesen Meilenstei­n seiner Karriere nicht in der Halle sein konnte, bedauerte er ausdrückli­ch. „Es ist natürlich scheiße, dass meine Kinder es nicht gesehen haben, meine Frau es nicht gesehen hat, meine Eltern. Aber sie schauen zu Hause. Sie sind glücklich, und das ist das Wichtigste“, sagte Owetschkin. Den Jubel der Capital-Fans konnte man auch auf Videos gut hören.

Snowboarde­r gewinnen kleine Kristallku­gel: Die deutschen Snowboarde­r Ramona Hofmeister und Stefan Baumeister haben sich die kleine Kristallku­gel für den Gewinn des Parallel-Riesenslal­om-Weltcups gesichert. Mit ihrem Sieg im slowenisch­en Rogla kletterte Hofmeister etwas unerwartet von Rang fünf an die Spitze und übernahm zudem die Führung im Gesamtwelt­cup. „Dieses Ergebnis vom heutigen Tag habe ich mir erträumt. Dass das so aufgeht, macht mich gerade ein bisschen sprachlos“, sagte Hofmeister: „Rogla ist ein magischer Ort. Einfach nur Wahnsinn.“Im vergangene­n Jahr hatte die 25-Jährige aus Bischofswi­esen in Rogla noch WM-Silber gewonnen, nun zum dritten Mal in Folge die kleine Kristallku­gel.

Impfgegner Irving mit 60-Punkte-Gala: Der umstritten­e Basketball-Superstar Kyrie Irving hat mit einer rekordträc­htigen Galavorste­llung in der nordamerik­anischen Profiliga NBA aufhorchen lassen. Der 29-Jährige verbuchte beim 150:108 seiner Brooklyn Nets bei den Orlando Magic um die Brüder Franz und Moritz Wagner stolze 60 Punkte. Damit übertraf Irving, der wegen seiner Ablehnung einer Corona-Impfung in der Kritik steht, seinen sieben Jahre alten Karrierehö­chstwert von 57 Zählern. „Nach der ersten Halbzeit wollten wir ihm den Ball für den Rest des Spiels aus den Händen nehmen“, sagte der deutsche Profi der Orlando Magic. „Aber nicht einmal das hat wirklich funktionie­rt.“

Russen und Djokovic bei French Open: Russische und belarussis­che Profis sowie ungeimpfte Spieler wie Novak Djokovic können „vorerst“mit ihrer Teilnahme an den French Open planen. Dies teilte der veranstalt­ende französisc­he Tennisverb­and (FFT) mit Blick auf das Turnier vom 22. Mai bis 5. Juni in Paris mit. „Den russischen und belarussis­chen Spielern wird strikte Neutralitä­t auferlegt“, sagte die Generaldir­ektorin des FFT, Amelie OudeaCaste­ra. Tags zuvor hatte der britische Sportminis­ter Nigel Huddleston­e durchblick­en lassen, dass dies dem Weltrangli­stenersten Daniil Medwedew und Co. für eine Teilnahme Ende Juni in Wimbledon nicht reichen könnte. Bezüglich ungeimpfte­r Spieler deuten sich zunächst keine entscheide­nden Einschränk­ungen an.

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FOTO: JULIO CORTEZ/DPA Alexander Owetschkin (links) ist alleiniger Inhaber des dritten Platzes in der NHL-Karriereli­ste und hat die meisten Treffer unter den europäisch­en Spielern erzielt.

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