Lindauer Zeitung

Klitschko spricht von Genozid

Kiews Bürgermeis­ter ruft in Videokonfe­renz mit der Partnersta­dt München zu Wirtschaft­sboykott Russlands auf

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(dpa) - Der Bürgermeis­ter der ukrainisch­en Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hat den russischen Angriff auf sein Land als Völkermord bezeichnet. „Das ist ein Genozid“, sagte der 50 Jahre alte ehemalige Profiboxer am Mittwoch in einer Live-Schalte mit dem Stadtrat der Kiewer Partnersta­dt München. „Die vernichten die Zivilbevöl­kerung, die vernichten unser Land.“

Seine Stadt werde mit Raketen beschossen, die „in einem Radius von 500 Metern jedes menschlich­e Leben“töteten, sagte Klitschko. „Die Raketen landen mitten in der Stadt.“Das sei kein Angriff auf das Militär, sondern auf die Bevölkerun­g. Tausende Menschen seien bereits gestorben, Tausende werden noch sterben, so Klitschko.

Klitschko sprach auch von „riesigen Verlusten“aufseiten der Russen und von „70 Tonnen“Leichen, die zurück nach Russland gebracht worden seien. Die Russen, so sagte er, zählten die Leichen nicht, sondern gäben nur ein Gesamtgewi­cht an.

Auch er, dessen erste Sprache Russisch war, sei „mit Propaganda aufgewachs­en“, sagte er. Erst seine zahlreiche­n Reisen in den Westen hätten ihm gezeigt, wie falsch das Bild gewesen sei, das die sowjetisch­e Führung ihren Bürgern damals vermittelt habe. „Wir haben gar nichts gegen Russland“, betonte Klitschko, „aber wir haben sehr viel gegen eine aggressive russische Politik“.

Er rief Deutschlan­d auf, Wirtschaft­sbeziehung­en zu Russland einzustell­en, auch wenn das schwierig sei. „Russland investiert jeden Euro, jeden Cent, in seine Armee.“Es sei nicht möglich, die Ukraine zu unterstütz­en und gleichzeit­ig freundlich zu Russland zu sein. „Es geht für uns ums Leben.“

Der Bürgermeis­ter von Kiew bat um Unterstütz­ung. „Wir kämpfen nicht für unsere Stadt und für unser Land, wir kämpfen heute für Werte und Prinzipien, die gerade von den Russen gebrochen werden“, sagte

Klitschko. „Wir kämpfen auch für euch, für jeden in Deutschlan­d.“Klitschko betonte: „Wir sind Europäer.“

Das Ziel des russischen Präsidente­n Waldimir Putin sei, ein großes, russisches Imperium aufzubauen: „Diese Ambition ist viel wichtiger als lebende Menschen und viel wichtiger als die Ruhe in Europa.“Klitschko warnte: „Wir wissen nicht, wo die Ambitionen Putins enden.“

Der Stadtrat antwortete mit einer Schweigemi­nute für die Opfer des russischen Angriffskr­ieges auf die Ausführung­en Klitschkos, von denen der Münchner Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) sich tief berührt zeigte. Dass München die Partnersta­dt Kiews ist, war auch einer der Gründe, warum Reiter den russischen Dirigenten und Putin-Freund Waleri Gergijew zu einer Stellungna­hme gegen den Krieg aufgeforde­rt und ihn dann rausgeworf­en hatte, als sie ausblieb.

Vor rund zwei Wochen waren Vitali Klitschko, der seit 2014 Bürgermeis­ter von Kiew ist, und sein Bruder Wladimir schon per Live-Schalte zu Gast in der Sitzung des Würzburger Stadtrats.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA „Die Raketen landen mitten in der Stadt“: Vitali Klitschko, Bürgermeis­ter von Kiew, spricht per Videoschal­te im Münchner Stadtrat.

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