Der Kranich brütet – vielleicht
Aussichtsturm im Ried rückt zeitlich wieder ein Stück weiter in die Ferne
(sl) - Der Bau des Aussichtsturms im Ried rückt zeitlich wieder ein Stück weiter in die Ferne. Das gab die Bad Wurzacher Bürgermeisterin Alexandra Scherer nun bekannt. Der Zeitplan der Stadt sah vor, dass in diesem März der Baugrund am Haidgauer Torfwerk untersucht werden soll. Dieser ist unerlässlich für die Fundamentplanung und in diesem Zuge für das Aussuchen den am besten geeigneten Standort. In den folgenden Monaten bis Herbst sollte dann auf Grundlage dieser Ergebnisse die weitere Bauplanung vorangetrieben werden.
Die Untersuchung war auch von den Naturschutzbehörden bereits genehmigt, informierte Scherer den Ratsausschuss für Technik und Umwelt. „Doch die Genehmigung wurde widerrufen, weil in dem Gebiet eventuell Kraniche brüten.“Nun kann erst im nächsten genehmigten Baufenster ab dem Spätherbst 2022 die Baugrunduntersuchung vor sich gehen. Die weitere Planung sowie der Bau verzögern sich entsprechend. Im Sommer 2020 hatte die Stadt den Turmbau beschlossen und einen Architektenwettbewerb ausgelobt, den das Büro GMS aus Isny gewann. Demnach bildet, so die Entwurfsbeschreibung, ein Pyramidenstumpf die archaisch anmutende, einfache Grundform des 35 Meter hohen Aussichtsturmes. Der Wechsel von offenen und geschlossenen Fassadenflächen im Zusammenhang mit der leicht gebogenen Linienführung und der gewählten Farbe „Mooreiche“, ausgeführt in karbonisiertem Holz, führe zu einem unverwechselbaren Erscheinungsbild.
Der Zugang in Ebene 0 führt über einen Holzsteg in einen gedeckten Bereich des Turms zum Eingang mit Treppe und Aufzug. Aufsteigend in einem mit Holzlamellen umgebenen Treppenhaus wird auf einer Höhe von fünf Metern die erste Ebene erreicht. Diese dient Ausstellungszwecken, der Vermittlung von Informationen und lässt auf die Freilandausstellung blicken. Auch die Ebene 2 bietet eine Ausstellungsfläche, die sich in den Ebenen 3 und 4 fortsetzt. Die Konstruktion der Außenhülle bewirkt einen indirekten Lichteinfall und gibt dem Raum eine eigenständige Atmosphäre. Für Kinder und Erwachsene wird auf den Zwischenebenen über in unterschiedlichen Höhen positionierte Klappen der Blick nach außen ermöglicht. Ebene 5 ermöglicht einen vierseitigen Blick auf das Wurzacher Ried. Diese Ebene kann auch über den Aufzug erreicht werden. Per komplett umschlossener Treppe geht’s in Ebene 6. Von dort führt eine Wendeltreppe schließlich zur Ebene 7, eine nach vier Seiten und zum Himmel offenen Plattform, „dem Adlerhorst“auf 35 Metern Höhe mit Ganzglasgeländer. Die Verwendung von ausschließlich handelsüblichen und in der Region hergestellten Materialien sorge für den örtlichen Bezug, so die Architekten. Die Konstruktion ist für jede etwas größere Zimmerei machbar. Ursprünglich sollte der Turm in einer Wasserfläche stehen, die von der Ach aufgestaut wird. Da dies aber ein umfangreiches Genehmigungsverfahren benötigen würde, wird darauf mittlerweile verzichtet.
Die Fachbehörden des Landes haben sowieso schon so viele naturund umweltschutzrechtliche Hürden für den Bau im streng geschützten Ried aufgestellt, dass sich das Projekt immer weiter in die Länge zieht. „Für jeden Pflock, den wir in die Erde setzen wollen, brauchen wir eine Genehmigung“, so hatte es Dezernent Frank Högerle im vergangenen Herbst beschrieben. So war ursprünglich vorgesehen, dass der Turm in den Jahren 2022 und 2023 gebaut und im Frühjahr 2023 Einweihung gefeiert werden soll. Dann wurde aber die Zeit, in der am Torfwerk gearbeitet werden darf, vom Land auf Oktober bis März festgelegt. Zudem müssen Tiere wie die Zauneidechse umgesiedelt und ein Alternativstandort grundlegend geprüft werden. Und nun möglicherweise brütende Kraniche. Zuletzt hatte Scherer Anfang März beim Heimatverein Wurzen gesagt, dass „frühestens 2024“, eher aber ein Jahr später mit dem Bauabschluss zu rechnen sei. Mit der jüngsten Verzögerung dürfte es nun definitiv vor 2025 nichts werden. Immerhin: Das Land steuert die Hälfte der mit knapp 1,8 Millionen Euro Baukosten bei.