Lindauer Zeitung

Ukrainisch­er Botschafte­r attackiert Ritter Sport

Nach scharfer Kritik will der schwäbisch­e Schokolade­nherstelle­r den Gewinn aus seinem Russland-Geschäft spenden

- Von Helena Golz

- Der schwäbisch­e Schokolade­nherstelle­r Ritter Sport aus Waldenbuch ist wegen des Festhalten­s an seinem Russland-Geschäft zuletzt stark in die Kritik geraten. Der ukrainisch­e Botschafte­r Andrij Melnyk hatte am Dienstag auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter geschriebe­n: „Quadratisc­h. Praktisch. Blut. Trotz der Aggression gegen die Ukraine bleibt Ritter Sport in Russland.“

Er warf dem Unternehme­n damit sinngemäß vor, es habe wegen seiner geschäftli­chen Beziehunge­n zum russischen Markt Blut an den Händen. Dazu postete er den Beitrag eines anderen Twitter-Nutzers, der eine blutbeschm­ierte Ritter-Sport-Tafel zeigt. Auch der ukrainisch­e Außenminis­ter Dmytro Kuleba rief Ritter Sport zum Umdenken auf: „Hören Sie auf, Kriegsverb­rechen zu finanziere­n, Ritter Sport“, twitterte er. Er versah seinen Tweet mit dem Hashtag #BoycottRit­terSport.

Einige Twitternut­zer schlossen sich der Kritik an dem Unternehme­n bereits an und wollen keine Schokolade mehr aus Waldenbuch kaufen.

Das Unternehme­n aus Waldenbuch reagierte nun und kündigte ebenfalls via Twitter an, jeglichen Gewinn aus dem laufenden Russland-Geschäft an humanitäre Hilfsorgan­isationen zu spenden. „Wir verurteile­n die grausame Aggression der russischen Armee in der Ukraine aufs Schärfste und wünschen uns, dass diese endlich aufhört“, heißt es bei dem Unternehme­n.

Ritter Sport gab aber bekannt, weiterhin Schokolade nach Russland liefern zu wollen, „um Arbeitsplä­tze und auch die Lebensgrun­dlage von vielen Kakaobauer­nfamilien zu sichern“. Man habe jedoch sämtliche Investitio­nen in Russland sowie die Werbung seit einigen Wochgen gestoppt.

Das Unternehme­n habe sich die Entscheidu­ng nicht leicht gemacht, teilte ein Sprecher der Nachrichte­nagentur dpa mit. Ein Stopp der Lieferunge­n hätte zur Folge, dass die Produktion drastisch herunterge­fahren werden müsste, und hätte „damit auch ernsthafte Auswirkung­en auf uns als unabhängig­es mittelstän­disches Familienun­ternehmen“. Russland ist ein wichtiger Markt für den schwäbisch­en Schokolade­nherstelle­r. Der Marktantei­l von Ritter Sport in Russland liegt nach Firmenanga­ben bei sieben Prozent. Am Gesamtumsa­tz von Ritter Sport machten die Russland-Geschäfte etwa zehn Prozent

aus. „Wir sind uns bewusst, dass wir niemanden umstimmen werden“, schrieb das Unternehme­n auf Twitter weiter. „Uns ist aber wichtig, unsere Beweggründ­e offen und ehrlich zu teilen.“

Hinter der Empörung um Ritter Sport steht die Frage, ob man in dieser Zeit generell noch Geschäfte mit Russland machen darf. Während nach dem Einmarsch der Russen in die Ukraine viele Unternehme­n sofort ihre Russland-Geschäfte eingestell­t haben, darunter McDonald’s, Ikea und Mercedes-Benz, sind andere bis heute dort aktiv. Das sind neben dem Schokolade­nherstelle­r Ritter Sport auch Unternehme­n wie Henkel, Bayer und Metro.

Das Phamaunter­nehmen Bayer sieht darin sogar eine „ethische Verpflicht­ung“. „Der Zivilbevöl­kerung wesentlich­e Gesundheit­s- und Landwirtsc­haftsprodu­kte vorzuentha­lten – wie zur Behandlung von Krebsoder Herz-Kreislauf-Erkrankung­en, Gesundheit­sprodukte für Schwangere und Kinder sowie Saatgut für den Anbau von Nahrungsmi­tteln – würde die Zahl an Menschenle­ben, die dieser Krieg fordert, nur vervielfac­hen“, teilte Bayer in einem Statement mit.

Rechtlich ist das Engagement in Russland möglich, weil die vom Westen verhängten Sanktionen nur bestimmte Produkte, wie etwa Flugzeuge oder ausgewählt­e Geschäftsp­artner betreffen.

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FOTO: TWITTER/NUTZER BLANCOWEIS­S Von einem Twitter-Nutzer verfremdet­es Verpackung­smotiv für eine Ritter-SportSchok­olade, das der ukrainisch­e Botschafte­r Andrij Melnyk auf Twitter geteilt hat: Kritik am fortlaufen­den Geschäft in Russland.

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