CDU droht Niederlage im Saarland
Die SPD liegt vor den Landtagswahlen deutlich vor dem bisherigen Koalitionspartner
- Keine Frage, Tobias Hans muss sich Sorgen machen. Schon jetzt häufen sich Schlagzeilen, wie: „Hans nicht im Glück“. Der Ministerpräsident des Saarlandes, der das Amt von Annegret Kramp-Karrenbauer 2018 geerbt hat, scheint seine CDU in eine böse Wahlniederlage zu führen. Je nach Umfrage liegt die CDU acht bist 13 Prozent hinter der SPD, mit der sie in dem kleinen Land eine Große Koalition bildet. „Das Saarland haben wir verloren“wird der CDU-Bundes-Generalsekretär Mario Czaja zitiert. Und wenn es so kommt, ist auch ein Selfie-Video daran schuld.
Am Internationalen Frauentag, also am 8. März, zog es Tobias Hans an eine Tankstelle. Von dort postete er auf Twitter eine kleine Ansprache mit einer Sprit-Preistafel und seinem Dienstwagen im Hintergrund. In den 49 Sekunden, die der Ministerpräsident für seine Botschaft brauchte, schaffte er es nicht nur, eine „Spritpreisbremse“zu fordern und den Staat der Bereicherung zu bezichtigen, sondern sagte auch, dass die hohen Kosten für die Tankfüllungen „nicht nur Geringverdiener“träfen, sondern „auch die vielen fleißigen Leute, die tanken müssen“.
Der vermutliche Lapsus wurde von vielen als Gegenüberstellung aufgefasst, die Geringverdiener zu weniger fleißigen Menschen macht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Umfragewerte für Hans und seine
Partei waren zu diesem Zeitpunkt längst auf dem Weg nach unten. Das versuchte Tobias Hans mit der Aufstellung eines „Kompetenzteams“aufzuhalten. Eigentlich hätte er von dem unglücklichen Armin Laschet lernen können, dass so etwas mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Besonders wenn, wie im saarländischen Fall, ein Teammitglied noch am Abend der Vorstellung aussteigt und ein anderes auf einer „Querdenker“-Demo gesichtet wird.
Es deutet nun vieles darauf hin, dass das Saarland nach der Neubesetzung der CDU-Spitzenpositionen keinen „Merz-Effekt“erleben wird. Aber der Bundestrend scheint ohnehin im Saarland nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, denn derzeit liegt die Union bundesweit vor der SPD. Vielmehr schlagen die Eigenheiten des kleinen Landes verstärkt durch. Dies gilt nicht zuletzt für die Oppositionsparteien.
Grüne und FDP sind im gegenwärtigen Landtag gar nicht vertreten. Die AfD schaffte mit 6,2 Prozent den Einzug in das Landesparlament. Stärkste Oppositionspartei war aber in den vergangenen fünf Jahren die Linkspartei, die mit geradezu sensationellen 12,8 Prozent bei der Wahl 2017 abschnitt. Das hatte sie nicht zuletzt der Popularität von Oskar Lafontaine zu verdanken, der von 1985 bis 1998 Ministerpräsident des Saarlandes war, damals allerdings als SPD-Mitglied. Nun ist Lafontaine bei den Linken ausgetreten. Mittlerweile sehen die Umfragen die Linken bei vier Prozent. „Es geht ums Ganze am Sonntag. Es geht um die parlamentarische Existenz der Linken im Saarland“, sagt dazu Sören Pellmann, der die Partei mit seinem Direkteinzug vor dem Verlust des Fraktionsstatus bewahrt hat. „Für Saarländer, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, wäre es eine katastrophale Nachricht, sollten wir den Wiedereinzug verpassen“, sagt Pellmann. Es wäre aber vor allem eine Katastrophe für die Linken selbst.
Neue Regierungschefin im Saarland dürfte die bisherige Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger werden. Die Sozialdemokratin ist seit zehn Jahren Landesministerin und macht in dem Land, dem nachgesagt wird, dass jeder jeden kennt, den Amtsinhaberbonus des Ministerpräsidenten offenbar spielend wett. Außerdem hat Rehlinger die Unterstützung der kompletten SPDProminenz, die nach der Bundestagswahl den nächsten Machtwechsel will. Bei der CDU dagegen, so höhnt man in sozialdemokratischen Führungskreisen, „hat man den Wahlkampf wohl eingestellt“.
Trotz allem könnte es im Saarland eine Neuauflage der Großen Koalition geben, unter umgekehrten Vorzeichen. Rehlinger hat für die Variante „seit jeher Sympathien“gezeigt, gab sich aber zuletzt zurückhaltend. „Wenn die SPD stärkste Kraft wird, werde ich eine stabile und verlässliche Regierung bilden“, sagt sie. „Für Experimente bin ich nicht zu haben.“