Corona-Isolation nur noch freiwillig
Welche Regeln ab dem 1. Mai bundesweit gelten sollen – Kritiker warnen vor Folgen für alte und kranke Menschen
(dpa) - Isolation und Kontaktvermeidung wird Menschen mit Corona-Infektion ab dem 1. Mai nur noch dringend empfohlen – fallen die letzten Dämme gegen eine ungehinderte Verbreitung des Coronavirus? Oder vollzieht die Politik nur gelebte Praxis nach und stellt pragmatisch Weichen?
Was ist geplant?
Infizierten wird zum Tag der Arbeit in drei Wochen künftig nur noch dringend empfohlen, sich für fünf Tage zu isolieren und Kontakte zu meiden. So sieht es eine Verständigung von Bund und Ländern vor, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verkündet hat. Eine Anordnung des Gesundheitsamts ist dafür nicht mehr geplant. Kontaktpersonen von Infizierten wird dringend empfohlen, selbstständig Kontakte zu reduzieren. Infizierte sollen sich nach fünf Tagen selbst testen und Kontakte reduziert halten, bis der Test negativ ist. Kontaktpersonen werden tägliche Selbsttests geraten.
Was ist für Beschäftigte in Gesundheitswesen und Pflege geplant?
Für sie soll es ein angeordnetes Tätigkeitsverbot im Infektionsfall geben. Frühestens am fünften Tag nach Symptombeginn soll dies durch einen abgenommenen Schnell- oder PCR-Test enden können.
Wie ist es bisher?
Bisher dauern die Absonderungen in der Regel zehn Tage und können mit einem negativen Test nach sieben Tagen vorab beendet werden.
Was ist die Hauptkritik?
„Bei vielen Menschen kommt mit dieser Entscheidung die Nachricht an, dass man auch mit einer nachgewiesenen Sars-CoV-2 Infektion weiter am öffentlichen Leben teilnehmen kann“, meint der Immunologe Carsten Watzl. „Diese Entscheidung geht daher in die falsche Richtung.“Der Sozialverband VdK warf Bund und Ländern vor, „komplett auf das Prinzip Durchseuchung“zu setzen. „Der Schutz der Risikogruppen spielt für die Politik offenbar überhaupt keine Rolle mehr“, sagte VdKPräsidentin
Verena Bentele. Ähnlich äußerte sich die Deutsche Stiftung Patientenschutz.
Wie begründet der Gesundheitsminister die Quarantäne-Lockerungen?
„Hier geht es einzig und allein darum, die total überlasteten Gesundheitsämter so neu zu strukturieren, dass sie die Arbeit machen können, die jetzt am wichtigsten ist“, sagte Lauterbach am Dienstagnachmittag. Sie sollten befreit werden von Arbeit,
die derzeit ohnehin nicht mehr gut klappe. Heute würden die Gesundheitsämter die Isolierungsoder Quarantänefälle oft zu spät benachrichtigen, erläuterte Lauterbach. „Mit großer Verspätung kommen die Nachrichten und sie haben kaum mehr Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen.“Nichts zu tun habe die geplante Quarantäne-Änderung mit der Frage von Lockerungen und Freiheiten.
Was sollen die neuen Regeln bringen?
Die Gesundheitsämter sollen sich laut Lauterbach auf die zentralen Bereiche konzentrieren können, wo besonders verletzliche Gruppen betroffen sind. Es gehe um Vorbeugung, Isolation und Quarantäne für diejenigen, die im Gesundheitswesen arbeiten – also Beschäftigte in Kliniken und Pflegeeinrichtungen.
Warum sind die Gesundheitsämter überlastet?
Hintergrund ist die aktuelle Omikron-Welle mit vielen, aber meist eher leichter verlaufenden Infektionen. Die Inzidenz sank am Dienstag weiter leicht, liegt aber immer noch bei 1394 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. Es gab 180 397 CoronaNeuinfektionen und weitere 316 Corona-Todesfälle. Auch in den Unternehmen haben die Belastungen durch Personalausfälle einer aktuellen Umfrage der staatlichen Förderbank KfW zufolge stark zugenommen – wegen Erkrankungen und Quarantäne sowie durch die Abwesenheit von Beschäftigten aufgrund von Schul- und Kitaschließungen.
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