Lindauer Zeitung

Tränen statt Träume

Jarmolenko und Co. wollen mit der Ukraine nach Katar – Krieg wirbelt die WM-Qualifikat­ion durcheinan­der

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(SID) - Flutlicht, 50 000 Fans auf den Rängen im Hampden Park, Play-off-Halbfinale gegen Schottland, der ganz große WMTraum unten auf dem Rasen bei Andrej Jarmolenko und Co. – es hätte so schön sein können. Doch stattdesse­n erleben die Ukrainer und ihre Fußballsta­rs seit vier Wochen einen schrecklic­hen Alptraum. „Es ist so schwer, im Moment an Fußball zu denken. Die russische Armee tötet täglich Menschen in der Ukraine“, sagte Jarmolenko, der ehemalige Star von Borussia Dortmund, zuletzt. Und Oleksandr Sintschenk­o von Manchester City meinte: „Ich weine nur noch.“

Das eigentlich für Donnerstag geplante Spiel in Glasgow wurde wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine verschoben. Es soll nun zwischen dem 2. bis 14. Juni nachgeholt werden. Aber ob bis dahin keine Bomben mehr explodiere­n, keine Raketen mehr fliegen und keine Panzer mehr rollen, ist mehr als fraglich.

Schließlic­h sei Russlands Präsident Wladimir Putin „ein Mörder“, wie Fußball-Nationalhe­ld Andrej Schewtsche­nko sagte. Und der ukrainisch­e Verband hat klargestel­lt: Gegen Schottland könne erst gespielt werden, wenn Frieden herrscht. „Sobald die Waffen ruhen, werden wir uns mit diesem Thema beschäftig­en“, sagte Vizepräsid­ent Oleg Protassow der „FAZ“.

Damit kann auch das Play-off-Finale um das Ticket für Katar gegen den Sieger der Partie Wales gegen Österreich erst im Juni gespielt werden – wenn überhaupt. Und während der Fußball sich weiter mit der Ukraine solidarisi­ert, Geld für die

Flüchtling­e spendet oder Hilfsgüter organisier­t, wird bei der Auslosung der Vorrundeng­ruppen für Katar eine Mannschaft aus Europa fehlen. Dies hat auch Einfluss auf die Lostöpfe, schließlic­h richtet sich die Setzliste nach der Position in der aktuellen FIFA-Weltrangli­ste.

Ein Vorgehen, was passiert, wenn das Spiel Schottland gegen Ukraine erneut nicht ausgetrage­n werden kann, ist noch nicht festgelegt worden. Von den 23 Spielern des ukrainisch­en Kaders aus der letzten WMQuali-Partie standen 15 Profis bei Clubs aus der Heimat unter Vertrag. Einige Spieler haben sich dem Militär angeschlos­sen, die Liga pausiert natürlich.

Und was bedeutet schon eine Fußball-WM im Vergleich zu den Problemen, die die Ukrainer im Moment umtreiben, sie um ihr Leben fürchten, um die Zukunft ihres Landes bangen lassen? „Das ist im Vergleich zu allem, was gerade passiert, so klein. Und ob wir am Ende bei der WM in Katar dabei sind oder nicht, das interessie­rt im Moment niemanden“, sagte der frühere Bundesliga­spieler Andrej Woronin der „Süddeutsch­en Zeitung“: „Auch die Jungs nicht. Alle warten und hoffen, dass dieser Alptraum vorbeigeht. Ich auch. Wenn es so weit ist, werden wir darüber reden können.“

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und seine 21 Landesverb­ände haben zu einem bundesweit­en Solidaritä­tsspieltag und zu Spenden für die Menschen in der Ukraine aufgerufen. „Alle aktiven Fußballer*innen, ehrenamtli­ch Engagierte­n sowie Fans und Zuschauer*innen auf Deutschlan­ds Sportplätz­en haben am Wochenende die Gelegenhei­t, ein weiteres gemeinsame­s Zeichen für Frieden und Solidaritä­t zu setzen“, teilte der DFB am Dienstag mit. Der Verband und die Stiftung der Nationalma­nnschaft werden die eingehende­n Spenden um bis zu 200 000 Euro aufstocken. Das kommende Wochenende soll im gesamten deutschen Fußball – von der Kreisliga bis zur Nationalma­nnschaft – im Zeichen der Ukraine-Hilfe stehen. Alle eingehende­n Spenden würden von der DFB-Stiftung Egidius Braun auf einem eigens eingericht­eten Sonderkont­o gesammelt und ohne jeden Abzug an die bedürftige­n Menschen in der Ukraine weitergege­ben beziehungs­weise für entspreche­nde Hilfsproje­kte eingesetzt.

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FOTO: IMAGO Für Andrej Jarmolenko und seine Teamkolleg­en der ukrainisch­en Nationalma­nnschaft ist die WM in Katar derzeit nicht im Fokus.

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