Meister Adebars Affairen
Zwei Storchendamen streiten im Nest um den Storch und den Brutplatz in Kehlen
- Schon früh ist der Storch, der schon zweimal erfolgreich in Kehlen Junge aufgezogen hat, dieses Jahr zurück in seinem Horst gewesen. Doch die Dame des Horsts ließ auf sich warten. So vergnügte sich Meister Adebar zunächst mit einer anderen Liebhaberin. Der Hobby-Ornithologe Simon Schmid hat genau beobachtet, was sich in luftiger Höhe im Storchennest abgespielt hat.
Mit Kamera und Teleobjektiv geht Simon Schmid auf die Pirsch. So kann er auf den Vergrößerungen die Ringnummern der Störche ablesen und genau erkennen, wer dort oben mit wem schnäbelt und klappert. Schon zwei Sommer hatte ein Storch aus der Schweiz den Horst auf dem Gartengrundstück von Simon Schmid zum Brutplatz auserkoren. „Störche sind horsttreu“, erzählt Schmid. In den vergangenen zwei Jahren bildete der Storch mit seiner – laut Ringnummer – aus Zußdorf stammenden Störchin ein Brutpaar und zog Jungvögel auf.
Doch dieses Jahr hatte seine Störchin Verspätung. Der schöne Horst, den Schmid in der Nähe der Schussen für die Störche gebaut hat, lockte schnell eine Nebenbuhlerin ins gemachte Nest. Die Fotos bewiesen: Plötzlich turtelte eine laut Ringnummer am Affenberg geschlüpfte Störchin mit dem Nestinhaber von Kehlen. Zwei Wochen hatte das Schweizer Männchen eine neue Liebhaberin.
Doch dann traf die Herrin des Hauses ein. Zunächst verjagten Storch und Nebenbuhlerin die Dame vom Nest. Doch die gab den angestammten Brutplatz nicht so schnell auf. Wartend präsentierte sie sich in all ihrer schwarz-weiß gefiederten Schönheit in Sichtweite auf dem nächsten Dachfirst. „Dort versöhnte sie sich nach nur einem Tag mit ihrem angestammten Brutpartner“, hat Simon Schmid beobachtet. Gemeinsam verjagten diese beiden nun die Nebenbuhlerin vom begehrten Brutplatz: Happy End im Storchennest.
Ein Seitensprung im Storchennest ist nicht selten. „Die gehen auch fremd und sind nicht so monogam. Störche sind horsttreu, nicht partnertreu“, schildert auch Ute Reinhardt, Storchenbeauftragte des Regierungspräsidiums Tübingen. In der Paarungszeit sind Verfolgungsjagden und Kämpfe um die besten
Ute Reinhardt, Storchenbeauftragte des Regierungspräsidiums Tübingen
Plätze nicht selten. Adebars diesjährige Affaire zeigt: Der Horst in Kehlen gehört inzwischen scheinbar zu den umkämpften Brutplätzen.
Es komme aber auch vor, dass ein Brutpaar einen angestammten Horst aufgibt und sich gemeinsam nach einem neuen Nest umsieht, weiß die Expertin. In Kehlen beobachte Vogelkundler Schmid zuletzt Paarungen der beiden mehrjährigen Brutpartner. Inzwischen ist, so glaubt er, die Paarungszeit bei den Kehlener Störchen vorbei. Schmid geht davor aus, dass schon ein Ei im Nest liegt. „Dann ist eigentlich immer einer der Störche im oder in der Nähe des Nestes“, beschreibt Simon Schmid, woran sich das erkennen lässt. „Der geht sich dann am Boden nur schnell mal ein Schneckle holen“, erzählt Schmid.
Für die nächste Storchengeneration wird der Seitensprung wohl ohne Folgen bleiben. „Die Kehlener Nebenbuhlerin zog sich wieder nach Obersulgen zu ihrem Partner vom vergangenen Jahr zurück“, bestätigte Storchenbeauftragte Ute Reinhardt, denn die Ringnummer der Rivalin wurde inzwischen dort wieder gesichtet. Auch der Storch, mit dem sie jetzt in Obersulgen brütet, stammt übrigens ursprünglich aus der Schweiz. „Diese Storchendame scheint eine Vorliebe für Schweizer Herren zu haben“, schmunzelt Storchenbeauftragte Ute Reinhardt.