Lindauer Zeitung

Scholz spricht von Kriegsverb­rechen

Kanzler steht in zweiter Regierungs­befragung dem Parlament Rede und Antwort

- Von Ellen Hasenkamp

- Es ist das erste Mal, dass das Parlament seit den blutigen Bildern von Butscha zusammenko­mmt – und das zweite Mal, dass Scholz sich als Bundeskanz­ler einer Regierungs­befragung stellen muss. Und auch diese steht natürlich im Zeichen des Krieges gegen die Ukraine. Scholz spricht von einem „Massaker“russischer Soldaten und fügt hinzu: „Die Ermordung von Zivilisten ist ein Kriegsverb­rechen.“Da klatscht auch Opposition­sführer Friedrich Merz (CDU).

Doch mit dieser Einigkeit ist es vorbei, als Scholz zum Thema Waffenlief­erungen kommt. „All das, was sinnvoll ist und schnell wirkt, das wird geliefert", sichert er zu und nimmt noch schnell seine Verteidigu­ngsministe­rin Christine Lambrecht (SPD) in Schutz: Sie unternehme „alles, was angesichts der Beschlussl­age unserer Alliierten und mit Blick auf die Fähigkeite­n der Bundeswehr machbar ist“.

Konkretere Aussagen, beispielsw­eise ob dies auch schwere Waffen einschließ­lich Panzer umfasst, lässt sich Scholz aber auch von den wacker nachbohren­den Unionsabge­ordneten nicht entlocken. Er verweist darauf, dass die Ampel-Regierung sich erstens überhaupt entschloss­en habe, Waffen in ein Konfliktge­biet zu liefern. Dies sei ein „Bruch mit langen Traditione­n“. Und zweitens dürfe Deutschlan­d nicht „vorpresche­n“. Ein „Sonderweg“wäre hier ein „schwerer Fehler“, so Bundeskanz­ler Scholz. Dass die Bundesrepu­blik in Sachen Ukraine bislang vorangestü­rmt wäre, ist allerdings nun wirklich nicht die Sorge, die Verbündete und Ukrainer derzeit umtreibt.

Eine Stunde lang muss Scholz den Regeln gemäß Rede und Antwort stehen. Dass er ernsthaft ins Schwitzen gekommen wäre, kann man nicht behaupten. Dass er sich stets um konkrete und präzise Antworten bemüht hätte, allerdings auch nicht.

Das liegt zum einen natürlich daran, dass Scholz ein erfahrener Politiker ist, der sich so leicht nicht in die Enge treiben lässt. Der also die mit Empörung vorgetrage­ne Frage der AfD, wann es endlich ein Entlastung­spaket für die unter den Rekordprei­sen leidende Bevölkerun­g geben werde, mit einem Lächeln und einem „schönen Dank für die Frage“aufnimmt. Um dann seine Antwortzei­t für einen Werbeblock in eigener Sache zu den Details des jüngst geschnürte­n Entlastung­spakets der Ampel zu nutzen. Und auf die erneut empört vorgetrage­ne Nachfrage, wann das denn endlich komme, freundlich darauf verweist, dass die nötige Gesetzgebu­ngskompete­nz in den Händen des Bundestags liege. Punkt für Scholz.

Zum anderen aber verstehen sich viele Abgeordnet­e der Ampel und insbesonde­re der SPD eher als freundlich­e Stichwortg­eber denn als kritische Regierungs­kontrolleu­re. Nach der Impfpflich­t im Übrigen, die Scholz in seiner ersten Fragestund­e vor drei Monaten noch mittels „demokratis­chem Leadership“durchzuset­zen versprach und die nun vollends zu scheitern droht, wurde gar nicht erst gefragt.

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FOTO: FREDERIC KERN/IMAGO Olaf Scholz während der Regierungs­befragung: Der Kanzler äußerte sich unter anderem zu den Gräueltate­n im ukrainisch­en Butscha.

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