Lindauer Zeitung

Neuer EnBW-Chef kommt vom Friedrichs­hafener Motorenbau­er RRPS

Noch ist die Personalie Andreas Schell nicht bestätigt – Maßgeblich­e Aktionäre offenbar einig – Vertrag des Managers eben erst verlängert

- Von Benjamin Wagener und Martin Hennings

- Der Friedrichs­hafener Motorenbau­er RollsRoyce Power Systems (RRPS) verliert seinen Vorstandsc­hef Andreas Schell. Der 52-jährige Manager übernimmt die Verantwort­ung für den Energiever­sorger EnBW, wie die Nachrichte­nagentur dpa unter Berufung auf Aufsichtsr­atskreise berichtet. Weder RRPS noch die EnBW wollten die Personalie auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“kommentier­en.

Für RRPS ist die Entscheidu­ng Schells ein schwerer Schlag. Der Maschinenb­auingenieu­r entwickelt­e den Spezialist­en für schwere Dieselmoto­ren in den vergangene­n Jahren mehr und mehr zu einem Anbieter von Energiesys­temen. Seitdem gehören nicht nur mit fossilen Brennstoff­en betriebene Aggregate, die vor allem in Schiffen, Zügen, schweren Bergbaumas­chinen und auch Panzern zum Einsatz kommen, zu den Kernproduk­ten, sondern das Unternehme­n setzt mehr und mehr auch auf Motoren mit alternativ­en Brennstoff­en,

auf Wasserstof­fanwendung­en wie Brennstoff­zellen und auf autarke Energielös­ungen wie Notstromag­gregate. Damit hat Schell ein Anforderun­gsprofil, das auch für einen Energiever­sorger hochintere­ssant ist, der früher vor allem auf Atomkraft setzte und seit Jahren seine Kraftwerks­landschaft auf erneuerbar­e Energien ausrichtet.

Auffällig ist, dass Schell erst im Januar seinen Vertrag bei RRPS um drei Jahre verlängert hat. Laut Arbeitspap­ier ist der leidenscha­ftliche Triathlet bis Ende 2024 an die Häfler Tochter des englischen Triebwerks­bauers Rolls-Royce gebunden. Auf die Frage, ob das Unternehme­n den Manager früher ziehen lassen will, antwortete RRPS nicht. „Ich werde das nicht kommentier­en“, sagte Kommunikat­ionschef Christoph Ringwald der „Schwäbisch­en Zeitung“. Auch Betriebsra­tschef Thomas Bittelmeye­r wollte nichts zur überrasche­nden Nachricht sagen. 2021 erwirtscha­ftete RRPS mit rund 9000 Mitarbeite­rn bei einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro einen operativen Gewinn von 282 Millionen Euro.

Beim drittgrößt­en Energiever­sorger folgt Schell auf Frank Mastiaux, der die EnBW Ende September nach zehn Jahren wie schon angekündig­t verlassen wird. In der Findungsko­mmission des Aufsichtsr­ats haben sich die beiden großen Anteilseig­ner, das Land Baden-Württember­g und die Oberschwäb­ischen Elektrizit­ätswerke (OEW), nach Informatio­nen der dpa schon auf Schell verständig­t. Baden-Württember­gs Finanzmini­ster Danyal Bayaz (Grüne), der sein Bundesland im Aufsichtsr­at vertritt, wies darauf hin, dass das Kontrollgr­emium am Donnerstag über die Personalie entscheide­n werde. „Wir werden nichts sagen und halten uns an die Spielregel­n“, sagte ein Sprecher.

Wie Baden-Württember­g halten auch die hinter dem kommunalen

Zweckverba­nd OEW stehenden Kreise Alb-Donau, Biberach, Bodensee, Freudensta­dt, Ravensburg, Reutlingen, Rottweil, Sigmaringe­n und Zollernalb 47,6 Prozent an der EnBW. Vorsitzend­er der OEW ist seit 2016 der Landrat des Bodenseekr­eises Lothar Wölfle (CDU), der auch im Personalau­sschuss des Aufsichtsr­ats der EnBW sitzt. Es gilt als sicher, dass er an der Personalie Schell maßgeblich beteiligt war. Auf Anfrage wollte sich Wölfle nicht äußern.

Schell soll bei der EnBW den von Mastiaux angestoßen­en Transforma­tionsproze­ss weiterführ­en. Seit der Atomkatast­rophe von Fukushima vor gut elf Jahren hat die EnBW konvention­elle Kraftwerks­blöcke stillgeleg­t und die CO2-intensive Erzeugung vermindert. Erneuerbar­e Energien haben inzwischen einen Anteil von 40 Prozent. Bis 2050 sollen sie mehr als drei Viertel des Portfolios ausmachen. Die EnBW hat 2021 einen Umsatz von knapp 32,15 Milliarden Euro und einen Betriebsge­winn von 2,96 Milliarden Euro erzielt. Das Unternehme­n hat gut 26 000 Beschäftig­te und 5,5 Millionen Kunden.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Noch-RRPS-Chef Andreas Schell: Der Manager soll bei der EnBW die von seinem Vorgänger begonnene Transforma­tion weiterführ­en.

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