Rechtsmedizinerin betont Brutalität der Tat
Prozess nach Vergewaltigung geht weiter – Verletzungen des Opfers hatten lebensbedrohliche Auswirkungen
- Wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung einer 85-jährigen Frau aus Weingarten ist mit der Aussage einer Rechtsmedizinerin weitergegangen. Ihr Gutachten zeigte am Montag, dem zweiten Prozesstag, das Ausmaß der Brutalität dieser Tat. Ein 31-Jähriger muss sich dafür vor dem Landgericht Ravensburg verantworten.
Die Vergewaltigung am Morgen des 14. August hatte der Angeklagte zu Beginn der Verhandlung bereits umfassend gestanden. Laut Staatsanwaltschaft soll der 31-Jährige die Seniorin mit einer Bierflasche auf den Kopf geschlagen, sie eine drei Meter tiefe Böschung hinuntergestoßen und vergewaltigt haben. Doch noch ist nicht klar, ob der 31-Jährige vermindert schuldfähig oder gar schuldunfähig ist. Er sei nach eigenen Angaben ein psychisch kranker Mensch und höre Stimmen.
Eine Zeugin, die mit ihrem Hund am Morgen des 14. August spazieren gehen wollte und nur etwa zehn Meter vom Tatort entfernt wohnt, sagte aus, sie habe Hilferufe gegen neun Uhr morgens gehört und daraufhin die Polizei alarmiert. Die Seniorin selbst habe sie wegen des dichten Gebüschs nicht sehen können. Erst als die Polizei und die Feuerwehr am Tatort ankamen, gelang es, die 85Jährige zu bergen.
Vier Tage lang lag die Seniorin nach Angaben der rechtsmedizinischen Gutachterin nach der Tat auf der Intensivstation. Sie habe eine Platzwunde am Kopf und eine Vielzahl an Blutergüssen und Blutungen am ganzen Körper erlitten. Außerdem habe die 85-Jährige fast alle Rippen, das Brustbein, die Nase gebrochen und einen Milzriss erlitten. Die Rippenbrüche seien so massiv gewesen, dass die Seniorin nur schwer atmen konnte. Diese Verletzung habe lebensbedrohliche Auswirkungen gehabt.
Die Verletzungen seien nach Ansicht der Gutachterin nicht ausschließlich mit dem Sturz den Abhang hinunter zu erklären. Stumpfe Gewalt sei die Ursache gewesen, insbesondere für die Brüche der Rippen und des Brustbeins.
Bei der Schilderung der Verletzungen seines Opfers saß der 31-Jährige in sich gekauert und scheinbar teilnahmslos auf der Anklagebank.
Die Seniorin leidet noch heute unter den Auswirkungen der Tat. Sie ist laut ihrem Anwalt, Klaus-Martin Rogg, der sie als Nebenklägerin vertritt, eine gebrochene Frau. Wie die Seniorin vor Gericht aussagte, habe sie vor der Tat ihr Leben alleine organisiert. Sie habe den Haushalt geführt, den Garten gepflegt und sei jeden Tag eine Stunde spazieren gegangen. Das sei nun nicht mehr möglich. Sie habe Schmerzen und schlafe nur noch mit Tabletten ein.
Nach eigenen Angaben hat der 31Jährige am Tag der Tag Alkohol und Drogen konsumiert. Welche Auswirkungen das auf seine Schuldfähigkeit hat, wird wohl erst das Gutachten von Hermann Assfalg, dem psychiatrischen Gutachter, ans Tageslicht bringen. Er kommt gegen Ende des Prozesses zu Wort.
Doch eines ist am zweiten Verhandlungstag klar geworden: Als die Polizei den 31-Jährigen gegen 14 Uhr am 14. August festnehmen konnte, lag sein Alkoholwert bei 0,5 Promille. Dies sagte ein am Einsatz beteiligter Beamter vor Gericht aus. Aufgrund der Täterbeschreibung der Seniorin konnten die Beamten den 31-Jährigen in Ravensburg im Vorbeifahren zufällig identifizieren. Er sei dort mit einer Gruppe unterwegs gewesen. Auf die deutliche Aufforderung
der Beamten, sich hinzulegen, ließ sich der Angeklagte widerstandslos festnehmen. Ein Umstand, der so nicht zu erwarten gewesen sei. In der Vergangenheit sei er nämlich durch sein aggressives Verhalten gegenüber Beamten auffällig gewesen.
Der Prozess wird am Freitag, 25. März fortgesetzt. Dann sollen auch jene beiden Frauen, die der Angeklagte am selben Vormittag sexuell belästigt haben soll, vor Gericht aussagen. Ende April könnte das Gericht ein Urteil sprechen.