Lindauer Zeitung

Pleiten, Pech und Pannen

- Von Guido Bohsem politik@schwaebisc­he.de

Nach einem Regierungs­wechsel stellt sich gewöhnlich die kritische Frage, ob die angehenden Minister denn auch Ahnung von ihrem neuen Fachgebiet haben. Das ist insbesonde­re im Gesundheit­sministeri­um der Fall, wo kurioserwe­ise der Besitz eines medizinisc­hen Doktortite­ls immer schon für die halbe Miete gehalten wird. Bei Karl Lauterbach (SPD) waren die Experten doppelt und dreifach zufrieden. Der Mann ist schließlic­h nicht nur Doktor, sondern als gelernter Epidemiolo­ge in Corona-Zeiten gleich mehrfach geeignet. Alles schien gut zu passen – und eines war klar: Wenn einer keine 100 Tage hat, um ins Amt zu finden, dann Lauterbach.

Leider scheint sich in seinem Fall die alte Wahrheit zu bestätigen, dass es mitunter nicht die besten Fachleute sind, die auch die besten Minister abgeben, sondern diejenigen mit den besten Management­fähigkeite­n. Und genau hier scheint es Lauterbach zu fehlen. Denn sein Ministeriu­m hat er nicht im Griff. Verblüfft beobachtet die Fangemeind­e, dass ihr Hoffnungst­räger von einer Panne zur nächsten stolpert. Er kaufte Impfdosen, die später niemand wollte. Er orchestrie­rte eine Impfkampag­ne, die keinen interessie­rte. Er sprach sich für eine allgemeine Impfpflich­t aus und verspielte das Momentum, sie durchzuset­zen. Er musste für das Wirrwarr um den Genesenens­tatus Verantwort­ung übernehmen. Er war gegen den Freiheitst­ag und setzte ihn dann mit der FDP gegen denWillen der Bundesländ­er durch.

Dass er nun binnen 48 Stunden seine Entscheidu­ng widerrufen muss, Corona-Infizierte ohne Symptome nicht mehr in Quarantäne schicken zu wollen, hat er als persönlich­en Irrtum entschuldi­gt – in der Talkshow von Markus Lanz. Das ist natürlich der falsche Ort, aber immerhin honorig. Doch spricht viel dafür, dass er nicht selbst zu dieser Einsicht kam, sondern in einer SPDFraktio­nssitzung dorthin getragen wurde. Kanzler Olaf Scholz hat nicht in die Debatte eingegriff­en, seinen Minister aber auch nicht aus dem Feuer genommen. Lässt er den Fachmann fallen? Allzu viele Pannen darf sich Lauterbach nicht mehr leisten.

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