Vorerst keine höheren Ticketpreise bei der Bahn
Das Transportunternehmen könnte 2022 wieder Gewinn erwirtschaften – Passagierzahlen steigen
- Die Fahrgäste der Deutschen Bahn können erst einmal aufatmen. „Wir haben keine aktuellen Preiserhöhungen vor“, versichert Finanzvorstand Levin Holle. Dabei gehört das Unternehmen zu den größten Energieverbrauchern im Land. Doch für das laufende Jahr hat sich die Bahn den Fahrstrom schon vor der Krise finanziell abgesichert. Bei neuen Kontrakten für das kommende Jahr wird das Unternehmen wohl viel mehr für Energie bezahlen müssen. Auf lange Sicht dürfte sich dies dann auch auf die Fahrpreise auswirken.
Das laufende Jahr ist für die Bahn nach nun schon zwei Krisenjahren von neuerlichen Unsicherheiten geprägt. Doch zumindest finanziell erwartet Holle 2022 wieder ein ausgeglichenes operatives Ergebnis. Hinter dem Konzern liegen zwei verlustreiche Jahre. Nach fast drei Milliarden Euro Verlust im ersten Corona-Jahr steht für 2021 ein operatives Minus von nur noch 1,6 Milliarden Euro in der Bilanz. Dabei hat der Konzernumsatz mit über 47 Milliarden Euro sogar schon den der Zeit vor der Pandemie erreicht. In diesem Jahr werden es den Plänen nach mehr als 48 Milliarden Euro sein. Immerhin kommen die Fahrgäste allmählich wieder zurück. Bei den Privatkunden habe der Fernverkehr das Niveau von 2019 bereits erreicht, betonte Bahnchef Richard Lutz.
Ohne die Spedition Schenker sähe die Lage allerdings viel düsterer aus. Die Logistik-Tochter profitierte von hohen Transportpreisen und einer großen internationalen Nachfrage. Schenker steuerte fast die Hälfte zum Gesamtumsatz bei und überwies einen Gewinn von 1,2 Milliarden Euro in die Konzernkasse. Vorerst wird die Spedition ein Gewinnbringer bleiben. „Es gibt aktuell keine Verkaufspläne“, versicherte Lutz.
Das kann sich allerdings schnell ändern. Denn die Bahn ist weiterhin hoch verschuldet. Auf rund 35 Milliarden Euro summierten sich Ende 2021 alle Verbindlichkeiten inklusive von Pensionsverpflichtungen. Laut Holle hat sich die finanzielle Lage mittlerweile stabilisiert. Doch von Entwarnung kann noch keine Rede sein. Denn die notwendigen Investitionen in die geplanten Kapazitätsausweitung kosten viel Geld. So wurde in der Politik immer wieder die Forderung nach einem Verkauf von Schenker und der britischen Tochter Arriva laut. Bei Arriva ist der erste Anlauf dafür gescheitert. Die Pandemie hat das Nahverkehrsunternehmen
schwer getroffen. Holle rechnet erst 2024 mit einer Veräußerung der Anteile. Schenker könnte wohl bis zu 20 Milliarden Euro einbringen. Interessenten gibt es, Entscheidungen offenkundig noch nicht.
Die Ampel-Koalition will den Konzern auch an anderer Stelle verändern. Die Infrastruktursparten, also vor allem das Netz und die Stationen, sollen in einer gemeinnützigen Gesellschaft unter dem Dach der Deutschen Bahn zusammengefasst werden. Sehr weit ist das Vorhaben anscheinend noch nicht vorangekommen. „An diesem Thema wird gearbeitet“, sagt Lutz nur. Der Vorstand zeigte sich in der Vergangenheit von den Plänen zur Umgestaltung wenig begeistert.
Nichts Neues konnte Lutz auch in einer Personalfrage verkünden: Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla verlässt die Bahn Ende April. Wer ihm auf den Chefsessel des Unternehmens nachfolgt, ist noch offen. Darüber muss der Aufsichtsrat demnächst entscheiden. Die Gewerkschaft EVG und der Bahnvorstand bevorzugen eine interne Besetzung. Infrage käme der aktuelle Vorstand für den Personenverkehr, Berthold Huber.
Doch Huber ist in der Politik umstritten, die hier das letzte Wort hat.
Auch bei einem anderen leidigen Thema gibt es kaum Bewegung. Die Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr wollen einfach nicht nachhaltig besser werden. Im vergangenen Jahr verdarben die Hochwasserkatastrophe sowie Probleme bei den Baustellen die Pünktlichkeitsbilanz. In diesem Jahr verweist Lutz schon jetzt auf eine hohe Verkehrsleistung auf den Trassen sowie zahlreiche Bauprojekte. Hoffnung auf eine deutliche Verbesserung der Ankunftszeiten lassen sich daraus nicht ableiten.