Peinliche Pinguine
Nach 31 Jahren steigt Krefeld aus der DEL ab – Geldgeber will dagegen klagen
(SID) - Als das Unvermeidliche eingetreten war, redeten zumindest die Spieler der Krefeld Pinguine Klartext. Nach dem Abstieg aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nach 31 Jahren in der Erstklassigkeit nannte Verteidiger Dominik Tiffels die Leistung eine „absolute Frechheit“. Das 1:6 bei Adler Mannheim sei „peinlich“, sagte der 28-Jährige. Und fasste damit das Chaos beim Traditionsverein in einem Wort zusammen.
Ein Blick auf die Spielerbank während des drittletzten Erstligaspiels des zweimaligen deutschen Meisters offenbarte das Hauptproblem. Da stand wieder der Geldgeber und Clubboss und gab die Kommandos, während der Cheftrainer weitgehend schwieg. Sergey Saveljev, 25 Jahre jung, der über eine Schweizer Firma 3,5 Millionen Euro in den Verein pumpte, ist der Kaiserpinguin, der alles macht und alles entscheidet. Nur am Abstieg sind natürlich andere schuld.
Vom „unfairsten Abstieg in der DEL-Geschichte“hatte der Lette schon zuvor gesprochen und eine „Klage wegen Wettbewerbsverzerrung“angekündigt. Worauf sich genau das juristische Nachhaken gründen soll, wollte er auch am Tag danach nicht erläutern. „Ich bin kein Anwalt. Wie die Chancen sind, kann ich nicht sagen“, erklärte Saveljev auf einer Pressekonferenz am Donnerstag, „aber wir haben einige Argumente.“Es gehe nicht um den Punktequotienten, der in der erneut von Corona gebeutelten Saison über die Platzierung entscheidet, sondern um „andere Themen“, hatte er schon in Mannheim betont. Bei den Quarantäne-Anordnungen sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen, hatte der Multifunktionär schon in einem Interview mit den Eishockey-News angedeutet: „Es geht darum: Wer hat bessere Connections zum Staat, zu den Gesundheitsämtern?“
Krefeld fühlt sich vor allem dadurch benachteiligt, dass Gegner wegen Corona-Infektionen nicht antraten, als die Pinguine in Bestbesetzung waren. Nach der Olympia-Pause im Februar, als viele Leistungsträger verletzt ausfielen, häuften sich dagegen die Spiele.
Man hätte den Abstieg wie in der ersten Corona-Spielzeit aussetzen sollen, meinte auch Co-Trainer Boris Blank nach der Schlusssirene in Mannheim: „Diese Saison war schlimmer als die letzte. Aber diesmal gibt es einen Absteiger.“
Bei allen Klagen über die CoronaEinflüsse: Die Krefelder Krise ist hausgemacht. Schon in der vergangenen Saison – nach Saveljevs Einstieg – waren die Pinguine mit riesigem Abstand Tabellenletzter. In den fünf Jahren zuvor hatten sie stets die Vor-Play-offs verpasst, zweimal als Schlusslicht.
Mit dem neuen Geldgeber, dessen Frau Anteilseignerin eines Pharmaunternehmens in Lettland ist, sollte eigentlich alles besser werden. Saveljev redete in einer Umfrage vor der Saison gar vom Meistertitel und behauptete, sein Club habe sich am besten verstärkt. Denn das hatte er schließlich selbst gemacht. Zunächst als lächelnder Schattenmann
Sergey Saveljev
mit dem offiziellen Titel „Scout“in Krefeld aufgetaucht, übernahm Saveljev erst die Geschäftsführung, dann die sportliche Leitung. Er tauschte die komplette Geschäftsstelle aus. Zunächst Torwarttrainer, übernahm er auch auf der Bank das Kommando, Chefcoach Igor Sacharkin, langjähriger Assistent bei der russischen Nationalmannschaft, schaute zu. Im Notfall lief Saveljev auch im Training als Verteidiger oder Torhüter auf.
Als er in der vergangenen Woche die Planung für die Zukunft vorstellte, wurde er gefragt, ob der Club einen Sportdirektor verpflichte. „Warum?“, fragte er, noch immer lächelnd, aber längst kein Schattenmann mehr, zurück, „wir haben doch mich.“