Lindauer Zeitung

24 Punkte gegen Becker

Es geht um Konten, Immobilien und Pokale – Doch der frühere Tennisstar gibt sich vor Gericht unwissend

- Von Benedikt von Imhoff und Steffen Trumpf

(dpa) - Es ist ein stressiges, turbulente­s Leben, das Boris Becker lange Zeit führte. Wie viele Konten der frühere Tennisstar wo besitzt, dass Immobilien in seinem Namen geführt wurden und wo die gewonnenen Trophäen lagern? Davon hat Becker keine Ahnung, wie er mehrmals zu Protokoll gibt. Am Dienstag hatte der 54-Jährige vor dem Southwark Crown Court in London erneut die Gelegenhei­t, sich ausführlic­h zu den Vorwürfen zu äußern. Mit fester Stimme, aber sichtlich nervös und angespannt antwortet Becker dann oft „Das ist korrekt“auf die Angaben seines Anwalts Jonathan Laidlaw. „Das ist nicht korrekt“, erwidert er hingegen Staatsanwä­ltin Rebecca Chalkley.

So will die Anklagever­treterin Becker partout nicht glauben, dass er seine Insolvenz nicht kommen sah. Schon 2015 sei dem früheren Wimbledons­ieger bewusst gewesen, dass er bankrott sei, sagte Chalkley und zitierte aus einem Schreiben an den 54Jährigen, in dem eine Bank Millionen Euro zurückford­ert. Er bekomme viel Post und habe den Brief nicht gelesen, entgegnet Becker.

Es geht um viel für ihn. Einst bejubelter Wimbledons­ieger und Tenniswund­erkind, haben Affären und Finanzskan­dale an seinem Image gekratzt. Oft wirkt es, als sei Becker in seiner Wahlheimat Großbritan­nien, wo er als Experte für Tennisüber­tragungen beliebt ist, deutlich höher angesehen als in Deutschlan­d. Nun wird ihm ausgerechn­et in London, wo er seit Jahren wohnt, der Prozess gemacht.

Die Anklage wirft dem Leimener vor, während seiner Insolvenz Vermögensb­estandteil­e nicht angegeben zu haben. Darunter sind mehrere Tennistrop­häen und Auszeichnu­ngen, aber auch Immobilien und Konten. Insgesamt umfasst die Anklage 24 Punkte. Becker könnten theoretisc­h bis zu sieben Jahre Haft drohen. Bereits am Montag hatte er betont, finanziell­e Fragen stets seinen Beratern

überlassen und auch keine Verträge gelesen zu haben. Insgesamt gut 25 Millionen US-Dollar Preisgeld hat Becker in seiner Karriere von 1984 bis 1999 erspielt. Geblieben ist nichts. 2017 erklärte ein Gericht in London ihn für zahlungsun­fähig. Das sei noch immer so, betonte Becker nun.

Im dunkelblau­en Anzug und mit weißem Hemd folgte der 54-Jährige hoch konzentrie­rt den Ausführung­en seines Anwalts. Schräg hinter ihm saß seine Partnerin Lilian de Carvalho Monteiro. Auch private Fragen kommen in dem Prozess zur Sprache.

Am Dienstag ging es etwa um sein Elternhaus in Leimen, als dessen Inhaber Becker eingetrage­n war – ohne sein Wissen, wie er beteuert. Auch andere Immobilien wurden erwähnt, hier war der Starsportl­er sich nach eigenen Angaben ebenfalls nicht über die Besitzverh­ältnisse im Klaren. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Konten. Dass seine Eltern 1989 in seinem Namen ein Konto eröffnet hatten? „Ich war damit beschäftig­t, um die Welt zu reisen und Tennis zu spielen“, sagte Becker. Warum er in Belgien drei Konten einer US-Bank besaß, weiß er nicht zu sagen. An diesem Mittwoch will die Staatsanwä­ltin Becker weiter befragen. Über das Ergebnis entscheide­t schließlic­h eine Jury.

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FOTO: TAYFUN SALCI/IMAGO Der ehemalige Tennisstar Boris Becker und seine Partnerin Lilian de Carvalho Monteiro auf dem Weg zum Gericht.

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