Pleiten, Pech und Pannen
Nach einem Regierungswechsel stellt sich gewöhnlich die kritische Frage, ob die angehenden Minister denn auch Ahnung von ihrem neuen Fachgebiet haben. Das ist insbesondere im Gesundheitsministerium der Fall, wo kurioserweise der Besitz eines medizinischen Doktortitels immer schon für die halbe Miete gehalten wird. Bei Karl Lauterbach (SPD) waren die Experten doppelt und dreifach zufrieden. Der Mann ist schließlich nicht nur Doktor, sondern als gelernter Epidemiologe in Corona-Zeiten gleich mehrfach geeignet. Alles schien gut zu passen – und eines war klar: Wenn einer keine 100 Tage hat, um ins Amt zu finden, dann Lauterbach.
Leider scheint sich in seinem Fall die alte Wahrheit zu bestätigen, dass es mitunter nicht die besten Fachleute sind, die auch die besten Minister abgeben, sondern diejenigen mit den besten Managementfähigkeiten. Und genau hier scheint es Lauterbach zu fehlen. Denn sein Ministerium hat er nicht im Griff. Verblüfft beobachtet die Fangemeinde, dass ihr Hoffnungsträger von einer Panne zur nächsten stolpert. Er kaufte Impfdosen, die später niemand wollte. Er orchestrierte eine Impfkampagne, die keinen interessierte. Er sprach sich für eine allgemeine Impfpflicht aus und verspielte das Momentum, sie durchzusetzen. Er musste für das Wirrwarr um den Genesenenstatus Verantwortung übernehmen. Er war gegen den Freiheitstag und setzte ihn dann mit der FDP gegen denWillen der Bundesländer durch.
Dass er nun binnen 48 Stunden seine Entscheidung widerrufen muss, Corona-Infizierte ohne Symptome nicht mehr in Quarantäne schicken zu wollen, hat er als persönlichen Irrtum entschuldigt – in der Talkshow von Markus Lanz. Das ist natürlich der falsche Ort, aber immerhin honorig. Doch spricht viel dafür, dass er nicht selbst zu dieser Einsicht kam, sondern in einer SPDFraktionssitzung dorthin getragen wurde. Kanzler Olaf Scholz hat nicht in die Debatte eingegriffen, seinen Minister aber auch nicht aus dem Feuer genommen. Lässt er den Fachmann fallen? Allzu viele Pannen darf sich Lauterbach nicht mehr leisten.