Energiewende mit Sprengkraft
Weg von Öl und Gas – hin zu Sonne, Wind, Luft und Erdwärme: Das klingt gut, das klingt sauber. Auch ohne Krieg in der Ukraine hätte es die Energiewende gebraucht, um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen. Sehr viel Energie wird in Deutschland in Gebäuden verschwendet, etwa 30 Prozent der Treibhausgasemissionen entstehen in Immobilien. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass die Ampel-Regierung in diesem Bereich schnelle Veränderungen einfordert. Wie sich das in der Praxis gestaltet, ist die andere Frage.
Die Gebäude in Deutschland sind in die Jahre gekommen. Die meisten wurden gebaut zu einer Zeit, als eine zentrale Öl- oder Gasheizung eine moderne Errungenschaft war. Mit den Häusern sind auch ihre Bewohner gealtert. Viele hatten nicht den Antrieb oder das Geld, ihr Eigenheim zu sanieren und in neue Wärmequellen zu investieren. Das könnte ihnen auf die Füße fallen. Denn selten waren die Baupreise so hoch und die Fachkräfte so gesucht wie jetzt. Und bei dem riesigen Modernisierungsbedarf wird das so bleiben.
Nun ist dem Bund natürlich nicht vorzuwerfen, dass er mehr für den Klimaschutz tun will, als es bisher der Fall war. Aber er sollte die gesellschaftliche Sprengkraft, die damit verbunden ist, nicht unterschätzen. Von Berlin aus fällt es leicht, den Landbewohnern den Autoverzicht zu predigen – weil man ja selbst keines braucht. Wer in der Stadt an die Fernwärme angeschlossen ist, muss sich eben nicht das Gehirn zermartern, wie es nach 2024 weitergeht, wenn der Brenner im Keller schlapp macht. Für viele Menschen in Deutschland, die weder vermögend sind noch in einer Stadt leben, sind mit dem Klimaschutz große Herausforderungen verbunden.
Natürlich sind Veränderungen zumutbar. Nahezu jeder in Deutschland hat begriffen, dass die Menschheit an dem Ast sägt, auf dem sie sitzt, sollte der Klimawandel so weitergehen. Doch für politische Ziele braucht es entsprechende Rahmenbedingungen – beispielsweise Handwerker. Ansonsten empfinden es die Menschen als Gängelei.