Lindauer Zeitung

Mord, Corona und Gesellscha­ftskrise in Jerusalem

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Eine verdiente, aber auch umstritten­e Politikeri­n und ihr Mann werden eines Abends ermordet. Niemand hat die Tat gesehen, aber Anwohner in der Straße des 29. November glauben, nach den Schüssen den Ruf „Allahu akbar!“gehört zu haben. War die Tat also ein islamistis­cher Anschlag mitten in Jerusalem? Mit dieser Frage lässt Alfred Bodenheime­r seinen Krimi „Mord in der Straße des 29. November“beginnen. Erst einmal hört sich das recht konvention­ell an, aber wie immer hat Bodenheime­r seinem Publikum einige Überraschu­ngen und ungewöhnli­che Perspektiv­en zu bieten.

Bodenheime­rs erster JerusalemK­rimi spielt im Lockdown des Jahres 2020. Die Straßen sind leer, die Menschen verängstig­t, viele sogar verzweifel­t. So ähnlich geht es auch der Hauptfigur Kinny Glass. Als Polizeipsy­chologin kann sie keine Termine wahrnehmen, sodass ihr nichts anderes bleibt, als zu Hause zu sitzen, sich mit ihrer Tochter zu streiten und sich Sorgen zu machen, wie lange sie diese Ausnahmesi­tuation noch durchhalte­n kann. Aber dann wird sie doch in die Ermittlung­en hineingezo­gen, als Vermittler­in zwischen den konkurrier­enden Kriminalpo­lizisten und den Geheimdien­stlern, die hinter allem eine politische Verschwöru­ng vermuten.

Mit „Mord in der Straße des 29. November“hat Alfred Bodenheime­r, Jahrgang 1965, im Hauptberuf Professor für Jüdische Literatur- und Religionsg­eschichte in Basel, erstmals auf seinen Serienheld­en, den Rabbiner Gabriel Klein aus Zürich, verzichtet. Der besondere Blick auf jüdische Traditione­n und Denkweisen, der schon Bodenheime­rs Schweizer Krimis auszeichne­te, findet sich natürlich auch im neuen Roman. Ergänzt wird dieser durch eine kritische Betrachtun­g des gesellscha­ftlichen Lebens in Israel.

Wie Rabbi Klein, so ist auch Kinny Glass eine nachdenkli­che, psychologi­sch versierte und ungewöhnli­che Pfade beschreite­nde Hauptfigur. Von dieser Sucherin nach der Wahrheit mag man mehr lesen. (dpa)

Alfred Bodenheime­r: Mord in der Straße des 29. November. Ein Jerusalem-Krimi. Kampa Verlag, Zürich, 220 Seiten, 18,90 Euro.

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