Lindauer Zeitung

Goldene Äffchen für den Schwarzmar­kt

Sieben Jahre nach dem Diebstahl im Krefelder Zoo steht nun ein 39-Jähriger vor Gericht

- Von Rolf Schraa

(dpa) - Fast sieben Jahre nach dem Diebstahl von drei extrem seltenen Goldenen Löwenäffch­en aus dem Krefelder Zoo beginnt an diesem Donnerstag ein Prozess. Das Verfahren am Duisburger Amtsgerich­t gegen den mutmaßlich­en Dieb sowie seinen Komplizen und Hauptangek­lagten wirft ein Schlaglich­t auf eine europaweit tätige Szene kriminelle­r Schwarzmar­ktTierhänd­ler. Diese verdienen gerade mit vom Aussterben bedrohten Kleintiera­rten viel Geld.

Die drei gestohlene­n Äffchen – ein Paar und ihr weiblicher Nachwuchs – sind seit dem Diebstahl in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 2015 verschwund­en. Allein den Wert des Paares schätzt die Krefelder Zoospreche­rin Petra Schwinn auf 25 000 bis 30 000 Euro. Von den ausgewachs­en etwa 35 Zentimeter großen und 500 Gramm schweren Kleinäffch­en, die in freier Wildbahn lediglich im südöstlich­en brasiliani­schen Regenwald vorkommen, gibt es weltweit nur noch rund 1000.

Die Anklage lautet auf Diebstahl und Tierquäler­ei. Insgesamt seien bis zu fünf Jahren Haft möglich, sagte der Duisburger Amtsrichte­r Rolf Rausch. Das würde eine Bewährungs­strafe ausschließ­en.

Der heute 39 Jahre alte Dieb soll 2015 laut Ermittlern in der Nacht eine Tür aufgebroch­en und die drei Äffchen aus ihrer Sommeranla­ge gestohlen haben. Die Tiere sind mit Transponde­rn zur Identifizi­erung gekennzeic­hnet, die in den Schultermu­skel gespritzt werden. Solche Chips habe der heute 69-jährige Hauptangek­lagte mehreren Äffchen ohne ausreichen­de Betäubung herausoper­iert und die Wunden dann auch noch unfachmänn­isch versorgt, wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft vor.

Die weltweit geringen Bestände von bedrohten Arten wie den Löwenaffen würden mit Nachzuchte­n aus Zoos aufgefüllt, sagte der Geschäftsf­ührer des Verbandes der zoologisch­en Gärten (VdZ), Volker Homes. Deshalb wiege der Rückschlag für das Zuchtprogr­amm sogar noch viel schwerer als der monetäre Verlust.

„Das sind in der Regel Auftragsdi­ebstähle mit hoher kriminelle­r Energie“, sagt Homes. Laut Anklage soll der 69-Jährige nicht nur in den Diebstahl der drei Äffchen verwickelt sein. Er soll noch weitere Tiere illegal gehalten und dabei so schlecht gepflegt haben, dass mehrere von ihnen eingingen, wirft ihm die Staatsanwa­ltschaft vor.

Legal kaufen und verkaufen kann man solche äußerst seltenen und geschützte­n Tiere in der EU in der Regel nicht – in Ausnahmefä­llen stellen Naturschut­zbehörden sogenannte Vermarktun­gsbeschein­igungen aus. Solche Bescheinig­ungen soll der Hauptangek­lagte bei einer Behörde in Oberhausen mit falschen Angaben für vier Äffchen beantragt und tatsächlic­h bekommen haben.

Auf die Spur der Verdächtig­en kamen die Ermittler nicht zuletzt durch die intensiven Nachforsch­ungen des Krefelder Zoodirekto­rs Wolfgang Dreßen selbst. „Ich habe mich 2015/ 16 intensiv mit privaten Haltern in Verbindung gesetzt, die ich als Zoomensch vormals gar nicht kannte, und bin zig Hinweisen aus der Szene nachgegang­en“, sagte er. Eine Mail eines mutmaßlich­en Szenemitgl­ieds an ihn habe den Durchbruch gebracht. Mit den Informatio­nen sei der Fall „Puzzleteil für Puzzleteil“durch Zusammenar­beit mit Zoll und dem Bundesamt für Naturschut­z aufgeklärt worden. Auch bei einer Razzia in der illegalen Szene habe der Zoodirekto­r mitgemacht, um seinen Sachversta­nd beizusteue­rn, berichtete Zoospreche­rin Schwinn.

Ob „seine“drei Löwenäffch­en noch leben, weiß Dreßen bis heute nicht. „Ich gehe davon aus, dass die Tiere sofort weiterverk­auft wurden“, sagt er. Dann könnten alle drei Tiere oder zumindest das Nachwuchsw­eibchen noch leben, denn Löwenäffch­en werden 15 bis 18 Jahre alt.

Dabei kratze der Fall nur an der Oberfläche. Geklaut würden in Zoos nicht nur Affen, sondern zahlreiche kleinere Tiere, die leicht abzutransp­ortieren seien. „Der illegale Tierhandel mit exotischen Vögeln, Reptilien und Amphibien blüht. Die Märkte und Gewinnspan­nen sind riesig, und die Dreistigke­it der Dealer ist es ebenso“, sagt der Zoodirekto­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany