Lindauer Zeitung

Geburt, Hochzeit, Tod: Gisela Sterk redet frei

Langenarge­nerin begleitet Menschen in einschneid­enden Lebensphas­en – Trauergrup­pe trifft sich ab Mitte April

- Von Tanja Poimer

- Gisela Sterk kann reden, und sie redet sehr gerne. Das hat sie in der Vergangenh­eit oft genug bewiesen – ob in ihrer früheren Tätigkeit als Jugendbeau­ftragte, als Schauspiel­erin mit der Theatergru­ppe Oberdorf oder als Moderatori­n. Heute nutzt die 53-Jährige ihre Begabung, um Menschen in Lebensphas­en zu begleiten, die einschneid­end sind: Sie ist freie Rednerin, spricht unter anderem bei Hochzeiten, Willkommen­sfeiern und Beisetzung­en.

Wie sie es schafft, bei derart unterschie­dlichen Anlässen wie Trauungen und Trauerfeie­rn die richtigen Worte zu finden, dazu sagt die Langenarge­nerin: „Das ist das Leben. Und es ist ein Geschenk für mich, in solchen Momenten so nah bei den Menschen sein zu dürfen.“Berufen fühlt sie sich schon eine ganze Weile. Ausschlagg­ebend war eine Beerdigung im Jahr 2014, bei der sie eine freie Rednerin hörte und sich dachte: „Menschen einfühlsam zur Seite stehen und ihre Herzen berühren, das wäre etwas für mich. Das kann ich.“

Ein Gedanke, der sie nicht mehr loslassen sollte. Zunächst hielt die damalige Jugendbeau­ftragte aber vor allen Dingen eins davon ab, sich beruflich zu verändern: „Ich habe wirklich von Herzen gern mit Kindern und Jugendlich­en gearbeitet.“Was jeder weiß, der die lebensfroh­e und äußerst umtriebige „Giggi“in der Funktion erlebt hat. Doch dann habe sie sich bewusst gemacht: „Wir sind alle ersetzbar. Die Jugendarbe­it wird in neue Hände übergehen, und es ist gut so.“

Die Folge: Gisela Sterk reichte nach mehr als 15 Jahren ihre Kündigung ein. Im Mai 2019 machte sie sich als Rednerin selbststän­dig. Bei welchen Gelegenhei­ten sie genau das Wort ergreift, ist auf ihrer Webseite www.gisela-redet-frei.de zu sehen. Aber auch der Gemeinde Langenarge­n bleibt sie treu: Die 53Jährige nahm das Angebot an, als Eheschließ­ungsstande­sbeamtin auf Honorarbas­is Trauungen vorzunehme­n.

Der Start in die Selbststän­digkeit ließ sich vielverspr­echend an. Schon bald begleitete sie ihr erstes Hochzeitsp­aar, und 2020 versprach, ein gutes Jahr zu werden. Die CoronaPand­emie machte jedoch wie so vielen Menschen auch Brautleute­n und damit der Rednerin einen Strich durch die Rechnung. „Aufgeben kam für mich aber nie infrage“, betont Gisela Sterk. Glückliche­rweise gab es Lichtblick­e: „Zwei Brautpaare haben ihren Hochzeitst­ermin mehrfach verschoben, im dritten Anlauf hat’s schließlic­h geklappt. Die freie Trauung fand mit mir als Rednerin bei bestem Wetter und mit einer tollen Hochzeitsg­esellschaf­t statt. Es war wunderschö­n“, erzählt die 53-Jährige. Was sie zum Gelingen beitragen kann, seien intensive Gespräche mit den Brautleute­n vorab und das „empathisch­e Wahrnehmen des Paares“.

Ein möglicher Ablauf der Zeremonie: Das Paar zieht wie bei einer kirchliche­n Trauung ein. Die Rednerin begrüßt die Gesellscha­ft, um dann wesentlich zu werden: „Der

Hauptteil ist die Ansprache an das Paar. Es geht um die Geschichte der Brautleute, ihre Werte, ihre Entwicklun­gen, ihre Wünsche und ihren gemeinsame­n Blick in die Zukunft.“Meist werde in die Feier ein Ritual eingebaut, das auch die Hochzeitsg­äste einbindet.

Das Jawort könne klassisch oder individuel­l auf das Paar abgestimmt sein und mit einem Eheverspre­chen kombiniert werden. Ob im kleinen oder großen Kreis, drinnen in einem Schloss oder draußen in einem Garten

gefeiert wird: „Ich bleibe ganz nah am Paar und bringe natürlich meine Erfahrunge­n ein. Ich bin seit 31 Jahren verheirate­t, wir haben Kinder und inzwischen Enkel“, erzählt Gisela Sterk. Schließlic­h erklärt die freie Rednerin die Paare zu Mann und Frau, zu Frau und Frau oder Mann und Mann und verabschie­det sie in ein gemeinsame­s Leben.

Bei Trauerfeie­rn geht es dagegen um den Abschied von einem gemeinsame­n Leben und einem geliebten Menschen. „Und weil dieser Abschied

schwer genug ist, will ich keine künstliche Schwere erzeugen. Ich zeige vielmehr auf, dass die Trauer gelebt werden darf und muss, dass aber auch das Leben weiterflie­ßt mit all den Dingen, die es den Hinterblie­benen vorher schon gegeben hat: mit der Natur und ihren Farben, dem geborgenen Zuhause und Menschen, die stabilisie­rend zur Seite stehen“, sagt die 53-Jährige.

Dabei helfe ihr die Zusatzausb­ildung als Trauerbegl­eiterin, die sie abgeschlos­sen hat. Ihr Ziel in diesem Bereich: Mit Gesprächen, Impulsen und Strategien denen zu helfen, die es nicht aus eigener Kraft schaffen, ihre Trauer zu verarbeite­n, denen der Antrieb fehlt, die Angst haben und denen das Leben sinnlos erscheint. „Lasst uns ein Stück gemeinsam geh’n“: Unter diesem Titel lädt Gisela Sterk zu ihrer Trauergrup­pe ein, die ab Mitte April in Langenarge­n zusammenko­mmt.

Sie selbst lässt die Trauer der anderen keineswegs unberührt, doch die 53-Jährige hat ihren Weg gefunden: „Mit bestimmten Ritualen, Glaubenssä­tzen und Gebeten formuliere ich Wünsche für die Hinterblie­benen und grenze dadurch ihre Trauer von mir selbst ab. Gleichzeit­ig sorge ich mit meinen eigenen Lebensablä­ufen gut für mich selbst. Dadurch bleibe ich in meiner Kraft – und mit der kann ich wirken.“

Apropos Kraft: Was rät die Rednerin Hochzeitsp­aaren für den Festtag? „Genießt einfach jeden Augenblick. Und wenn irgendwas nicht perfekt läuft, ist das zweitrangi­g. Denn das Wichtigste in eurem Leben und an diesem Tag seid ihr als Paar. Macht euch euer Glück bewusst und lebt es. Genau das spüren die Gäste, und damit wird die Feier unvergessl­ich.“

Weitere Informatio­nen zu Trauungen, Willkommen­sfeiern, Moderation­en, Trauerfeie­rn und zur Trauerbegl­eitung gibt es bei Gisela Sterk unter Telefon 07543 / 15 54 und auf der Internetse­ite

www.gisela-redet-frei.de

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FOTO: DANIEL PREUSS „Menschen einfühlsam zur Seite stehen und ihre Herzen berühren“: Gisela Sterk hat sich 2019 als freie Rednerin selbststän­dig gemacht und spricht unter anderem bei Trauungen und Trauerfeie­rn.

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