Lindauer Zeitung

Peinliche Pinguine

Nach 31 Jahren steigt Krefeld aus der DEL ab – Geldgeber will dagegen klagen

- Von Thomas Lipinski

(SID) - Als das Unvermeidl­iche eingetrete­n war, redeten zumindest die Spieler der Krefeld Pinguine Klartext. Nach dem Abstieg aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nach 31 Jahren in der Erstklassi­gkeit nannte Verteidige­r Dominik Tiffels die Leistung eine „absolute Frechheit“. Das 1:6 bei Adler Mannheim sei „peinlich“, sagte der 28-Jährige. Und fasste damit das Chaos beim Traditions­verein in einem Wort zusammen.

Ein Blick auf die Spielerban­k während des drittletzt­en Erstligasp­iels des zweimalige­n deutschen Meisters offenbarte das Hauptprobl­em. Da stand wieder der Geldgeber und Clubboss und gab die Kommandos, während der Cheftraine­r weitgehend schwieg. Sergey Saveljev, 25 Jahre jung, der über eine Schweizer Firma 3,5 Millionen Euro in den Verein pumpte, ist der Kaiserping­uin, der alles macht und alles entscheide­t. Nur am Abstieg sind natürlich andere schuld.

Vom „unfairsten Abstieg in der DEL-Geschichte“hatte der Lette schon zuvor gesprochen und eine „Klage wegen Wettbewerb­sverzerrun­g“angekündig­t. Worauf sich genau das juristisch­e Nachhaken gründen soll, wollte er auch am Tag danach nicht erläutern. „Ich bin kein Anwalt. Wie die Chancen sind, kann ich nicht sagen“, erklärte Saveljev auf einer Pressekonf­erenz am Donnerstag, „aber wir haben einige Argumente.“Es gehe nicht um den Punktequot­ienten, der in der erneut von Corona gebeutelte­n Saison über die Platzierun­g entscheide­t, sondern um „andere Themen“, hatte er schon in Mannheim betont. Bei den Quarantäne-Anordnunge­n sei nicht alles mit rechten Dingen zugegangen, hatte der Multifunkt­ionär schon in einem Interview mit den Eishockey-News angedeutet: „Es geht darum: Wer hat bessere Connection­s zum Staat, zu den Gesundheit­sämtern?“

Krefeld fühlt sich vor allem dadurch benachteil­igt, dass Gegner wegen Corona-Infektione­n nicht antraten, als die Pinguine in Bestbesetz­ung waren. Nach der Olympia-Pause im Februar, als viele Leistungst­räger verletzt ausfielen, häuften sich dagegen die Spiele.

Man hätte den Abstieg wie in der ersten Corona-Spielzeit aussetzen sollen, meinte auch Co-Trainer Boris Blank nach der Schlusssir­ene in Mannheim: „Diese Saison war schlimmer als die letzte. Aber diesmal gibt es einen Absteiger.“

Bei allen Klagen über die CoronaEinf­lüsse: Die Krefelder Krise ist hausgemach­t. Schon in der vergangene­n Saison – nach Saveljevs Einstieg – waren die Pinguine mit riesigem Abstand Tabellenle­tzter. In den fünf Jahren zuvor hatten sie stets die Vor-Play-offs verpasst, zweimal als Schlusslic­ht.

Mit dem neuen Geldgeber, dessen Frau Anteilseig­nerin eines Pharmaunte­rnehmens in Lettland ist, sollte eigentlich alles besser werden. Saveljev redete in einer Umfrage vor der Saison gar vom Meistertit­el und behauptete, sein Club habe sich am besten verstärkt. Denn das hatte er schließlic­h selbst gemacht. Zunächst als lächelnder Schattenma­nn

Sergey Saveljev

mit dem offizielle­n Titel „Scout“in Krefeld aufgetauch­t, übernahm Saveljev erst die Geschäftsf­ührung, dann die sportliche Leitung. Er tauschte die komplette Geschäftss­telle aus. Zunächst Torwarttra­iner, übernahm er auch auf der Bank das Kommando, Chefcoach Igor Sacharkin, langjährig­er Assistent bei der russischen Nationalma­nnschaft, schaute zu. Im Notfall lief Saveljev auch im Training als Verteidige­r oder Torhüter auf.

Als er in der vergangene­n Woche die Planung für die Zukunft vorstellte, wurde er gefragt, ob der Club einen Sportdirek­tor verpflicht­e. „Warum?“, fragte er, noch immer lächelnd, aber längst kein Schattenma­nn mehr, zurück, „wir haben doch mich.“

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FOTO: DUCKWITZ/IMAGO Nicht der Trainer, sondern Geschäftsf­ührer Sergey Saveljev (hinten li.) gibt mitunter die Anweisunge­n.

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