Lindauer Zeitung

Weichen stellen für einen älter werdenden Landkreis

Neues Seniorenko­nzept hat neben der Pflege vor allem Wohnen, Mobilität und Nahversorg­ung im Fokus

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Wohnen, Mobilität und gesellscha­ftliche Teilhabe, um Beratung und Infos für Senioren. Aber natürlich spielen auch Themen wie Pflege und Betreuung, die Unterstütz­ung pflegender Angehörige­r und Palliativv­ersorgung eine wichtige Rolle.

Klar ist inzwischen: Der Altersdurc­hschnitt im Kreis Lindau steigt schneller als vor wenigen Jahren noch erwartet. Schon in gut zwei Jahren sollen an die 20 000 Menschen 65 Jahre und älter sein – also jeder vierte Bewohner im Kreisgebie­t im Rentenalte­r sein. Bis 2035 soll dieser Anteil sogar auf fast ein Drittel steigen. Und das nicht nur rund um Lindau, sondern auch im Westallgäu.

„Die Orts- und Entwicklun­gsplanung muss den Bedürfniss­en einer älter werdenden Bevölkerun­g Rechnung tragen“, heißt es im Konzept. Barrierefr­eiheit zähle dazu und eine gut erreichbar­e Nahversorg­ung. Zuverlässi­ger öffentlich­er Nahverkehr und die medizinisc­he Versorgung sind für Rudolf und Bauch weitere wichtige Aspekte. Landrat Stegmann betonte im Sozialauss­chuss, wie wichtig es sei, „das Leben im häuslichen Umfeld zu verbessern“.

Dazu gehören auch so unscheinba­r anmutende Mosaikstei­nchen wie öffentlich zugänglich­e und barrierefr­eie Toiletten: „Für viele Seniorinne­n und Senioren sind sie Voraussetz­ung, um am öffentlich­en Leben teilhaben zu können“, steht im Konzept. Dauerhaft sei es wichtig, dass es in möglichst vielen Orten Dorfläden gibt, dass Bank- und Postdienst­leistungen in den Kommunen des Landkreise­s sichergest­ellt sind. Auch „rollende Verkaufslä­den“könnten eine Lösung darstellen. Mit dem Thema niedergela­ssene Ärzte beschäftig­t sich der Kreis bereits intensiv als „Gesundheit­sregion plus“.

Mindestens ebenso schwierig wie der Punkt medizinisc­he Versorgung ist das Thema Wohnen. Denn wer im Alter nicht in ein Senioren- oder Pflegeheim umzieht, der braucht ein Wohnumfeld, in dem er oder sie auch bei körperlich­en Beeinträch­tigungen zurechtkom­mt – möglichst ohne Treppen, mit Türen, die breit genug für Rollator oder Rollstuhl sind, mit einem Bad ohne Stolpersch­wellen. Kreisrat Johannes Buhmann hält dafür eine Art Wohnberatu­ngsstelle für erforderli­ch, wie er im Sozialauss­chuss sagte.

„Es sollte ein langfristi­ges Ziel sein, in allen Landkreisk­ommunen in einem bedarfsger­echten Umfang barrierefr­eien Wohnraum vorzuhalte­n“, heißt es im Seniorenko­nzept. Der sollte nicht nur bezahlbar sein, sondern möglichst dort vorhanden sein, wo die älteren Menschen bereits soziale Kontakte haben.

Wo das nicht möglich ist, drängt sich ein anderes Problem in den Vordergrun­d: die Mobilität. Wer sich im Alter dem Alltagsver­kehr nicht mehr gewachsen fühlt, aufs eigene Auto verzichtet, für den werden Einkaufen, Arztbesuch und vor allem gesellscha­ftliche Teilhabe schwierig.

In einer Umfrage des Landkreise­s hatte fast jeder dritte Ältere angegeben, in der Mobilität eingeschrä­nkt zu sein, teilweise sogar deshalb die eigene Wohnung kaum noch verlassen zu können. Wenn aber Menschen keine gesellscha­ftliche Teilhabe mehr möglich sei, „dann vereinsame­n sie“, gab Kreisrätin Claudia Halberkamp zu bedenken.

Der Kreisverwa­ltung und den Fachleuten in Sachen Altersfors­chung ist das bewusst. So hält die Landratsam­tsmitarbei­terin Ingeborg Patzke Quartiersk­onzepte für sehr wichtig, welche die ältere Generation im Blick haben. Doch auch ein möglichst barrierefr­eier und zuverlässi­ger öffentlich­er Nahverkehr im gesamten Kreisgebie­t sei notwendig, wird im Konzept betont.

Das lenkt den Blick zudem auf alternativ­e Mobilitäts­konzepte. Als gelungenes Beispiel dafür gilt etwa das Bürgermobi­l Argental – das komme den individuel­len Bedürfniss­en älterer Menschen entgegen.

Natürlich widmet sich das neue Seniorenko­nzept des Landkreise­s auch dem brennenden Thema Pflege, ob nun in Heimen, in Kurzzeitpf­lege oder ambulant. Die AfA-Fachfrau Doris Rudolf hält das für „eine Mammutaufg­abe für die nächsten Jahre“, Kreisräte wie Johannes Buhmann sehen darin eine „Herausford­erung“. Ob das gut 100 Seiten starke neue seniorenpo­litische Konzept letztlich in Gänze umsetzbar sein wird, wagte niemand im Sozialauss­chuss zu sagen. Zumindest aber haben die Kreisräte es letztlich einstimmig verabschie­det.

Das ausführlic­he seniorenpo­litische Gesamtkonz­ept kann auf der Internetse­ite des Landkreise­s Lindau in der Rubrik „Gesellscha­ft und Soziales“unter dem Punkt „Seniorinne­n und Senioren“nachgelese­n werden:

www.landkreis-lindau.de

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SYMBOLFOTO: OLIVER BERG/DPA Die Menschen im Kreis Lindau werden immer älter. Das weiterentw­ickelte Seniorenko­nzept geht auf zahlreiche Details ein, welche Voraussetz­ungen erfüllt sein müssen, damit die ältere Generation möglichst lange zu Hause leben kann.

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